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Augustus Pablo: Message Music

Augustus Pablo ist wahrscheinlich der bekannteste Instrumentalist des Reggae. Sein Melodika-Spiel ist jedem Reggae-Freund ein Begriff und seine Roots-Produktionen aus den 1970er Jahren sind berühmt. Damals passten seine Instrumentals gut in die Zeit, denn Dub war (auch in Jamaika) eine angesagte Musik. „King Tubby Meets Rockers Uptown“: Pablo, Tubby, Melodika, Dub – in den 70ern passte das alles perfekt zusammen und traf den Geschmack der Zeit. Doch der ändert sich bekanntlich, und mit der Geburt des digitalen Reggae verabschiedete sich Mitte der 1980er Jahre das von Pablo repräsentierte Roots-Verständnis. Das Genre Dub starb in diesem Zuge in Jamaika gleich gänzlich aus. Während die Digitalisierung des Reggae dem One Drop den Garaus machte, eröffnete sie der Musik andererseits aber auch völlig neue Möglichkeiten. Genau in diesem Zwiespalt, aus Verlust des Wertgeschätzten und Gewinn des Neuen, fand sich Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre auch Augustus Pablo wieder. Zum einen stand er mit seiner Instrumentalmusik auf verlorenem Posten, andererseits boten sich seinem musikalischen Forschergeist neue Produktionsmethoden. Dieser Zusammenprall zweier grundverschiedener Musikkulturen führte bei Pablo zu einer Hybrid-Musik, in der er z. B. digitale Drums mit akustischen Percussions kombinierte, oder ein synthetischer Bass auf seine handgespielte Melodikamelodie traf. Wie sich diese, seinerzeit von Roots-Fans wie Dancehall-Jüngern gleichermaßen gering geschätzte, Musik anhörte, lässt sich nun auf dem Album „Message Music“ (Pressure Sounds) erfahren, das Reggae-Historiker Pete Holdsworth ganz dem Spätwerk des Musikers und Produzenten gewidmet hat. Erstaunlich ist, dass sich Pablos digital/analoges Hybridwerk aus heutiger Sicht gar nicht so antiquiert anhört, wie man es vermuten könnte. Im Gegenteil, da Pablo sich nicht bedingungslos (wie andere Produzenten der Zeit) dem digitalen Sound verschrieben hatte, klingt seine Musik zeitlos modern. Die von Pablo-Epigone Lightman heute produzierten Instrumentals klingen da keineswegs neuer. Es ist daher beileibe keine Pflichtaufgabe, dem Spätwerk Pablos Aufmerksamkeit zu schenken, es ist, im Gegenteil, ein echtes Vergnügen. Statt historisch/akademischen Interesses, bedarf es hier lediglich Spaß an guter Dub-Musik.

 

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