Kategorien
Review

Ras Teo Meets Lone Ark: Ten Thousand Lions

Selten, aber doch schafft ein Album gleich mit dem ersten Track zu beeindrucken – wenn etwa einer der Lieblings-Riddims des Rezensenten aus den Boxen wummert. So geschehen bei Ras Teo’s neuem Release, der sich beim Opener „Country Living” bei den  Roots Radics bedient – im Original zu finden als „Material Man“ auf Gregory Isaacs legendärem „Night Nurse“-Album. 

Ras Teo liefert mit „Ten Thousand Lions“ (A-Lone/Rebel Sounds Records)  ein massives Doppel-Album ab, das neben zwölf Vocal-Tracks auch die entsprechenden Dub Versions präsentiert und wohl deshalb unter „Ras Teo meets Lone Ark“ firmiert. Der Sänger mit der samtweichen Stimme ist Angeleno armenischer Abstammung – was seine mitunter zutiefst spirituellen, im breiten Patois vorgetragenen Texte in einem etwas seltsamen Licht erscheinen lassen, zumal sich kein entsprechender ethnischer Konnex zu Jamaika finden ließ. Der Gesang selbst erzeugt gemischte Gefühle: Der Mann hat eine angenehme Stimme und trifft die Töne, aber es fehlt an Energie. Wer hier eine natürliche, dynamische Spannbreite von leise bis laut erwartet, wird enttäuscht werden – zu laut und gleichförmig plätschert der Gesang dahin. Die Vocals sind zudem produktionstechnisch stark komprimiert; was sich beim mehrstimmigen Chorus durchaus gut machen kann, hinterlässt beim Lead-Gesang einen schalen Eindruck und ermüdet auf Dauer den Zuhörer. Schade, zumal mangelnde Dynamik ein generelles Manko des ansonsten gelungenen Albums ist.

Was hier natürlich besonders interessiert, sind die Dub Versionen. Die Instrumentals, produziert von Roberto Sanchez in seinem spanischen Lone Ark-Studio, haben einen starken Bezug zu den 70ern, und mitunter möchte man meinen, dass es sich um Aufnahmen der Revolutionaries aus dem Jahr 1978 handelt. „Bad Friday Dub“, „Hitey Tighty Dub“ und „Babylon Crooked Dub“ sind dafür exemplarische Beispiele; vor allem Sly Dunbar’s Einfluss ist hier unüberhörbar. Die Backing-Tracks und insbesondere die Dubs präsentieren sich damit als eine Zeitreise, die beeindruckender nicht sein könnte – hier stimmt alles: Von den Drums (inkl. Syndrums!) und Percussions über Keyboards bis hin zu den hervorragenden arrangierten Bläsern hat die „Lone Ark Riddim Force“ scheinbar mühelos ein Album der Meisterklasse abgeliefert. Das ist umso bemerkenswerter, als hier der Produzent den Löwenanteil der Instrumente selbst eingespielt und abgemischt hat; lediglich Keys, Percussions und Bläser stammen nicht von ihm. Roberto Sanchez zeigt damit einmal mehr, dass er ein profunder Kenner der Materie ist, präzise Vorstellungen vom Sound seiner Produktionen hat und offensichtlich die Dub-Schule von Scientist, Mad Professor, King Tubby & Co besucht hat. Wer hier Gefallen am Sound von Sanchez‘ „Lone Ark Riddim Force“ findet, der wird auch andere Lone Ark-Produktionen wie etwa Earl Sixteen‘s „Natty Farming“ oder Earl Zero‘s „And God Said To Man” schätzen.

Bewertung: 4 von 5.

23 Antworten auf „Ras Teo Meets Lone Ark: Ten Thousand Lions“

Und weiter gehts !

