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Danubian Dub: Red Horizon und Beyond Horizon

Dub aus der kleinen Alpenrepublik Österreich ist nicht gerade an der Tagesordnung. Umso schöner, dass Danubian Dub soeben gar ein Doppelalbum mit 22 Tracks veröffentlicht hat. Wobei: Das Doppelalbum sind eigentlich zwei Alben: „Red Horizon“ und „Beyond Horizon“ (beide Danubian Dub Records), die gleichzeitig erschienen sind und in etwa das gleiche bieten: Steppers-Dub gemischt mit Vocals. „Beyond“ ist dabei nicht einfach nur die Dub-Version von „Red“ – obgleich es einen ausgeprägteren Härtegrad hat. Insgesamt geht es bei beiden Alben nicht um bahnbrechende Experimente, sondern um solides Handwerk, technische Brillanz und ein tiefes Verständnis für die Soundsystem-Kultur. Und dann wäre da ja noch die schiere Menge an Tunes! Ein beeindruckender Beweis für die immense Produktivität des Produzententeams, das nicht nur im Studio aktiv ist, sondern auch mit eigenen Events und dem selbst organisiertem Dubstetten-Festival in der Szene aktiv ist. Schon der Opener „Armageddon“ auf Red Horizon hat mich beeindruckt. Der Track basiert auf einer zufällig aufgenommenen aramäischen Chorpassage aus einer Kirche. Genau diese Art von Detail macht Danubian Dub aus: Sie verarbeiten spontane Inspirationen und lassen sie in ihre Produktionen einfließen. Das Album schließt mit „Where Have You Been“, einer persönlichen Vocal-Nummer mit Tom Spirals, die nicht nur musikalisch, sondern auch emotional nachhallt. „Beyond Horizon“ setzt das Konzept fort und bringt 11 Stücke massiver Steppas-Vibes, mit starken Gastbeiträgen von Kol.EE aka King D, Amando Atodos und natürlich den Danubian Dub-Sängern FerdI und Dave. Der letzte Track „Poverty“ ist ein kraftvolles Statement gegen soziale Ungleichheit. Sehr schön! Soundtechnisch ist das Album herausragend. Die Produktionen sind druckvoll, bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und zeigen, dass Danubian Dub ihr Handwerk perfekt beherrschen. Es ist ein Album, das nicht nur auf großen Sound Systems funktioniert, sondern auch in einer ruhigen Umgebung seine Wirkung entfaltet. „Red Horizon“ und „Beyond Horizon“ sind zwar keine Alben, die Dub neu erfinden – aber sie sind eine beeindruckende Demonstration davon, was solide Produktion und Hingabe an das Genre bewirken können.

Bewertung: 3.5 von 5.

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Slimmah Sound: Dub Foundation

Mit „Dub Foundation“ (Slimmah Sounds) präsentiert Tim „Slimmah Sound“ Baumgarten ein neues, äußerst schönes Dub-Album. Der niederländische Drummer und Produzent, dessen Wurzeln im Roots- und Dub-Reggae verankert sind, beweist mit diesem Werk erneut seine handwerkliche Präzision und kreative Vision. Sein Stil, der live eingespielte Instrumente mit digitaler Produktion verbindet, klingt reifer denn je und trägt eine spürbare Tiefe in sich, die sich durch alle Tracks zieht. „Dub Foundation“ ist (einmal mehr) eine Hommage an die goldene Ära des Roots Reggae. Die schweren Basslines und die klar strukturierten Riddims erinnern an die Großmeister der 70er und 80er Jahre – Sly & Robbie, Yabby You oder Linval Thompson –, doch gleichzeitig bringt Slimmah Sound moderne Produktionsweisen ein, die seine Musik im aktuellen Sound System-Vibe verorten. Einflüsse von Zion Train, Vibronics und Alpha & Omega sind klar erkennbar. Jetzt wird es kompliziert: „Dub Foundation“ ist die Dub-Version von „INI Foundation“ – was allerdings ein Showcase-Album mit 12 Tracks ist. Fünf der sechs Dubs auf diesem Album, finden sich nun auf „Dub Foundation“ wieder. Klingt nach keinem gute Deal, allerdings erscheint mir der Sound auf dem „kleinen“ Album viel besser. Die Tracks auf „Dub Foundation“ entfalten sich langsam, lassen Raum für Echo, Hall und fein abgestimmte Dub-Arrangements. Besonders beeindruckend ist die rhythmische Struktur der Dubs, die immer spannend bleibt. Zudem ist der klassische Dub-Mix hervorragend gelungen – er erzeugt eine fast magische Wirkung. Besonders beeindruckend ist die Detailverliebtheit, mit der Tim Baumgarten klassische Dub-Techniken einsetzt, ohne in einen Retro-Habitus zu verfallen. Der Sound ist warm, tief und organisch, jedes Element hat seinen Platz und trägt zur Gesamtwirkung bei. Die Verschmelzung von Analog-Feeling mit digitaler Präzision ist zweifellos besonders gelungen. Allerdings ist das Album mit nur fünf Tracks recht kurz geraten. Wer mehr möchte, sollte zu „INI Foundation“ greifen, das neben den Dub-Versionen auch die Vocal-Interpretationen von Idren Natural enthält.

