Ich liebe ganz orthodoxen, super-klassischen Steppers Dub: repetitiv, stoisch, körperbetont. Noch mehr aber liebe ich das Experiment: mutig, unkonventionell, schräg. Insbesondere dann, wenn Klänge unterschiedlicher Welten zueinander finden und etwas Neues, Ungehörtes erschaffen. Je ungewöhnlicher, je schräger die Fusion, desto spannender: Dub und arabische Musik, Dub und Balkan-Pop, Dub und schwedische Volkslieder – nur um ein paar aktuelle Beispiele anzuführen: allesamt großartige Kombinationen. Doch wie sieht es mit Dub und klassischer Musik aus? Kann das gehen, oder ist das doch zu abwegig? Matthias Arfmann unternahm 2006 mit Deutsche Grammophon Remixed einen ersten Versuch in diese Richtung, als er alte Karajan-Aufnahmen einem amtlichen Dub-Treatment unterzog. Was mich damals übrigens hellauf begeisterte (eine Begeisterung, die allerdings kaum jemand mit mir teilen wollte). Nun ein zweiter Vorstoß zur Integration des vermeintlich Unvereinbaren: Op’ra Dub Style von AudioArt (One Drop/Irie Ites). Der Name lässt es vermuten: Dub trifft auf Oper – und zwar verkörpert durch den klassischen Operntenor Uly E. Neuens auf der einen und einige superbe Dub-Produzenten (TVS, Dub Spencer & Trance Hill, Aldubb, Dubmatix, Dubble Dubble (Braintheft) und Tune In Crew) auf der anderen Seite. Das Ergebnis dieses Clashs ist – tja, wie soll ich es differenziert ausdrücken? – schlicht und ergreifend: genial! Es macht richtig Spaß diesem verrückten Experiment zuzuhören und festzustellen, dass Operngesang, klassisch anmutende Kompositionen (die aber alle exklusiv für dieses Album entstanden sind) und heavy duty Dub-Music kongenial zusammen klingen, als seien sie seit je her füreinander bestimmt. Diese scheinbare Selbstverständlichkeit des gar nicht selbstverständlichen wird einerseits dadurch erreicht, dass Dub-Track und Gesang stets fein aufeinander abgestimmt sind, und dass andererseits der Operngesang mehr Melodie als Wort ist. So fügt er sich – fast wie ein Instrument – nahtlos und harmonisch in das Arrangement des Dub ein. Nicht ganz unerheblich mag auch die Tatsache sein, dass Uly E. Neuens – klassisch ausgebildeter Opern-Tenor, der auf allen wichtigen Opernbühnen Frankreichs zuhause ist – sich schon seit vielen Jahren für Reggae begeistert. So verfügt er über ein gutes Gespür für die Musik beider Welten. Sieben Tracks hat er für das Album eingesungen, weitere vier bieten Remixes der Aufnahmen und zwei Tracks gibt es als Bonus oben drauf. Der letzte ist eine Produktion von Aldubb mit Ulys Interpretation der „Ode an die Freude“. Das trifft es – wie ich finde – ziemlich gut.