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Jah Myhrakle: Who Keeps The Seals Dub

Es braucht nicht viel, um den Rezensenten glücklich zu machen; es reicht ein basslastiger, aber trotzdem dynamischer Mix mit Drums der Marke Sledgehammer – sprich solche, die man nicht nur hören, sondern vor allem fühlen kann… Drums der druckvollen Art, liebevoll „Schädelspalter“ genannt. Dann noch ein paar Dub-Effekte dazu – mehr braucht’s tatsächlich nicht für das kleine Glück, den Ohr-Orgasmus.

Ein solches Erlebnis bietet – entsprechende Lautstärke vorausgesetzt – Jah Myhrakle’s „Who Keeps The Seals Dub“ (Gold Den Arkc Recordz). Also schnell fünf Sterne für das Album vergeben und fertig. Danke für’s Gespräch!

Von wegen – ich kram‘ gerne die akustische Lupe aus und werf‘ einen Blick hinter die Kulissen; so ein klassischer Dub erscheint ja nicht plötzlich aus dem Nichts. Das gilt auch für Jah Myhrakle, auf dessen Vokal-Album „He Who keeps The Seals“ der zu besprechende Dub-Release basiert.

Herr Myhrakle selbst bedient sich gerne lustiger Schreibweisen und haut ein Album nach dem anderen raus – alle mit mehr oder weniger schöner Cover-Artwork. Seiner mitunter schwer verständlichen, vermutlich tiefgründigen Texte betet er gnaden- und emotionslos runter, komme was da wolle. Wer sich jetzt an Vaughn Benjamin aka Akae Beka erinnert fühlt, hat recht: Wir haben es hier mit einem Klon zu tun. Oder mit einer Kreuzung von Akae Beka und Jah Rubal – das trifft’s wohl am Besten. Und da wie dort gilt: Weniger wäre mehr gewesen, denn maximaler Output ist nun mal nicht mit maximaler Qualität gleichzusetzen.

Zurück zum Dub, zurück zu „Who Keeps The Seals Dub“. Wie oben festgestellt, ist die dynamische Akustik beglückend; die Dub Effekte sind gut gemacht, wenn auch zumeist sinnfrei platziert. Geht man etwas tiefer und zerpflückt die Strukturen der Tracks, kommt man leider an den belanglosen, uninspirierten Basslines nicht vorbei – ein großes Manko im Dub-Universum, wo die wahren Hooks zumeist in den Basslines zu finden sind. Unter Berücksichtigung aller Pros und Cons bleibt also unter’m Strich – trotz des mediokren Ausgangsmaterials – ein Album mit Hammer-Dynamik: Keineswegs schlecht, aber 5-Sterne-Material muss mehr bieten können.

Bewertung: 3.5 von 5.
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The Co-Operators: Vibrations from the Bionic Tabernacle

Ein Album-Titel, der Gutes verheißt: Allein schon die Worte „bionic“ und „tabernacle“ erzeugen wohl nicht nur bei mir wohlige Schauer; Erinnerungen an eine vermeintliche bessere Zeit – den 70er-Jahren – machen sich breit. Wo Vinyl noch Vinyl war, wo’s gekracht und gegrammelt hat, wo der Bass tonnenschwer von gefühlt nicht minder schweren Pressungen jamaikanischer Machart aus den Riesen-Boxen wummerte. In meinem Fall war das ein einschlägiger Plattenladen… lang ist’s her. Schlichter Vibe halt, mit den damals aufkommenden technischen Möglichkeiten umgesetzt: „Bionic Dread“, wenn man Dillinger in diesem Zusammenhang erwähnen darf.

Fast forward ins Jahr 2023, wo die Co-Operators mit ihrer Neuerscheinung „Vibrations from the Bionic Tabernacle“ (Waggle Dance Records) nonchalant die Zeit zurückdrehen. Immer noch schlichter 70’s Vibe, klangtechnisch allerdings auf der Höhe der Zeit – wobei man letzteres sowohl positiv als auch negativ sehen kann: „tonnenschwer“ ist jedenfalls aus dem Klang-Vokabular verschwunden… Träne im Knopfloch!