Bewertung: 4.5 von 5.
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The Wavestate Project: Dubocracy

Regelmäßig tauchen Dub-Alben scheinbar aus dem Nichts auf. „Dubocracy“ (Dave Meeker) von The Wavestate Project ist genau so ein Fall. Plötzlich ist es da – mit einem ansprechenden Cover, einem Titel, der zur aktuellen Weltlage passt, und neun Tracks, die sich spontan in meine Wahrnehmungssphäre gedrängt haben. Die Recherche zur Urheberschaft des Werkes fördert spärliche offiziellen Informationen zutage, laut derer das Album die Fusion von Reggae, Dub und Acid-Synthesizern erforscht, um eine neue Klanglandschaft zu erschaffen. Klingt nach einem generischen ChatGPT-Textchen. Also bleibt nichts anderes, als genau hinzuhören. Ein erster Verdacht drängt sich auf: Hat hier jemand sein neues Spielzeug ausprobiert? Immerhin gibt es von Korg einen Synthesizer mit dem Namen „Wavestate“. Und tatsächlich, der zweite Track klingt direkt so, als hätte The Wavestate Project einfach mal drauflosgespielt – dominante Synthie-Sounds, etwas holpriger Rhythm. Doch dann ändert sich das Bild schlagartig: Plötzlich sind da wunderbar produzierte Dub-Tracks, die alle Register des Genres ziehen. Entweder hat der Produzent eine steile Lernkurve hingelegt, oder hier ist doch ein erfahrener Dub-Nerd am Werk. Aber lassen wir die Spekulationen. Entscheidend ist, was hinten rauskommt – und das überzeugt. Die Reggae-Rhythmen sind tight produziert, der Sound ist satt und sauber, die Dub-Mixes spannend. Die Musik strahlt eine helle, beschwingte Grundstimmung aus, die sofort gute Laune verbreitet. Das prägende Element des Albums ist jedoch in der Tat zweifellos der Synthesizer. Doch keine Sorge – hier gibt es keine nervigen Flächen oder ausufernde elektronische Spielereien. Der Korg-Synth übernimmt vielmehr die Rolle des Lead-Instruments und fügt sich ganz bescheiden und harmonisch in das Gesamtbild ein. Er bleibt zwar immer als Synthesizer erkennbar, aber er stellt sich ganz in den Dienst markanter, schöner Melodien, die weit über das generische Gedudel hinausgehen, das man von manchem „echten“ Live-Leadinstrument im Dub kennt. Das Resultat: Dub-Songs, die fast zum Mitsummen einladen. „Dubocracy“ ist kein Album für Dub-Puristen, die ausschließlich nach klassischen Klängen suchen. Aber für alle, die Dub mit offenen Ohren genießen bietet es eine spannende und erfrischende Hörerfahrung. Ein Album, das gute Laune macht – und das ist ja schon viel Wert.

Bewertung: 4 von 5.

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Mr. Woodwicker: Under My Voodo