Yo René. Ein schönes Album, gar keine Frage aber wie hast Du neulich noch so schön formuliert ? „Das Bessere ist des Guten Feind“ oder so ähnlich. Ich vergleiche die Scheibe zu sehr mit „Noel Ellis meets Lone Ark“ und da kommt sie für meinen Geschmack nicht nah genug ran.
Bin jetzt aber mal gespannt, wie sich die beiden Earls zusammen mit Lone Ark geschlagen haben.
Also gehe ich jetzt mal Online ………… lemmi

Der bessere Sänger ist sicher Noel Ellis, aber die Produktion & Arrangements & Riddims & Dubs sind auf „Ten Thousand Lions“ wesentlich ausgefeilter und reifer. Oder wie ich es subjektiv ausdrücken würde: Das Teil kommt extrem gut :-)

Da hamm was wieder. Manchmal bin ich überfordert mit dem ganzen guten Reggae. „And God said to man“ steht seit ca. 2010 bei mir zu Hause. Gefällt mir super und trotzdem hatte ich sie im Moment vergessen.
„Natty Farming“ von Earl Sixteen soll auch von und mit Lone Ark sein ? Ich kann das echt nicht glauben, denn die Aufnahmen klingen für mich exakt so, als ob sie auch im Channel One Studio mit Roots Radics und / oder Sly and Robbie aufgenommen wurden. Oder hab ich die Lone Ark Version einfach nicht gefunden ? ………..
Ich hätte es ja auch besser recherschieren (o.s.ä.) können aber ich riskiere mal lieber wieder ne dicke Lippe und lasse mich dann eines besseren belehren.

„One small step vor Mankind but a giant Jump vor lemmi“ ……………….. ignition sequence start ….. lift off and feel good !

Das ist die Lone Ark Riddim Force auf „Natty Farming“. Roberto Sanchez weiß was er tut: Mal klingt er wie die Revolutionaries, mal wie die Reinkarnation der Roots Radics. Ich finde diese Authentizität erstaunlich.

Greetings

„Mal klingt er wie die Revolutionaries, mal wie die Reinkarnation der Roots Radics.“

Und genau da habe ich dann auch schon (m)ein Problem, dann kann ich doch auch gleich die Originale hören, von denen besitze ich sowieso reichlich.
Bei „Babylon Crooked Dub“ hört man sogar die legendären „flying cymbals“ alter Bunny Lee/King Tubby/Aggrovators Produktionen.
Zweifellos ist bei den Dubs gutes, klassisches, altes Dub-Handwerk in seiner reinsten Form zu erkennen. Dennoch sind meine Gefühle ambivalent, auf der einen Seite bin ich happy und dankbar, dass es immer häufiger wieder eine Rüchbesinnung auf den klassischen alten Dub zu hören gibt, auf der anderen Seite sehe ich keine größere Weiterentwicklung außer im fetteren, satteren Sound.
Im Grunde aber höre ich guten Roots-Dub immer noch 1000mal lieber als Steppers und daran wird sich auch für den Rest meines Lebens nichts mehr ändern.
Deshalb:
„Ten Thousand Lions Dub“ ist auf alle Fälle eine Empfehlung, die Vocals schenke ich aber dann doch ab…

Ich finde es großartig, dass Du die Flying Cymbals bemerkt hast – das zeugt von von sehr guter Kenntnis der Materie, Liebe zum Detail und großer Aufmerksamkeit, denn die gibt’s nur in diesem einen Track des Albums.
Ich selbst freue mich, dass sich jemand der „alten Werte“ (mir fällt gerade kein besserer Ausdruck ein) besinnt und sie als passendes musikalisches Rückgrat den Interpreten maßschneidert. So gibt es neue Tunes von Earl 16, die klingen als ob er sie zur Blütezeit der Roots Radics eingespielt hätte… und das mit den heutigen technischen Möglichkeiten. Chapeau!

Ok, dann bin ich wohl jetzt komplett raus aus der Nummer. Erstens gebe ich zu, das ich bisher nicht wusste, was mit Flying Cimbals überhaupt gemeint ist und zweitens ist es genau das Stilmittel von King Tubby Sound, welches ich überhaupt nicht mochte und auch immer noch nicht mag. Vorausgestzt ich habe es jetzt richtig verstanden und die Flying Cymbals sind diese hohen schrillen und aus meiner sicht überzogenen Töne die beim Hi Hat erzeugt werden. Für meine Ohren is das nix.

