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Sly & Robbie: Dub Serge

Um es vorwegzunehmen: Sly & Robbie waren das beste, innovativste und spielfreudigste Drum & Bass-Duo – auch wenn andere wie Style Scott und Flabba Holt bisweilen wesentlich sauberere Arbeit ablieferten, es aber niemals zur Genre übergreifenden Anerkennung brachten. Sly & Robbie hingegen wurden weltweit gebucht, um auch Pop und Rock-Größen wie Joe Cocker, Bob Dylan, Mick Jagger, Serge Gainsbourg und viele mehr im Studio oder live zu unterstützen. Dass sie zudem das Reggae-Genre mit ihren Riddims wesentlich weiterentwickelten, steht wohl außer Frage.

Aber das war in den späten 70er und frühen 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts; die Zeiten der musikalischen Innovationen, des musikalischen Neulands sind für die beiden vorbei. Sly & Robbie scheinen heute in einer Zeitblase gefangen zu sein: Sie reproduzieren ihre eigene musikalische Vergangenheit und zelebrieren mehr oder weniger die Riddims, die sie anno dunnemals zur musikalischen Speerspitze des Reggae gemacht haben. 

So auch auf ihrem neuen Release „Sly & Robbie Dub Serge“ (Taxi Records), für den sie nichts weiter als ihre eigenen Riddims vom exzellenten Serge Gainsbourg-Album „Aux Armes Et Caetera“ (1979) nochmals eingespielt haben. Warum, wieso? Das weiß wohl nur Guillaume Bougard, der hier als Co-Produzent fungiert und gemeinsam mit Gaylord Bravo den uninspirierten Dub-Mix zu verantworten hat. Bedarf an diesen blutleeren, endlos ausgewalzten und bestenfalls langweiligen Versionen kann es nicht gegeben haben, zumal das Original-Album (wie auch sein Nachfolger) in den letzten Jahren als Deluxe– und Super-Deluxe Version samt Dubs veröffentlicht wurde.

Die Frage ist also: Braucht man dieses neue Album? Unbedingt, wenn man hören will wie zwei exzellente Musiker ihr Lebenswerk demontieren. Andernfalls: Hände weg davon und statt dessen eines der vielen genialen Sly & Robbie-Alben aus den 1980er-Jahren hören. Wie wär’s mit dem epochalen „A Dub Experience“ aus Island’s „Reggae Greats“-Serie?

Bewertung: 1 von 5.

12 Antworten auf „Sly & Robbie: Dub Serge“

High gtkriz !

Da sind wir ja schon wieder anderer Meinung. Als ich am Freitag hier in mein Büro kam, lief gerade diese neue Dub Scheibe in deiner Liste und ich hatte keinen Plan, wer das wieder sein konnte. Obwohl man das an den Drums schon ganz schnell erkennen
kann. Die Drums von Sly Dunbar sind aus meiner Sicht nicht immer so ganz Dubkompatibel. Aber dennoch war ich vom Gesamt-
eindruck des Dubs, den ich da gerade hörte sehr angetan. Als ich dann auf den Bildschirm schaute, sah ich, das es sich um ein
neues Dub-Album von Sly and Robbie handelt. Ich bin ja nicht so ein Fan von Sly and Robbie Dubs aber hierbei dachte ich eigentlich, das es sich mal wieder um eins der besseren Dubscheiben von Sly and Robbie handelt. Mir gefällt es jedenfalls echt ganz gut. Sly Dunbar an den Drums zeigt hier schon so einiges von seinem Können aber der Chef hier auf der Scheibe ist für mich Robbie Basspeare. Ich habe hier einen fantastischen Bass-Sound. Fühlt sich an, als würde er hier vor mir im Büro stehen und leibhaftig seinen Bass zupfen. Die hin und wieder eingestreuten „Klavier- bzw. Keyboard – Implikationen“ frischen das pure Drum and Bass Gerüst immer wieder gut auf. Jetzt gerade läuft der „Javanese Dub“ und ich bin echt begeistert. Also wie gesagt,
mir gefällt die Scheibe.
Die Scheibe mit Serge Gainsburg ist mir nie zu Ohren gekommen. Die Riddims sind wirklich Spitze aber wie Serge dazu gekommen ist, mit den Riddim Twins zusammen ne Scheibe zu machen, weiß ich nicht.