Es ist fast ein Fluch, über aktuellen Dub zu schreiben. Wie beneide ich all jene Musikjournalisten, die sich mit bekannten Hip-Hop- oder Pop-Artists befassen dürfen! Artists also, die ein umfangreiches Oeuvre vorweisen, zu denen es zahllose Interviews, Feuilleton-Artikel oder sogar handfeste Skandale gibt – kurz: über die es eine Menge zu erzählen gibt. Ich hingegen durchforste spärliche Bandcamp-Biografien oder stolpere über lieblos gepflegte Instagram-Accounts. Das Konzept „Website“ mit umfassender Discographie und detaillierter Künstlerbiografie? Offenbar ein Relikt vergangener Zeiten. Bleibt also nur die Musik. Doch seien wir ehrlich: So groß die experimentellen Freiräume im Dub auch sind, neunzig Prozent der Produktionen unterscheiden sich nur in Nuancen voneinander. Ich sitze dann vor meinem Mac und frage mich: Was kann ich noch über diese Musik schreiben, das ich nicht schon tausendmal gesagt habe? Und während ich grüble, schweifen meine Gedanken ab – in (selbst-)kritische Reflexionen wie diese hier, die letztlich auch nirgendwohin führen. Tragisch. Warum dieser Exkurs? Weil „Under My Voodoo“ (Mr. Woodwicker Records) von Mr. Woodwicker wieder so ein Fall ist. Bei Bandcamp erfahre ich nur „Udine, Italy“ und eine nichts sagende Randnotiz, dass seine Musik vom Dub der 1970er inspiriert sei. Welch bahnbrechende Erkenntnis! Viel mehr kann ich euch also nicht über diesen Künstler berichten – außer, dass sein Album „Under My Voodoo“ wirklich schöner Dub ist. Ja, er atmet den Geist der 70er, ist aber soundtechnisch auf modernem Niveau produziert. Handgemixte Dubs, satte Bässe, Riddims, die vertraut klingen – aber keine Remakes sind. Aber hey – am Ende ist der dubblog doch nichts anderes als eine kompetent kuratierte Dub-Ausstellung. Ihr habt den Albumtitel, also ab zu Spotify, Bandcamp oder wo auch immer ihr eure Musik hört. Viel Spaß dabei!

Bewertung: 4 von 5.
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Gary Clunk: Archives of Dub, Vol. 4

In schöner Regelmäßigkeit veröffentlicht Gary Clunk – der trotz seines Namens Franzose ist und in der Nähe von Bordeaux lebt und arbeitet – solide Steppers-Alben, deren Sound perfekt in die französische Dub-Szene passt. Jetzt legt er „Archives of Dub, Vol. 4“ (Culture Dub) vor. Das Album enthält zwölf Tracks aus seinem Archiv der Jahre 2015 bis 2023, die er hier in Dub-Fassungen präsentiert. Alle Stücke stammen unzweifelhaft aus dem Computer, wurden aber laut Clunks Aussage analog produziert – was den Sound für mich allerdings kein bisschen organischer macht. Wir hören fetten Steppers-Dub in jeweils zwei Cuts. Im Sound System macht das sicher viel Spaß, aber beim bewussten Zuhören klingen mir Sound und Arrangements etwas zu konventionell. Da in den letzten Monaten aber recht wenige gute neue Dub-Alben veröffentlicht wurden, will ich nicht meckern und freue mich über diese Dosis Clunk’schen Dubs.

Bewertung: 3.5 von 5.
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Good Over Evil: 12 Tribes

Oft höre ich neue Dub-Alben zum ersten mal während ich arbeite. Ich sitze dann vorzugsweise abends vor dem Computer, befinde mich in einem angenehmen Flow – weil ich endlich ungestört bin – schreibe, lese, konzipiere, bin konzentriert bei der Sache. Und ich gebe zu, dass so manches Dub-Album nahezu unbeachtet durchläuft. Ja ja, ich genieße dann die warme Atmosphäre der Musik, lasse mich tragen von den langsamen Beats, aber ich höre nicht wirklich hin. Bei „12 Tribes“ (Good Over Evil) von Good Over Evil war es etwas ganz anderes. Schon als die Bassline der ersten Tracks erklang, konnte ich nicht anders als aufhorchen. Seither ist es eines meiner aktuellen Lieblingsalben. Ich bin immer wieder erstaunt, dass es in dem stilistisch eher schmalen Rahmen zeitgenössischen Reggae-Dubs (also diesseits von Experimenten, Retro-Sound und Crossover-Spielereien) immer noch gelingen kann, Musik zu produzieren, die sich so deutlich vom Durchschnitt absetzt. Musik, die aus irgend einem rätselhaften Grund besser ist, als der Rest. „12 Tribes“ ist eines von diesen Alben. Die Effekte sind hier meisterhaft eingesetzt, der Sound ist druckvoll und klar. Jeder Track entfaltet eine eigene Atmosphäre, ohne den roten Faden zu verlieren. Es ist ein Album, das Dub in seiner reinsten Form zelebriert, aber mit einer Präzision und Intensität, die nicht oft erreicht wird. Hier scheint alles zu stimmen: Sound, Basslines, Komposition, Arrangement und Mix. Kraftvoll aber nicht brachial, magisch aber nicht düster, minimalistisch aber nicht langweilig, melodiös aber nicht kitschig. Hinter Good Over Evil stecken übrigens die beiden Spanier Jah Ivan und Dani Roots. Schon mit ihrem Album „Life Arkitect“ von 2023 haben die beiden bewiesen, dass sie ein feines Gespür für tiefgründigen, atmosphärischen Dub haben. Auch ihr späteres Projekt „Roots of One“ und die dazugehörige Dub-Version „Roots of Dub“ zeigten, dass hier zwei Produzenten am Werk sind, die nicht einfach nur Patterns aneinanderreihen, sondern Dub als künstlerischen Ausdruck begreifen. Am meisten Aufmerksamkeit bekamen sie zuletzt wohl für ihre Dub-Version von Aka Bekas Album „Living Testament“ – doch während dieses Projekt auf fremdem Material basierte, ist „12 Tribes“ ein reines Good Over Evil-Werk. Und es ist, ohne Frage, ihr bisher bestes.