Bekomme ich jetzt nen Shitstorm ? …………………. lemmi

Du bekommst zwei Daumen hoch für das unverblümte Vertreten Deiner Meinung, lemmi ;-)

Ich bin auch kein sonderlich großer Fan der flying cymbals… erinnern mich zu sehr an die 70er-Discostampfer. Aber als Effekt so wie im „Babylon Crooked Dub“ ist es ein kurzer, vergnüglicher Erinnerungsflash.

Nein, du bekommst keinen Shitstorm. Dieses Stilmittel hat Bunny Lee dann doch bis zum Erbrechen ausgereizt und es wurde sein Trademark. Es handelt sich übrigens mal nicht um eine Erfindung von Sly Dunbar sondern Santa Davis. Bei mir sieht das Ganze etwas anders aus, ich bin mit diesem Dub Sound groß geworden. Was wäre Dub ohne seine Roots?!?

Ich finds nicht nur erstaunlich, sondern nahezu unglaublich. Lediglich bei den Dubs von „Natty Farming“ habe ich das Gefühl, das es den einen oder andren Soundeffekt früher so noch nicht gegeben hat. Naja, vielen Dank Thomas ( ich hoffe ich darf dich so nennen ) für die prompte Aufklärung. Meine Lippe blutet wieder ein wenig.

Greetings, stay tuned and have a good time ………….. lemmi

Roberto Sanchez und seine A-Lone Ark – ganz große Namen für mich, wenn dann noch Earl 16 dabei ist werf ich meine Münzen auf den Tisch „shut up and take my money“.
Alleine die Mankind / Holy Land EP hat mir vor 10-12 Jahren so richtig die Sicht auf alles andere vernebelt und ist bis heute einer meiner liebsten Tunes.
Damit danke für den Hinweis, bin grad drauf und dran das Ding blind zu kaufen, ohne reinhören, wie früher…

„Mankind / Holy Land EP“ !!!

Is schon echt der Hammer. A BIG TUNE DAT !!! Kannte ich bisher auch noch nicht. Irgendwie ist die Suche nach Reggae auch so eine Art Weltraumforschung. Je mehr man zu wissen glaubt, desto mehr stellt man fest, das man nix weiß. Jedenfalls geht es mir so.
Ja der Weltraum – unendliche Weiten – is irgendwie voll mein Ding ……………. lemmi

Tschuldigung ( hab noch Bereitschaft ).

Auf Youtube haben die bei mir nach „Mankind“ diesen hier „gestreamt“ : 12“ Lion Youth – Rat a Cut Bottle & dub“
Gefällt mir auch sehr gut aber darum geht es jetzt nicht.
Das Teil hat 2,5 Millionen aufrufe. Das hätte ich bei einer Reggaescheibe nicht für möglich gehalten. Zum Vergleich,
„Mankind“ hat sowas bei 45.000 …………. ( Is aber trotzdem besser ).

„Rat a Cut bitte“ und genauso „leave Babylon“ von yehoud-i kommen bei mir dauernd bei youtube. Kein Plan wieso. Auf die Weise hagelt es natürlich Plays…

Wieder kein Antwortknopf, da wo er gebraucht wird. Deshalb hier nochmal das Wort zum Sonntag. Beim „Babylon Crooked Dub“ klingt es tausendundeins mal besser als bei King Tubby. Das ist aber nicht seine Schuld, denn die Technik hat das einfach so schlecht rüber gebracht, das es bei den LPs zudem auch noch ganz verzerrt und damit kompltt verrissen wurde.
Da gibt es sone Scheibe von den Breadwinners. Eigentlich super geiler Dub aber da ist das mit diesen Cymbals auch so schlimm, das es mir die ganze Scheibe um die Ohren haut. Mehr als zweimal hören ging nicht.