Die Co-Operators sind keine neue Erfindung; die Band aus Bristol um Produzent und Musiker Eeyun Purkins kann mit etlichen Singles und zwei Alben aufwarten. Sie sind auch mitverantwortlich für Joe Yorke’s rasanten Aufstieg in der Reggae-Welt und waren unter den ersten, die mit ihm des öfteren „co-operated“ haben. Die Zusammenarbeit ist noch längst nicht beendet; in wenigen Wochen schon wird das gemeinsame Album „A Distant Beat“ erscheinen.

Zurück zum zu besprechenden Dub-Album. Hier wurden Stücke aus den beiden Alben „Beating the Doldrums“ und „Rhythms from the Kitchen Sink“ dem Dub-Treatment unterzogen; dankenswerterweise sind das *nicht* die Ska- und Rocksteady-Tunes, sondern die feinen Roots-Perlen. Am Dub-Mix vom Herrn Purkins kann man nicht meckern, der geht runter wie Öl; ansonsten beklagt der Rezensent (wie nahezu immer): Zu wenig Bass, zu viel Höhen als Zeichen der aktuellen Hörgewohnheiten. Wenn man denn auf „Vibrations from the Bionic Tabernacle“ unbedingt etwas Negatives finden möchte, empfehle ich den Basslines Aufmerksamkeit zu widmen: Sie sind zwar wunderbar simpel, aber auch merkwürdig abgehackt gespielt – es fehlt ein wenig der Flow, das scheinbar endlose, repetative Dahinwummern ohne Unterbrechung. Das könnte Stilmittel sein, stört auf Albumlänge dann doch. Wie gesagt: Wenn man denn unbedingt was finden möchte.

Das ergibt summa summarum eine Empfehlung für The Co-Operator’s Dub-Debüt und die Anerkennung dafür, dass auch sie den Sound der 70er hochhalten.

Bewertung: 4 von 5.
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Mato: Scary Dub

Was mussten meine trüben Augen sehen? Hat da nicht letztens Kollege Wynands das neue Album von Mato mäklerisch mit läppischen 3 Sternen abgespeist und damit wahrscheinlich nicht nur bei mir Schnappatmung ausgelöst? Diesen wunderbaren, neuen Release „Scary Dub“ (Styx Records) vom französischen Wunderwuzzi Thomas Blanchot, der unter seinem Pseudonym Mato 1A-Reggae, -Dub, -Hip Hop und diverse Remixes produziert? Also dem Mann, der sich 2014 mit seiner Dub-Version von Daft Punk’s „Homework“ ins kollektive Dub-Gedächtnis eingebrannt hat? Ja, werte Leser*innen… ich kann Eure Empörung ob dieses unglaublichen Fehlurteils sehr gut nachvollziehen! Ich geb‘ mal spontan eine Runde Riechsalz oder Baldriantropfen (je nach Bedarf) aus für alle deren Blutdruck ob des Schrecks verrückt spielt.

Eine Schockstarre später muss man wohl anmerken, dass Mato’s Dub eigentlich nichts für die original Dubheads ist. Da stellt sich nicht der wohlige Dub-Rausch ein – Ihr kennt das: Wenn die Knie weich werden und leicht einknicken; wenn der Kopf unwillkürlich im Rhythmus zu nicken beginnt und die akustische Welt aus einer hypnotischen, endlos-repitativen Bassline und schleppend-schweren Schlägen auf die Drums besteht – und noch dazu mit Echo & Hall & sonstigem Effekt-Arsenal ins psychodelische Traumland führt, wo Zeit dann nur noch aus Langsamkeit besteht. Also so fühlt sich’s jedenfalls bei mir an – gebt Bescheid, wenn Ihr da eher medizinischen Handlungsbedarf vermutet.