Bewertung: 4.5 von 5.

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Ghost Dubs: Extended Damaged Versions

Das letztjährige Album „Damaged“ (Pressure) von Ghost Dubs (alias Michael Fiedler, alias Jah Schulz) stieß ja bereits gewagt tief in den Grenzbereich des Genres vor. Jetzt ist mit „Extended Damaged Versions“ die – äh – Dub Version von „Damaged“ erschienen. Dem Titel nach also wörtlich „ausgedehnte Versionen der Beschädigung“ – das verheißt nichts Gutes. Es gab ja schon zu „Damaged“ Stimmen, die Fiedler Musik als „Studio-Testsounds“ bezeichneten. Ich würde präzisieren, dass es insbesondere um einen Test der Membranschwingungstiefe von Subwoofer-Scoops ging. Aber im Ernst: Die Musik von Ghost Dub ist streng genommen eine Neuinterpretation jener Sounds von Basic Channel/Rhythm & Sound aus den frühen 2000er Jahren, die damals das Spannungsfeld zwischen Minimal Techno und Dub austesteten. Im Vergleich zu „Damaged“ bricht Mr. Ghost Dubs bei den „Damaged Versions“ das typische Shuffle-Muster des Originals auf, fordert die Hörgewohnheiten noch weiter heraus, dreht den Bass noch mehr rein und lässt die Musik dadurch noch abstrakter, noch dunkler, noch böser werden. Auch wenn wir glaubten, „Damaged“ geht an die Grenzen dessen, was Dub sein kann, so belehrt und Fiedler: Es geht noch weiter. „Exdended Damaged Versions“ ist eine Reise durch dystopische Klanglandschaften, ein Sounddesign-Labyrinth, das mehr mit experimenteller Elektronik als mit Roots-Ästhetik gemein hat. Und doch steckt tief unter den dicken Schichten aus Bass und Delay der treibende Beat von Reggae, dekonstruiert und in super Slow Motion, aber doch auch organisch und dynamisch. Tracks wie „Dub Regulator“ brechen mit roher Wucht aus den Boxen, ein massiver, technoider Groove, der sich hypnotisch voran wälzt. „Chemical Version“ hingegen ist ein Strudel aus Delay-Spiralen, eine klangliche Täuschung, die in ihrer Tiefenstruktur an die besten Werke des deutschen Techno-Pioniers Porter Ricks erinnert. „Thin Dub“ ist ein weiteres Highlight, eine klangliche Verdichtung aus Hall, Echo und minimalistischer Percussion, die sich im Nichts aufzulösen scheint und doch alles andere als substanzlos wirkt. Die Essenz dieses Albums liegt in der völligen Hingabe an das Mischpult als Instrument, an das Prinzip der klanglichen Dekonstruktion. Fiedler zerstückelt seine eigenen Tracks, transformiert sie in neue Gebilde, die fragmentarisch, aber keineswegs unzusammenhängend wirken. Besonders das abschließende „Lobotomy Version“ zeigt, dass hier nicht einfach nur Dub produziert wurde, sondern eine Art sonisches Ritual stattgefunden hat – ein hypnotischer, ambienter Abstieg in die tiefsten Regionen der Bass-Abgründe.

Bewertung: 4.5 von 5.