Greetings ………….. lemmi

Greetings

Da bin ich doch glatt wieder mal geplättet! Es hat mir keine Ruhe gelassen, dass Roberto Sanchez mir nicht schon irgendwo über den Weg gelaufen sein soll. Und genau so ist es. Roberto Sanchez war Anfang der 2000er Teil von Loud & Lone und das Album „Basque Dub Foundation Meets Loud & Lone“ und „Better Collie and Loud & Lone 1998-2001“ kenne ich schon gefühlte Urzeiten. Schon damals ist mir sein „klassischer Sound“, sehr positiv aufgefallen. Die Alben klangen fast wie frühe Aufnahmen aus dem „Black Ark“. Aufgenommen wurde mit gerade mal 4! Spuren in einem kleinst Studio, was den Aufnahmen aber keinen Abbruch tat.
Die beiden Alben sind immer noch eine unbedingte Empfehlung wert, wie ich finde.

Stay tuned…

Ich kenne nur das „BDF meets L&L“-Album, und ich meine ich hatte mal eine CD von einem BDF-Album, das davor entstanden ist. Ich denke, dass es wie auch anderorts eine Reggae-Mischpoke in Santander gibt, wo quasi einer mit dem anderen zusammenarbeitet.

Den Black Ark-Vergleich kann ich nicht nachvollziehen, ich finde das Album doch etwas simpel und langweilig… Geschmacksache.

Das „BDF meets L&L“-Album finde ich weder simpel noch langweilig, eigentlich ist es ein schönes Showcase….aber wie du sagst, Geschmacksache.

Noch ein paar interessante Anmerkungen:
Die zischenden Hi-Hats fälschlich Cymbals bezeichnet, sind in der jamaikanischen Musik bereits bei den Skatalites zu hören. Lloyd Knibbs verwendete sie für Joya Landis „Moonlight Lover“. Sly Dunbar hat sie auf einem 1973 erschienenen Cover von Al Green’s „Here I Am“ von Al Brown und Skin Flesh and Bones benutzt. Aber Santa war es, der die „Flying Cymbals“ wieder populär machte und wie Sly war/ist Santa Davis auch stark vom US-Soul beeinflusst – The Sound Of Philadelphia. Deshalb wird Santa mit den „Flying Cymbals“, Sly Dunbar mit dem Double-Drumming der „Rockers“ aus den mittleren bis späten 70er Jahren und Style Scott mit dem harten Rub-a-Dub der frühen 80er Jahre in Verbindung gebracht.
Die Mär geht so: Carlton „Santa“ Davis hätte sich bei einer Studio Session für Bunny Lee (ca. 1974) etwas „warm“ spielen wollen und habe dabei den später typischen „Cymbal Sound“ gespielt. Bunny Lee sei davon so begeistert gewesen, dass er Santa veranlasste, diesen Sound unbedingt in den nächsten Tune – „None Shall Escape The Judgement“ – einzubauen. Der „Flying Cymbals Sound“ war (erneut) geboren und wird auch deshalb hauptsächlich mit den Aggrovators in Vebindung gebracht. Andere Produzenten wie z. B. Lee Perry, Duke Reid, Alvin GG Ranglin waren von dem Erfolg des „neuen Sounds“ so beeindruckt, dass sie auch bei ihren Aufnahmen den Sound nachahmten.
King Tubby hat dann in seien beiden Alben „Dub From The Roots“ und „The Roots Of Dub“ den neuen Sound zur Perfektion gebracht. Soviel zu den „Flying Cymbals“.

Was ich noch betonen möchte, es wird allzu schnell vergessen, dass Reggae eigentlich als schnelle Tanzmusik begann, die auf einem Orgel-Shuffle und einer Staccato-Gitarre basierte, bevor es zu den langsameren und kraftvolleren Klängen von Roots überging, die bis zum Ende der 70er Jahre dominierten. Die „Flyers“ waren in diesem Prozess ein wichtiger Schritt, in einer Reihe von gravierenden Veränderungen bis zum heutigen Reggae/Dub.

Stay tuned…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.