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Five Star Review

Natural Numbers: Field Reality Dub

Nach langem Überlegen habe ich mir das zweite Album der Natural NumbersField Reality Dub“ (Stones Throw) vorgenommen. Es handelt sich dabei um ein Projekt von Tom Chasteen, einem amerikanischen Musikclub-Besitzer, Reggae-Produzenten und (Hobby)Mixing-Engineer aus Los Angeles. Das bereits 2015 erschienene Album der Natural Numbers (Natürliche Zahlen) wurde größtenteils im klassischen Reggae Vintage-Stil abgemischt. King Tubbys Einfluss offenbart sich besonders auf der ersten Seite des Albums. Beim zweiten Teil dieses zehnteiligen Sets betritt Tom Chasteen jedoch unüberhörbar Neuland. In einer Pressemitteilung des Labels beschreibt er diesen Umstand, als „das Eindringen eines neuen Lichts“. Die klassischen Riddims sind für amerikanische Verhältnisse richtig heavy ausgefallen und wurden von einer Band mit Musikern von Wilco und Mazzy Star sowie dem legendären jamaikanischen Bassisten George „Fully“ Fullwood von Soul Syndicate eingespielt. Zu den Vokalgästen des Werks gehören Lone Ranger, Ranking Joe, Tony Tuff, Edi Fitzroy sowie Trinity, dessen Stimme ich gefühlt schon ewige Zeiten nicht mehr auf einem aktuellen Album gehört habe. Keine Angst, es ist ein Dub-Album, die Vocals blitzen nur gelegentlich aus den Aufnahmen hervor.

Das Album lässt sich tatsächlich in zwei Teile unterteilen. Die ersten fünf Tracks sind im Rub-A-Dub-Style mit ein paar unerwarteten akustischen Momenten gehalten. So hört man im melodischen und leicht ätherischen „Rastaman“ ein paar schöne Orgelpassagen und eine leicht düstere Gitarre. Was mich jedoch viel mehr begeistert, ist die für den Reggae/Dub untypische Slide-Gitarre bei „National Version“. Die letzten fünf Tracks sind wesentlich experimenteller und psychedelischer mit ungewöhnlich viel Gitarren im Mix ausgefallen. So klingt „Dub of Shadows“ beinahe wie eine Dub-Version von Led Zeppelin. Bei „Seven Times Rise“ und besonders „Stars No Moon“ klingen die Percussions und quietschenden Gitarren so, als hätten Adrian M. Sherwood und sein Kumpel Bonjo I von African Headcharge (in Form des „neuen Lichts“?) dem Aufnahmestudio einen Besuch abgestattet. Mit „Dawn Observation“, dem letzten Titel des Albums, verlässt Tom Chasteen endgültig das klassische, vertraute Dub-Terrain und wendet sich avantgardistischeren Klängen zu. Hier erinnert mich der Sound immer wieder an die Soundexperimente des „Krautrockers“ Manuel Göttsching und seiner Band Ash Ra Tempel.

Unterm Strich ist „Field Reality Dub“ ein höchst inspirierter, kurzweiliger und richtig spannender Dub-Ausflug.

Bewertung: 5 von 5.

6 Antworten auf „Natural Numbers: Field Reality Dub“

Danke vor allem für die tolle Rezension Ras Vorbei. Das Dankeschön muss ich dann aber gleich an gtkriz weitergeben. So funktioniert die „DubBlogMaffia“ doch ausgezeichnet ;-) gtkriz hats inna Playlist, lemmi hats abgefeiert ( und feiert immer noch, falls er die Dauerfeierschleife überhaupt mal verlässt ) und Ras Vorbei bringt das ganze auf den Punkt !!!
René hat 2014 auch schon „Natural Numbers In Dub“ gepriesen. Ich weiß noch gar nicht, welche Scheibe ich eigentlich besser finden soll, denn auch die Dubs aus 2014 sind pure Sahnestückchen oder wie die Österreicher immer so schön sagen, Stückchen mit Schlagobers, in meinem DubCosmus.
Ich dachte übrigens auch mal an Led Zeppelin obwohl ich mich mit denen gar nicht auskenne. „D’yer Mak’er“ gehört für mich natürlich zum Pflichtprogramm ;-).
Die ersten vier Dubs sind auch sehr fein, wobei zwei davon, ähnlich auf der „In Dub“ schon mal dabei waren, was auch für „Adilas“
zutrifft.
Als „DubConnaiseur“ bin ich natürlich von „der zweiten Seite“ bzw. vom zweiten Teil des Albums ganz besonders begeistert. Dein Satz mit Adrian Sherwood und Bonjo I ging mir natürlich auch wieder runter wie feinstes Olio de Olivio, zumal es die Beschreibung der Dubs – auch aus meiner Sicht – knackig und exakt, auf den Punkt bringt. Allerdings fängt der zweite Teil des Albums bei mir schon mit No.5 „National Version“ an. Überhaupt ist das für mich der Überflieger hier auf diesem Album. Warum wohl ?!