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Danny T & Tradesman: Wicked City

Ich muss gestehen, Danny T und Tradesman hatte ich schon fast vergessen. Das Produktionsduo aus Leeds, spezialisiert auf Dancehall und UK-Steppers, ist nämlich nicht gerade für seine Produktivität bekannt. Ein Blick in seine Diskographie zeigt: Ein Album von 2017 und ein Remix von 2019, das war’s bisher. Aber jetzt, nach satten sieben Jahren, melden es sich zurück mit einem neuen Werk: „Wicked City“ (Moonshine Recordings). Das Album enthält zwar nur sechs Tracks (also weniger als einen pro Jahr), aber wie sagt man so schön? Was lange währt, wird endlich gut. Die Tracks sind digitale Produktionen, ganz klar mit dem Fokus auf Sound System Sessions produziert. Also Dubs, die ordentlich Härte mitbringen und keinen Hehl daraus machen, dass sie digitalen Ursprungs sind. Was mir besonders auffällt, sind die erstaunlich fantasievollen Arrangements. Schöne Drumpatterns und Percussions, brutale, elektronisch verzerrte Basslines und viele kleine Melodien, die sich geschickt einfügen. Klar, eigentlich das übliche Zeugs, könnte man sagen. Aber hier ist es so umgesetzt, dass man es auch bewusst anhören und gemütlich zuhause auf dem Sofa genießen kann. I like it.

Bewertung: 3.5 von 5.
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Five Star Review

Hornsman Coyote Meets House of Riddim: Madman Slide

Was für ein schönes Album: Hornsman Coyote Meets House of Riddim, „Madman Slide“ (House of Riddim)! Eines der beeindruckendsten Werke, die ich in den letzten Wochen gehört habe. Die Rhythms sind satt, dynamisch, voller Wärme und Emotion – und dazu dieses beeindruckende Lead-Instrument: die Posaune. Sie klingt einfach majestätisch. Wahrscheinlich liegt es an ihrer dunklen Klangfarbe und dem relativ hohen Tieftonanteil im Vergleich zur Trompete, dass sie so warm, entspannt und souverän klingt – genau das, was perfekt zu Dub passt. Kein Wunder, dass auch die Band Message jüngst die Posaune als Lead-Instrument einsetzte. Hornsman Coyote zeigt uns, wie vielseitig das Instrument sein kann: mal sanft und groovend, mal energetisch und treibend. Manchmal umschmeichelt sie den Rhythmus, manchmal klingt sie wie die Posaunen von Jericho. Sieben Tage lang Posaunenspiel lässt die stärksten Mauern einstürzen – so behauptet es die Bibel. Hornsman spielt die Posaune 11 Tracks lang, was sich auf 43 Minuten addiert, bei der richtigen Lautstärke aber auch Wände wackeln lässt. Wichtig: Wer bei „Instrumentalalbum“ und „Posaune“ an Dean Frasers Saxophon-Exkursionen denkt, braucht hier keine Angst zu haben. Anders als bei Fraser, wo das Saxophon oft etwas isoliert über den Rhythms schwebt, interagiert Hornsmans Posaunenspiel harmonisch mit den Backings, ist darin geradezu eingebettet und verbindet sich organisch mit den Rhythms, ohne je aufdringlich zu wirken. Dazu wendet Hornsman einen cleveren Trick an: Er spielt die Posaune häufig auf zwei Spuren, die im Mix übereinander gelegt werden, was das Instrument weicher und sanfter klingen und es noch stärker mit den Rhythms verschmelzen lässt. Aber all das wäre nur halb so beeindruckend ohne die grandiosen Backings von House of Riddim. Diese österreichische Band gehört wirklich zu den Besten – ihre Produktionen sind handwerklich meisterhaft und zeigen, wie gut Reggae und Dub klingen kann.

Bewertung: 5 von 5.
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Charts Review

Dubblog Jahres-Charts 2024

Es ist wieder so weit: Wir servieren euch unsere Dub-Top 5 des zu Ende gehenden Jahres. Wie ihr seht, zählt bei uns Diversity. Wie sollte es bei einem so facettenreichem Genre auch anders sein? Wir sind auf eure Kommentare gespannt.

Top 5 von René

Message: Showcase II

Großartige, live eingespielte Intrumentals, zusätzlich mit Dub-Versionen. Was will man mehr?

Pinnacle Sound: In Dub Vol. 1

Kein Remake sondern ein Newmake mit den fantastischen Stilmitteln der Vergangenheit – und ein großartiges Dub-Album.

Philipp Greter: Greter than Dub

»Greter« meint hier wohl »über Dub hinaus«, denn genau das liefert dieser faszinierende Stilmix, der zeigt, was Dub alles sein kann.