Bis denne ………………… lemmi

„…aber wie Serge dazu gekommen ist, mit den Riddim Twins zusammen ne Scheibe zu machen, weiß ich nicht.“

Serge Gainsbourg, das enfant terrible des französischen Chansons, hat sein Faible für Reggae 1978 in die Tat umgesetzt, flog mal schnell nach JA, hat sich die beste Reggae-Session Band der Zeit einschließlich der I-Threes genommen – Geld spielte keine Rolle – und hat ein wirklich tolles Reggaealbum eingespielt. Mal davon abgesehen, dass er mit der „Verschandelung“ der Marseillaise (aux armes et caetera) die Grand-Nation ein weiteres Mal auf die Barrikaden brachte. Wenn ich mich richtig erinnere wurde das Album sogar von Philips/Phonogram vertrieben, was zeigt, dass zur Hochzeit des Reggaes alle „Großen“ des Schallplattengeschäfts etwas von dem fetten Kuchen abhaben wollten.

Also so schlimm finde ich das Album nicht. Das Reworking eines alten Albums durch die Originalbesetzung ist ja eigentlich kein uninteressantes Konzept. Aber in der Tat hätte das Ergebnis statt „same, same“ etwas mehr „different“ sein können. Aber so ein echter Verriss tut im Dubblog ja auch mal gut. Sonst rezensieren wir hier ja meist ausgesprochen wohlwollend.

„Sonst rezensieren wir hier ja meist ausgesprochen wohlwollend.“

Das liegt bei mir in der Natur der Sache. Weshalb sollte ich mir die Zeit nehmen und ein Album rezensieren, wenn es mir eh nicht gefällt. Das grenzt an Masochismus und deshalb muss ich mir das freiwillig nicht antun. Früher war das eine ganz andere Sache, da war ich sehr dankbar darum, wenn man den Tipp bekam, erst einmal in die LP reinzuhören, bevor man sein zusammengekratztes Taschengeld für die Katz ausgab. Heute verhält sich das doch ganz anders, da kann sich doch jeder mit Leichtigkeit selbst seine eigene Meinung bilden. Deshalb sehe ich das ganz pragmatisch und bespreche lediglich, was mir persönlich auch gefällt. Toll ist natürlich, wenn ich dann auch noch bei Dubblog-Lesern das Interesse für das Album wecken kann. Das alleine ist meine Intention.