Weil hier für mich mal wieder alles dabei ist, was ich brauche. Die richtigen Effekte an der richtigen Stelle ( soweit ich das beurteilen darf ) und das Wichtigste überhaupt ist die wunderschöne Bassmelodie, die mich mal wieder in den siebten Himmel bzw.
auf Wolke 7 steigen lässt. Beim Thema Bass komme ich dann zu der entgültigen Auflösung, warum mir die Natural Numbers so gut gefallen. George „Fully“ Fullwood ist halt noch einer von denen, die die vollendete Magie von Reggae in jeder Zelle ihres Körpers
gespeichert haben. Er hat seinen Ursprung ganz klar in der Ursuppe von Reggae und ist daher ein gesegneter Reggaemusiker, der Reggae nicht einfach nur spielt, sondern leibhaftig verkörpert. Ich möchte eigentlich noch mehr von ihm schwärmen aber ich hoffe, mein Respekt für ihn ist auch so rübergekommen. Reggae ist und bleibt für mich immer noch in erster Linie BASSLINE.

In diesem Sinne … „Gimmie dat Biasline Mann“ ……………… lemmi

Greetings lemmi,

nach deinem Hinweis habe ich nochmal in „meiner Musikbox geblättert“ (Otto) ;-))) und das Goldstück wiederentdeckt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass beide Alben der Natural Numbers leider in der riesigen Masse an Alben verschütt gegangen sind. Aber „es hat alles seinen tiefen Sinn“ (Schweijk, Joseph – „behördlich anerkannter Idiot“), heute hören sich diese beiden fantastischen Alben wieder wie Neuentdeckungen an.

Ja Ras Vorbei, das ist unsere Krux ( „in the business“ ). Unsere Sucht nach „der perfekten Welle“ hat uns in diesen Wahnsinn
hinein getrieben. Musik ohne Ende ! Leider ist unsere Zeit hier begrenzt und wir können gar nicht jedem Werk die angemessene
Aufmerksamkeit zukommen lassen. Und jetzt ist zu unserem Überangebot zu Hause auch noch das Internet dazu gekommen und
man weiß gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht. Andererseits wäre es ein Unding, wenn man die ganze SuperMusik ignorieren würde. Ich finde es aber auch faszinierend, das ich auch zu Hause immer mal wieder einzelne Tunes oder auch ganze Scheiben
rauskrame, die ich schon seit über 20 Jahren habe und heute noch wie neu empfinde. Selbst Bob Marley kenne ich noch nicht auswendig, da ich praktisch von Null auf Hundert mit Reggae infiziert wurde und nahezu jede Woche 2 bis 3 neue Scheiben dazu
bekommen habe. Damit war ich ständig auch mit neuem „Material“ beschäftigt, so das sich nichts wirklich ausgelutscht hat.

„Sind es die vier Jahreszeiten, die vier Musketiere oder sind es vier alle ?“ …………………. lemmi