Dreadsquad: Reggae From the Desert

Dreadsquad is back – und so ganz anders, als erwartet. Erwachsen geworden! Schöne, inspirierte Instrumentals, superb ausgeführt und mit perfekten Sound.

Message: Showcase I

Überragendes Album. Unter der Regie von Roberto Sánchez eingespielte Instrumentals und Dubs. Selten so viel Spielfreude gehört.

Top 5 von Ras Vorbei

Christos DC: Kung Fu Action Theatre

Kein überbordendes Dub-Feuerwerk, sondern ein exzellenter meditativer Klangteppich mit ruhig mäandernden Riddims ohne viel Schnickschnack.

Horace Andy: Showcase (Deluxe Edition)

Ein lange verschollenes Album erlebt seine Renaissance.

Roots Architects: From Then ‚Til Now

Ein wunderbares musikalisches Vermächtnis.

Keith Hudson: Playing It Cool & Playing It Right (Re-Release)

Ein ganz eigener Sound, den nicht nur ich hypnotisierend finde.

Mick Dick: A Dub Supreme

Eine vierteilige kulturübergreifende Reise, bei der sich Reggae-, Jazz-, Dub- und Trip-Hop-Grooves zu einer kinematischen Palette verbinden.

Top 5 von gtk

Adubta & Roots Organisation: A Tale Of Dubbing Horns

Platz 1 geht diesmal nach… Bayern! Adubta verwandelt ein eher jazzig gehaltenes Album der Grazer Roots Organisation in ein basslastiges Monster mit Mörder-Dynamik. Schmäh-ohne!

Ras Teo: Ion Man in Dub

Ras Teo, Zion I Kings und Lone Ark machen gemeinsam Musik – das konnte wenig überraschend nur gut gehen, sowohl in der Vocal- als auch in der Dub-Version. Das gilt für Teil 1 der Aufnahmesession…

Ras Teo: Up Fi Jah in Dub

… als auch für Teil 2. Bei beiden Alben treffen die Melodien von Ras Teo auf die musikalischen und produktionstechnischen Qualitäten von Roberto Sanchez, David Goldfine und Laurent Alfred, die sich hier wunderbar ergänzen.

Hornsman Coyote Meets House of Riddim: Madman Slide

Wer’s eher knackig-rockig mag, kommt an Sam Gilly’s House of Riddim nicht vorbei – das gilt auch für diese Kollaboration mit Posaunisten Hornsman Coyote. Da wird auch nicht mit Effekten gegeizt!

Prince Fatty: Dub Battle For Seattle

Da hat uns Prince Fatty tatsächlich 13 Jahre auf die Dub-Version von Little Roy’s ebenso feinem wie kuriosem „Battle for Seattle“-Album warten lassen. Wie konnte er nur!

Top 5 von Philipp K

Emanuel & The Bionites: Nations Shall Know

Dieses Werk dreht am meisten Runden auf meinem Teller. Gross! Seit der Veröffentlichung „Zipporah“ (2020) bin ich dem Sound und der Magie von Emanuel & The Bionites verfallen. Kaum zu glauben, dass diese Musik Made in France ist.

Spiritual Food: Hooligan / Point Finger Pon

Wie bereits in der Rezension nachzulesen, begeistern mich diese beiden Riddims und ihre Versions sehr. Reggae und Dub vom Feinsten, Seelennahrung pur.

Dennis Bovell: Sufferer Sounds

Eine Compilation, die das beste und ausgesuchte Versionen und Mixes vom Blackbeard aus den Jahren 1976 – 1980 versammelt und das Sufferer Sound System nochmals hochleben lässt. Relevant.

Dub Shepherds: Tape Me Out Vol. 5

Mein Dub-Jahr 2024 geht eindeutig an Frankreich. Das Label BAT Records und die Dub Shepherds stehen für unglaublich gute und hochstehende Reggae- und Dub-Produktionen, die mich in den meisten Fällen vollumfänglich überzeugen.

Dreadsquad: Reggae From The Desert

‚Welche Wüste?‘, frage ich mich gerade. Ist eventuell die Dub- und Reggae-Wüste Polen gemeint? Keine Ahnung und egal, denn dieses instrumentale Album ist Reggae-Dub-Ethio-Jazz vom Feinsten. Orgel, Saxophon, Flöte, Melodica (gehört einfach dazu) und gutes Arrangement stechen für mich heraus…