Ich bin ja von Natur aus extrem Faul, was Recherche betrifft. Da fehlt mir einfach ein gewisses Gen glaube ich.
Deshalb stelle ich mal die Frage in den Raum, ob es auch Dubs von Sly and Robbie gibt, die von Scientist gemixt,
bzw. produziert wurden. Ich habe nämlich das Gefühl, das Sly and Robbie ihre Riddims immer an Leute geben, die für Dub
gar kein Feeling haben. Da es ja auch hier wieder die Ausnahme von der Regel gibt, möchte ich an die Zusammenarbeit mit DubMatix erinnern. Seltsamerweise hat die Scheibe auch einen „irgendwie komischen Sound“. Klingt so. als ob beim Mastering
die Klospülung mitgelaufen wäre. Der Sound „mockt“ mich manchmal richtig an. Dafür ist die Musik, die Riddims und die Dubspielereien aber so gut, das ich den „mockigen sound“ schlichtweg überhöre. Dennoch frage ich mich, warum es keine einzige
Dubscheibe von Sly and Robbie gibt, die sowohl soundtechnisch als auch Dubtechnisch in Bezug auf Fantasie und Ideenreichtum
komplett überzeugt. Jedenfalls kenne ich keine. Auch die von gtkriz empfohlene „A Dub Experience“ lässt bei mir noch Wünsche offen.
Es gibt ( mindestens ) eine mit Mad Professor und die finden auch alle gut aber selbst die, haut mich nicht so um, wie zum Beispiel
„Understanding what Dub is“ von Prince Fatty.
Es ist ja noch nicht aller Tage Abend. Vielleicht nimmt sich ein Prince Fatty, ein Poalo Baldini, ein Richie Phoe oder eben der OberJedi Ritter Adrian Sherwood der Sache an. Es gibt noch andere gute Dubwizzards aber deren Namen liegen mir gerade nicht auf der Zunge ( Gaudi z.B. ) ……… Aldubb / Umberto Echo und der Dubvisionist müssen jetzt aber doch noch unbedingt erwähnt werden. Da fällt mir auf, das wir hier in Deutschland in Bezug auf Soundzauberer eigentlich sehr gut „Bestückt“ sind.
Sicherlich kommen die besten Reggae Musiker nicht aus D-Land aber wir haben die 1A – Technik, die man braucht, um den perfekten und ich meine wirklich den perfekten Sound zu pruduzieren.

Aldubb hat sicherlich nicht nur wegen der Riddims in diesem Jahr gewonnen. Er liefert einfach den unanfechtbaren Sound und hat dazu die „richtigen“ DubGimmix mit dem richtigen Timing.
Sorry, wenn ich mir erlaubt habe, das mal, über alle Köpfe hinweg, so zu beurteilen.

Aber im Grunde hört sich alles wieder viel schlimmer an als es ist. Ich kam hier schon oft in mein Büro, wo meistens den ganzen Tag Dub läuft und es gab immer wieder die Momente, wo ich dachte, „hey, wat is dat denn jetz schon wieder für ein geiler Groove
bzw. Dub ?“ und wie sich herausstellte handelte es sich um einen Dub von Sly and Robbie, den ich zwei Tage vorher noch ins Klo gespült hätte.

Aber in der „Deep In Dub Playlist“ von gtkriz auf Spotify befinden sich seit ein paar Tagen einge Dubs von Jonnygo Figure !!!

Ich sach nur MURDERSTYLE !!! Sound, Groove und Dub in Perfektion. Ich bin hin und weg ! Ich werde mir die gesamte Showcase Session besorgen, da ich auch die Vocalversions gut ab kann.

Bis denne …………………….. lemmi

Auslandsaufenthalt-bedingt kann ich mich hier leider erst spät einbringen. Es ist gut, dass hier eine kleine Konversation zum rezensierten Release entstanden ist – man stelle sich vor, es ist Verriss und keiner geht hin :))) … Katastrophe in meiner Branche :) Wie auch immer, kritische und kontroverse Beiträge sorgen für die Glaubwürdigkeit eines Mediums, ansonsten man abdriftet in die beliebige Belanglosigkeit dauer-begeisterter, kritikunfähiger und womöglich Payola-gesteuerten Amateur-Schreiberlingen. Ich denke uns fällt hier allen eine Website ein auf die das meiste zutrifft, wobei ich hier dieser Website ausdrücklich kein Payola unterstellen möchte.

Es ist natürlich schwer und auch schmerzhaft, so eine Rezension zu schreiben – einerseits weil man zuhören kann wie die eigenen musikalischen Heroes in ein Alter kommen, wo sie nur mehr ein Abklatsch Ihrer einstigen Größe sind; andererseits weil es natürlich Dinge gibt, die man in der Rezension aus Rücksicht nicht erwähnt oder nur anklingen lässt. Man schreibt ja um seine eigene Meinung verbunden mit einer gewissen Objektivität darzustellen und nicht, um jemand in die Pfanne zu hauen – so gern man das auch möchte, insbesondere in diesem Fall.