Nein, Mato ist eher Konzeptkünstler, Geschichtenerzähler, Comic-Zeichner, der 2 bis 3-Minuten-Stories in akustische Kleinode umsetzt. Oder sich auch schon mal der klassischen Musik oder der Filmmusik zuwendet, und das alles perfekt produziert & abgemischt – natürlich nicht für’s große Dance-Soundsystem, sondern für die gepflegte Heim-Anlage. Da findet noch nicht mal der sonst pingelig-kritische Rezensent etwas zu bemängeln, was schon mal eine Sensation für sich ist. Wie auch immer, Mato hat sich in seiner neuen Arbeit wieder mit der Filmmusik auseinandergesetzt; diesmal etwas enger gefasst mit dem Horror Movie-Genre. Da ist quasi alles vertreten was Rang & Namen hat – von Dracula, Frankenstein über Freddy Krueger und Michael Myers bin hin zu Fox Mulder und Dana Scully; wir wollen auch den weißen Hai und das Ding aus dem Sumpf nicht vergessen. Ein Album voller „Scary Dubs“ eben.

Jeder Track ist ein Comic für sich; die Film-Melodien sofort wiedererkennbar, die passenden Soundeffekte sensationell: Eine unheimliche Orgel, kreischende Frauen, Christopher Lee’s Stimme – „I am Dracula“ ist beste Dub-Unterhaltung:

Oder wie wär’s mit der Dub-Version vom „Jaws“-Theme, sprich dem „Weißen Hai“? Die langsam anschwellenden, dann nervösen, panik-verbreitenden Streicher… die Erinnerung an die späten 70er Jahre ist sofort wieder da:

Einen hab‘ ich noch: Michael Myers goes Reggae im „Halloween Dub“… uh… scaaary!!!

Mato macht diesmal also Musik für die SciFi/Horror/Splatter-Movie-Fans und natürlich auch für das Kind in den Dubheads. Es ist lockere Unterhaltung, leichte Kost, bestens präsentiert… und ich liebe es. Ich schmeiss‘ mich tatsächlich noch jedesmal weg, wenn ich den „Jaws Dub“ höre – und das Album läuft derzeit in Endlosschleife!

Das ergibt insgesamt locker 4 Sterne, Kollege Wynands… ach was, ich leg‘ noch einen halben Stern drauf: Es läuft gerade Akte X in Dub – „Die Wahrheit ist irgendwo da draussen“. Sooo scaaary!!!

Bewertung: 4.5 von 5.
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Aldubb: Mesozoic Valley

Aldubb ist unser aller Liebling. Seine „Planets of Dub“-Alben eroberten die Herzen der stolzesten Dub-Kritiker; – und was mich betrifft, besitzt der Berliner spätestens seit Erscheinen seines Epos „A Timescale of Creation – Symphony No. 1 in Dub minor“ den Adelstitel „Al von und zu Dubb“. Mit seinem neuen Album „Mesozoic Valley“ (One Drop Music) widmet er sich erneut der Ur- und Frühzeit unseres Planeten (die „Planet of Dub“-Alben gehören offenbar thematisch auch in die Reihe, wie mir gerade auffällt). Doch während die Symphonie ein im wahrsten Sinne „großes“ Werk war, kommt „Mesozoic Valley“ (One Drop) als rein digitale Produktion, also gewissermaßen als Laptop-Dub, geradezu bescheiden daher. Doch sobald der erste Track startet, ist es vorbei mit der Bescheidenheit. Der Bass bläst einem ins Gesicht und die Ohrläppchen flattern im Wind. Das ist Hardcore-Stuff fürs Sound System. Raus damit und Spaß haben – so kommt es mir vor. Mein Dubblog-Kollege gtkritz bemängelt fehlende Hooklines und mangelnde Prägnanz, womit er zwar durchaus Recht hat, was aus meiner Sicht hier aber gar nicht so entscheidend ist. Warum nicht einfach mal in Bass baden und sich wohl fühlen? Warum nicht mal nonchalant System 2 abschalten und System 1 seinen Spaß haben lassen? Ich würde sagen: „Mesozoic Valley“ anklicken (Streaming ist die passende Konsumform für das Album) und schön laut aufdrehen. Wer dann noch sagt: „nee, da fehlt mir Komplexität und die Reflexion der Bedingungen unserer Existenz“, den (oder die) verweise ich an die „Timescale of Creation“.

Lest auch die Rezension von gtkriz.

Bewertung: 4 von 5.