( Ein Rabe saß auf einem Baum und war gerade daran, ein Stück Käse zu verzehren, das er kurz zuvor gestohlen hatte. Vom Duft des Käses angelockt kam der Fuchs hinzu und überlegte sich, wie er dem Raben den Käse wegnehmen könne. Da verfiel er auf eine List und sprach : Herr Rabe, ich habe gehört, das ihr so ein begnadeter Sänger sein sollt, in der Tat ich will es nicht so recht glauben, könnt ihr mir nicht eine Kostprobe eurer herrlichen Stimme geben ? Der Rabe, der nicht einsehen wollte was daran wohl listig sei, schüttelte nur den Kopf. Da verfiel der Fuchs auf eine noch viel größere List und sprach, so ist es also wahr, das ihr nur ein schaurig gekrächze von euch geben könnt … echtz echtz echtz. Dieser Provokation konnte nun selbst der Rabe nicht widerstehen. Er öffnete den Schnabel, ließ den Käse fallen und begann wunderschön zu singen. Diesen Gesang hörte ein Musikagent, der zufällig des Weges kam. Er angagierte den Raben vom Fleck weg und Heute ist dieser Rabe,
unter dem Namen Dieter Bohlen ( im Original Peter Alexander, der wahre Erfinder des Rap ) in der ganzen Welt berühmt. Und die Moral von der Geschicht, wer Gold in der Kehle hat, soll ruhig den Schnabel aufmachen und wenn dabei nur Käse rauskommt, dann macht das gar nichts. )

Tja, was soll ich machen ? Gebildete Leute können Shakespeare auswendig, ich habs da mehr mit Otto ;-)

Holla Tahiti oder so ähnlich ………………… lemmi

„Selbst Bob Marley kenne ich noch nicht auswendig, da ich praktisch von Null auf Hundert mit Reggae infiziert wurde…..“

Hi lemmi,

das verhielt sich bei mir noch ganz anders. Ich bin ganz langsam mit Reggae groß geworden. Israelites von Desmond Dekker oder The Harder They Come von Jimmy Cliff wurden noch Ende der 60er oder Anfang der 70er im Radio/Hitparade gespielt. Dann folgten „I Can See Clearly Now“ von Johnny Nash und „I Shot The Sheriff“ in der Eric Clapton Version, damals wussten die meisten Radiohörer nicht, dass es sich um Titel von Bob Marley handelt. Wie bitte, „by The Rivers of Babylon“ ist nicht von Boney M?? ;-)) Deutschland war in den 70ern und zu Beginn der 80er immer noch Reggae Diaspora und es war wirklich verdammt schwer, das gewünschte Album irgendwo zu kaufen – außer Alben von Island Records oder anderen Majors. Wenn Freunde einen Urlaub in England oder Holland gemacht haben, hat man sie mit einer LP-Wunschliste losgeschickt, immer in der Hoffnung, dass man bald das ersehnte Album sein Eigen nennen darf. Es ist heute kaum noch nachvollziehbar wie extrem schwierig es war, ein Reggaealbum zu kaufen. Eine Bestellung beim „ersten Musikladen“ der Stadt hat Monate gedauert und endete häufig auch mit dem Hinweis, dass der gesuchte Tonträger nicht lieferbar ist und/oder nicht mehr gepresst wird. Mal ganz davon abgesehen, dass deine Bestellung ein komplettes Monatstaschengeld geschluckt hat. Meine meisten Alben habe ich damals gekauft, wenn ganze LKW-Ladungen mit LPs bei Phora oder Pro-Markt (gibt es heute beide nicht mehr) für max. 10,- DM verramscht wurden. Meist sah man morgens eine Anzeige in der Tageszeitung, dann ging ich hektisch ans Festnetztelefon, Freund Alex in Kenntnis gesetzt, die Vorlesungen an dem Tag saußen gelassen, um dann tausende von LPs durchzuwühlen. Immer in der Hoffnung, einen Schatz zu heben, was auch oft geklappt hat. Eines meiner allerersten Dub-Alben „Augustus Pablo: Ital Dub (Trojan) habe ich so gefunden. Auch sehr viele ON-U Sound Alben (Singers & Players; Creation Rebel, New Age Steppers) haben wir in der Ramschkiste gefunden. Meine nächsten Quellen waren dann meine Kumpels mit dem Second-Hand-Laden, Schallplattenbörsen und Flohmärkte. Reggae-Fan zu sein, war damals beinahe ein Fulltime-Job. Es gab kaum Informationen über die jeweiligen Alben, Internet, Handy, Youtube, Dubblog etc. gab’s nicht. All das ist heute wirklich nicht mehr vorstellbar, so schnell ändern sich die Zeiten. Das ist nur ein ganz kleiner Abriss von meinen ersten Begegnungen mit dem Genre Reggae/Dub – unglaublich aber wahr!

Deshalb bin ich heute schon froh, dass wenigstens auf diesem Sektor eine wesentliche Verbesserung eingetreten ist.