Zum Release selbst… er ist langweilig, die Spieltechnik ist – wie ich vermute: altersbedingt – vereinfacht, und vom Feuer kann keine Rede sein. Das sehe ich natürlich im Kontext zum Original-Release von 1979, den es ja in mehreren Versionen und Abmischungen nachzuhören gibt. Das Album ist ein Meilenstein – wegen der beteiligten Musiker, der Spielfreude und der hörbaren Energie, aber auch auch ob der zeitlichen Umstände. 1979 war Reggae auf gutem Weg, Teil des Mainstreams zu werden – nicht nur wegen BMW & Konsorten, sonder auch weil Menschen mit dem Ohr am Puls der Zeit sich der Musik angenommen haben und denn Sprung ins kalte Wasser wagten. Einer davon war sicher Gainsbourg, dem man das seinem Ruf gemäß durchaus zutrauen konnte. Er war so weiterhin hip, und Reggae hat in frankophonen Ländern einen enormen Push bekommen. Auch eine Art quid pro quo, wenn man so will. Ich möchte nicht so weit gehen, die Gainsbourg-Reggae-Releases für die Popularität der Musik in Frankreich verantwortlich zu machen; aber ich nehme an, dass sie einen gewissen Anteil daran hatten.

However… wenn die Rezension veranlasst hat, dass sich Leser*innen mit „Dub Serge“ intensiver oder kritischer auseinandergesetzt haben: Mission accomplished :)

„…wobei ich hier dieser Website ausdrücklich kein Payola unterstellen möchte.“

@gtkriz
Davon darfst du mal zu 100 % ausgehen und solltest „möchte“ durch „muss“ ersetzen.

Das was ich hier als „Amateur-Schreiberling“ mache, geschieht ehrenamtlich. Ich denke mal, dass ich bereits ausgiebig unter Beweis gestellt habe, dass ich weder „dauer-begeistert“ noch kritiklos alles konsumiere und positiv kommentiere, was mir so vorgesetzt wird. Wie bereits weiter oben erläutert. Wenn ich etwas im WWW. oder meinem Archiv (wieder)entdecke, das hoffentlich auch für einige Leser im Dubblog von Interesse/Relevanz sein könnte und/oder die Pforten der akustischen Wahrnehmung weiter aufstößt, dann schreibe ich gerne darüber. Nicht mehr und nicht weniger. Negative Rezensionen sind für mich kein Indiz „für die Glaubwürdigkeit eines Mediums“. Mit negativen Rezensionen kann man übrigens dasselbe erreichen als mit positiven, das hat der Markt bereits tausendfach bestätigt.

Ras Vorbei, Du hast da was missverstanden: Da geht’s weder explizit noch implizit über dubblog.de oder Deine Schreibe.

Was kritische Beiträge und explizite Standpunkte betrifft… das ist Journalismus/PR 101. Wenn Du das anders siehst, dann is’es halt so.

Ich wüsste nicht was da falsch zu verstehen ist, sind wir nicht alle „Amateur-Schreiberlinge“, die gerne über ihr Hobby schreiben?
Das Verhältnis zwischen Journalismus und Public Relations interessiert mich dabei nicht die Bohne, sorry ist so.

Au contraire, Ras Vorbei: Wir sind nicht alle Amateure, die über ihr Hobby schreiben… es schreiben hier zumindest zwei Profis.

Ich meine Du scheinst oft auf Konfrontation zu gehen, was die Konversation mit mir betrifft. Das brauch’s nicht, Ras Vorbei.

Oh sorry, da bitte ich vielmals um Verzeihung, dass ich dir zu nahe getreten bin und dich auch als „Amateur-Schreiberling“ tituliert habe. Dann muss ich deine Äußerung doch ganz alleine auf mich beziehen. Ich habe jedenfalls keinen Jounalismus studiert.
Ich gehe nicht auf Konfrontation, ich will ganz einfach verstehen, was ich lese, c’est tout. „Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält“ (Heinrich Faust)

In diesem Sinne wünsche ich dir ein schönes Wochenende

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