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Paolo Baldini DubFiles meets Dubblestandart: Dub Me Crazy

In letzter Zeit ist öfters von Paolo Baldini zu hören. Der italienische Reggae- und Dub-Produzent scheint einen Lauf zu haben. In schöner Regelmäßigkeit brachte er zuletzt jedes Jahr einen Longplayer heraus und war in zahlreichen Remix-Projekten unterwegs. Erst im März veröffentlichte Echo Beach eine Retrospektive seiner ersten Band, den B. R. Stylers. Nun kommt der zweite Streich aus gleichem Hause: Paolo Baldini DubFiles Meets Dubblestandart, „Dub Me Crazy“ (Echo Beach). Wien trifft auf Pordenone: Dubblestandart – ihres Zeichens selbst Dub-Produzenten – legt das Oeuvre der Band in die Hände Baldinis, um aus den Dubs weitere Dubs machen zu lassen. Ich finde, das klappt ganz gut. Der Italiener versteht sein Handwerk und liefert wunderbar kreativ gemixte Dubs ab. Allerdings muss man den trockenen, etwas spröden Sound von Dubblestandart mögen, um die Remixe angemessen würdigen zu können. On.U-Sound und das Dub Syndicate lassen grüßen. Baldini geht jedenfalls ganz Old School ans Werk: reines Mixing, keine Overdubbs oder neue Beats. Da Dubblestandart ja als Remix-Enthusiasten bekannt sind und die meisten ihrer Produktionen bereits x-fach durch verschiedenste Dub-Wölfe gedreht und durch Echo-Kammern gejagt wurden (ich erinnere nur an Tracks wie „Chrome Optimism“ oder „Holding you Close“ zu denen komplette Remix-Alben existieren), dürfte es für Paolo Baldini nicht ganz einfach gewesen sein, den Tracks neue Aspekte abzugewinnen. Erstaunlich, dass es ihm trotzdem so gut gelungen ist. Ich bin gespannt, wer als nächstes remixen darf.

Lest auch die Review von gtkritz

Bewertung: 4 von 5.

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Five Star Review Zweite Meinung

Manasseh Meets Praise

Die Versuche, Reggae – insbesondere Dub – und klassische „E-Musik“ zu kreuzen, sind zwar rar – dafür aber umso spannender. Der Erste, der die Herausforderung meiner Meinung nach gemeistert hat, war 2006 Matthias Arfmann, als er für die Deutsche Grammophon das Oeuvre von Herbert von Karajan remixte. Seither ist viel geschehen. Ich erinnere nur an die Op’ra-Alben des Opernsängers Uli E. Neuens oder an Matos „Classical Dub“ aus dem letzen Jahr. Ging es bei diesen Alben stets um die Neuinterpretation klassischer Werke, so gibt es auch noch eine andere Form des Crossovers, bei der die Integration „klassischer“ Instrumente wie Geige, Querflöte oder Violine in die Dub-Soundsphäre im Vordergrund steht. Violinbwoy legte vor zwei Jahren ein düsteres Werk vor, das eher vom Kontrast zwischen Violine und Bass lebte, als von deren harmonischer Vereinigung. Aber jetzt gibt es eine neue Klassik/Dub-Benchmark: „Manasseh Meets Praise“ (Roots Garden). Unfassbar sanfte und doch druckvolle Reggae-Beats äußerst harmonisch, ja geradezu kongenial, umspielt von feinsten Violinen- und Viola-Klängen. Manchmal gesellen sich sogar noch eine Flöte und Harmoniegesang dazu. Klingt kitschig und sentimental? Aber nur auf dem Papier. Im Ohr ist es einfach nur schön. Ja, es ist eine im ursprünglichen Wortsinn sinfonische Musik – was sich selbst bei Arfmann nur mit Einschränkung behaupten lässt. Über Manasseh muss ich nicht viele Worte verlieren. Der Mann ist legendärer Dub-Veteran und Producer par excellence. Ich liebe seine Musik, seit ich in den 1990ern sein Album „Dub the Millennium“ gehört habe. Bei Praise handelt es sich um einen klassisch ausgebildeten Violinisten mit einem ausgeprägten Faible für Reggae. Seit rund zehn Jahren verschwinden Nick Manasseh und Praise regelmäßig im Studio und nehmen diese wunderbaren Instrumentals auf. Nun war es endlich an der Zeit, das entstandene Material in die Welt zu entlassen und Menschen wie mich damit zu beglücken. Ich bin mir sicher, dass die Meinungen über dieses Werk weit auseinander gehen werden. Aber wie immer man dazu stehen mag, so ist es doch wunderbar zu sehen, welche stilistischen Extreme unser Lieblingsgenre in sich aufnehmen kann.

