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Sly & Robbie: Dubrising

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Als 1985 das Album „Dub Experience“ von Sly & Robbie erschien, galt es als große Sensation. Rodigan schwärmte darüber auf BFBS, das Cover-Artwork war brillant und das Label Island Record sorgte für ordentliche Reichweite. Es war ein Meilenstein für das Genre, markierte aber zugleich das Ende Jamaikas als Heimat guten Dubs. Die Rhythm-Twins hatten es selbst produziert, für den Mix aber zeichnete Paul „Groucho“ Smykle verantwortlich. Mich hatte der perfekt produzierte, aber auch harte, elektronisch-technische Sound gleichermaßen gefesselt wie abgeschreckt. Nun, fast dreißig Jahre später, gibt’s mit „Dubrising“ (Tabou1) das Follow Up des einflussreichen Albums – und ich weiß wieder nicht so recht, was ich davon halten soll. Was war geschehen? Tabou1-Label-Betreiber Guillaume Bougard, den offenbar eine enge Geschäftsbeziehung mit Sly & Robbie verbindet, kramte einige seiner mit den Rhythm-Twins zwischen 2006 und 2012 eingespielten Produktionen zusammen und warf sie eben jenem Mixing-Engineer vor, der auch die legendäre „Dub Experience“ gemischt hatte: Paul „Groucho“ Smykle. Es war das erste Mal seit dreißig Jahren, dass wieder Sly & Robbie-Material durch die Spuren seines Mixing-Desks flossen. Doch als Perfektionist, der er ist, begnügte er sich nicht mit einem neuen Mix, sondern ließ Don Donovan Synthesizer-Overdubs und Bunny McKenzie zusätzliche Harmonika-Parts einspielen. Der Dub-Mix erfolgte dann nach alter Väter Sitte live und analog. Jetzt liegt es vor, das neue Dub-Album der alten Meister. Zunächst exklusiv in schweres Vinyl gepresst, später auch digital. Hört sich genial an? Bleibt die Frage, ob es sich auch genial anhört. Soundtechnisch ist es in der Tat unglaublich beeindruckend. Wunderbar ausgewogen, wie dunkle Seide sanft schimmernd, präzise und klar. Auch die Arrangements sind top-notch und der Mix ist von klassischer Schönheit. Ich frage mich nur, warum mich das Album nicht so richtig packt. Vielleicht ist es zu perfekt? Unnahbar schön – und deshalb nicht berührend? Geht das überhaupt? Aber ja! Mein wichtigstes Qualitäts-Credo lautet: Eine Sache ist erst rund, wenn sie Ecken und Kanten hat. Und genau daran fehlt es „Dubrising“. Alles ist hier präzise abgestimmt und austariert, der Sound absolut audiophil, Sly & Robbie in unmenschlicher Perfektion. Und genau deshalb lässt es mich kalt. Die Ecken und Kanten, die dafür sorgen, dass ich konzentriert zuhöre, statt abzuschweifen, die mein Interesse und meine Neugier wecken, statt mich mit der Erfüllung meiner Erwartungen zu langweilen, die mich herausfordern, statt eingeübte Konventionen zu bestätigen – diese Ecken und Kanten suche ich auf „Dubrising“ vergeblich. Schade. Ich hatte mich – nach den letzten Fehlschlägen der Rhythm-Twins – so auf ein perfektes Sly & Robbie-Dub-Album gefreut. Und jetzt ist es zu perfekt! Verdammt.

Rating 4 Stars

5 Antworten auf „Sly & Robbie: Dubrising“

Super Ding, sehr saubere Produktion – fast zu sauber. Wenn die Platte etwas knistert hat das Album auch das „nicht-perfekte“-Etwas was sonst fehlt…

So …. und hier schreib ich jetzt mal was richtig provokantes rein. Es tut mir selbst in der Seele weh, das so zu sagen aber :
Sly and Robbie können kein Dub. Die einzige gute Dub-Scheibe die ich von den Beiden kenne ist „DUB FACTOR“ aber die läuft ja als Black Uhuru.
Nich hauen ………….. lemmi

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