Stay tuned…

Oh Oh, Ras Vorbei !

Von wegen „früher war alles besser“ ?! Aber immer, wenn ich diesen Spruch bringe, dann meine ich nicht, so weit „früher“.
Ja, warum nicht wieder ein wenig über den Tellerrand hinaus bzw. zurück blicken.
Ich habs hier zwar schon mal irgendwann erwähnt aber ich glaube, da warst Du hier noch nicht so dabei. Deshalb ist die Geschichte für dich vielleicht keine Wiederholung. Außerdem könnte ich die Geschichte auch gern jeden Tag erzählen.
Wenn ich genau ins Detail gehe, dann bin ich nämlich doch nicht sofort von Null auf Hundert gegangen.
Meine erste „nennenswerte“ Begegnung mit Reggae hatte ich etwa zu der Zeit, als „Babylon by Bus“ in aller Munde war. Mein Vater hatte sich damals die Scheibe von meinem Cousin auf Cassette „brennen“ lassen. Da er wusste, das ich auch damals schon ganz verrückt nach Musik war, hat er mir die Kassette zum Hören gegeben. Zu der Zeit habe ich Musik auch noch gern auf Kopfhörer gehört und ich war sofort von diesem Megasound geflasht. WUMMS hats gemacht aber sowas von !!! Auch damals war ich wohl schon Bassfetischist, ohne das mir das klar war. Das wird besonders deutlich, wenn ich zu der ( meiner ) Schlüsselstelle
auf „Babylon By Bus“ komme. Auch wenn ihr meine Gefühle jetzt nicht mitempfinden könnt, so versuche ich doch, diesen Flash einigermaßen rüber zu bringen. Erst mal noch vorab, muss ich sagen, das mir außer „Is This Love“ jeder Tune auf der Scheibe
( den Scheiben ) – auch heute noch – richtig gut gefällt. Aber dann ist da ja auch „Concrete Jungle“ drauf. Der Tune hat ja ein ziemlich langes aber in keinster Weise langweiliges Intro. Damals ( bis heute ) fesselte mich schon das Intro so sehr, das meine
„Musiksynapsen“ wie ein Flitzebogen bis zum Anschlag gespannt waren. Dann setzt Carlten Barrett richtig ein, spielt nochmal
ein kleines Drum-Intro ( dafür gibt es auch einen Namen aber fällt mir grad nicht ein ), bevor dann meine MusikOffenbarung den Höhepunkt erreicht. Die BASSLINE ( !!! ) von Bruder Barrett rollt los !!! Ich kann nur sagen, DAS isses Freunde !!! Da war ich infiziert. Aber zunächst befand ich mich noch in einer etwa zweijährigen Inkubationszeit, denn ich war noch viel mehr verwirrt als heute. Es kam mir nicht in den Sinn, das sich hinter „Babylon By Bus“ ein geradezu allmächtiges ReggaeImperium verborgen hat.
Und so blieb ich zunächst noch bei der internationalen Hitparade.
Weil wir damals noch keine Fernbedienung hatten, schaute ich mir auch Werbung im Fernsehen an. Und kurz vor meinem 15. Geburtstag haben die Werbung für einen Sampler namens „Magic Reggae“ gemacht. Da waren dann genau die Tunes drauf, die
Du Ras Vorbei da oben aufgezählt hast. „Israelites ( Hammer ! ) / „The Harder They Come“ ( Hammer ! ) / „I can see clearly now“
und der Oberkracher für mich und später alle, die mich kannten, „Vietnam“ von Jimmy Cliff ( immer noch genau so gut, wie am ersten Tag ). Da ich quasi jeden Tag, durch die Werbung, aufs Neue erinnert wurde, konnte ich gar nicht mehr anders, als mir diese Scheibe zum Geburtstag zu wünschen. Meine Eltern haben mir dann allerdings auch gleich noch die „UPRISING“ von BMW
geschenkt und dann ……….. der Rest ist Geschichte.

Ja, ich weiß. Wieso solltet ihr alle wegen dieser kleinen Geschichte genau nachvollziehen können, warum ich so gepackt wurde ?
Ich hoffe, es war nicht zu langweilig oder ……………………. seit ihr noch da ? ……

Bis denne ……………. lemmmi

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