Lest auch die Rezension von gtkriz.

Bewertung: 5 von 5.

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Alpha & Omega: Shadrach, Meshach And Abednego

Auch Alpha & Omega lassen wieder von sich hören. Ganz anders als ihr Nachwuchs, meiden die Veteranen das Experiment und liefern das ab, was sie schon immer am besten konnten: Mystischen Steppers-Dub, der keine Gefangenen nimmt. So auch auf ihrem neuen Album „Shadrach, Meshach And Abednego“ (Steppas). Hier begnügen sie sich zwar mit nur fünf Vocal-Tunes und fünf begleitenden Dubs – letztere aber haben es in sich. Ich staune ja immer wieder, wenn ich die beiden, oder Christine alleine am Bass, auf einem Sound System-Event erlebe. Seit über 30 Jahren liefern sie nahezu die gleiche Musik ab, unverdrossen, stetig und mit Hingabe. Das ist wahre Bestimmung. Dub for life. Und vielleicht ist es die Liebe zu diesen mystischen Bass-Sounds, die jedes A&O-Album von neuem so beseelt und inspiriert sein lässt.

Lest auch die Review von Marius

Bewertung: 3.5 von 5.

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Dubment: Showcase & Dub Fugues

Wer Dub Spencer & Trance Hill mag, wird auch Dubment lieben. Wie die Erstgenannten, stammen sie aus der Schweiz, machen in Minimalbesetzung minimalistischen Dub, handgespielt und mit ausufernden Rock-Gitarren-Exkursionen. Klingt gelegentich nach einem psychedelischen Jazz-Trio – was wohl daran liegen dürfte, dass Dominik Zäch (Gitarre), Balz Muheim (Schlagzeug) und Linus Meier (Bass) in Luzern gemeinsam Jazz studieren. Reggae und Dub sind eigentlich dem Prinzip der strikten Repetition verpflichtet, doch darum scheren sich die drei auf ihrem Album „Dubment – Showcase & Dub Fugues“ (Echo Beach) nicht besonders. Hier wird ziemlich frei gespielt und beherzt herumexperimentiert. Merkwürdigerweise klingt es dann trotzdem nach Dub. Das Album war übrigens schon seit Dezember 2019 auf dem Markt, kommt jetzt aber aus dem Hause Echo Beach als Deluxe-Version neu raus. Deluxe daran ist, dass der Dubvisionist zu jedem Dub eine kurze „Fuge“ schuf, die dem Original folgt. Wir hören also stets zuerst den Original-Dub, dann folgt eine zwei- bis dreiminütige Fuge. „Einen Dub vom Dub zu machen, erschien mir nicht sonderlich sinnvoll“, gibt der Dubvisionist Auskunft, „Die Originale sollten ganz klar die Helden sein. Die Fugen sind nur kleine Zwischengänge“. Mir gefallen die Zwischengänge ausgesprochen gut, bringen sie doch Dub-Feeling mit, das die Originale im Überschwang der Jazz-Improvisation manchmal etwas vermissen lassen. Hier übrigens von „Fugen“ zu sprechen und damit unweigerlich Assoziationen an Bachs „Kunst der Fuge“ oder auch ans „Wohltemperierte Klavier“ zu wecken, ist wirklich eine coole Idee – auch wenn die Dub-Fugen mit dem musikalischen Konzept einer Fuge nicht viel zu tun haben. Marketing rules.

Lest auch die Rezension von Ras Vorbei

Bewertung: 3.5 von 5.

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Sly & Robbie: Dub Serge

„Hä?“, dachte ich zuerst, „die haben ein 1:1-Remake von „Aux Armes, etc …“ eingespielt, Serge Gainsbourgs All-Time-Best-Seller? Dem Album, das sie ursprünglich 1979 aufgenommen hatten? Spinnen die beiden älteren Herren Sly Dunbar und Robbie Shakespeare jetzt total?“ Tja, es stimmt: „Dub Serge“ (Tabou1) von Sly & Robbie ist tatsächlich ein exaktes Remake des 1979er Originals. Selbst die komplette Band (neben Sly & Robbie) ist dieselbe, wie vor 41 Jahren: Mikey Chung, Dougie Bryan, Robby Lyn und Sticky Thompson – nur Ansel Collins fehlt. Verrückt! Aber die Geschichte dahinter rückt das Werk ins rechte Licht. Das Remake wurde bereits 2011 aufgenommen, als sich Tabou1-Label Chef Guillaume Bougard mit Sly, Robbie und der Band im Studio befand, alle Aufnahmen für ein Funk-Album eingespielt waren und noch ein ungenutzter Studiotag zur Verfügung stand. Sie beschlossen, den verbleibenden Tag für das Remake des legendären Serge Gainsbourg-Albums zu nutzen: Nur so, aus Spaß und ohne Ambitionen. Tatsächlich haben die Rhythm-Twins und ihre Co-Worker das komplette Album innerhalb von nur sechs Stunden im Kasten gehabt. Was für eine Leistung! Die Aufnahmen wanderten ins Archiv. Bougard erinnerte sich ihrer erst wieder, als Universal-Records ihn für ein Sly&Robbie-Interview anfragte, das für eine Serge Gainsbourg-Doku gefilmt werden sollte, zum Anlass des vierzigjährigen Jubiläums von „Aux Armes etc …“. „Warum nicht am Jubiläum mitverdienen“, dachte sich Bougard. Immerhin hatten Sly & Robbie 1979 für die Aufnahmen des Bestsellers nur je 250 Dollar erhalten, und keinen weiteren Cent an Tantiemen. Unglaublich, aber so war das damals in Jamaika. Also kramte Bougard die 2011er Aufnahmen hervor, dubbte sie in Windeseile (wahrscheinlich um dem ursprünglichen Aufnahmetempo gerecht zu werden) auf einem alten PC und entließ sie in die Welt. So sieht’s aus Leute: Wie kann man ein Album mit solch einer Entstehungsgeschichte negativ rezensieren? Ich bringe es nicht übers Herz – und ehrlich gesagt: Es ist gar nicht so schlecht.

Lest auch die Rezension meines Kollegen gtkriz

Bewertung: 3 von 5.
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Five Star Review Zweite Meinung

Dubsouls in Session

Passen Dub und Jazz eigentlich zusammen? Ersterer eine super-strukturierte Musik mit eher sanftem Flow, letzterer oft frei flotierendes Chaos und planlose Improvisation. (So weit die Klischees). Aber es gibt ja einige wunderschöne Beispiele, wie beides gut zusammen gehen kann: Angefangen bei Ernest Ranglin über meinen Liebling „Dub på Svenska“, hin zu „Nordub“ von Nils Petter Molvær und zuletzt den „Natural Hights“ des Guiding Star Orchetras. Nun haben wir ein weiteres Paradebeispiel dafür, dass Dub und Jazz füreinander bestimmt sind: „Dubsouls in Session“ (Youth Sounds) von den Dubsouls. Hinter diesem charmanten Namen verbirgt sich ein Septett, geführt von dem britischen Jazzgitarristen Andrew Murphy. Es spielt ungemein entspannten Reggae im lockeren Retro-Style, smooth & easy mit Orgel, Blechbläsern, erstaunlich maximalem Bass und minimalem Dub-Mixing. Der perfekte steady Hintergrund für die hübschen, frei fließenden Jazz-Soli von Murphy & Co. So ein einfaches Rezept! Eigentlich nichts Besonderes – und doch bin ich total hooked. Der Flow ist einfach umwerfend und die Jazz-Gitarrenklänge betörend. Ich kann nur sagen: Dub & Jazz gehören zusammen wie Butter und Brot. Und überhaupt: Ist Dub-Mixing nicht sowieso irgendwie freie Jazz-Improvisation?

Bewertung: 5 von 5.