Wieder hat er zugeschlagen: Reggae-Boss-Selector David Rodigan! In letzter Zeit gibt er sich des öfteren die Ehre, seine Selections auf CD zu pressen. Nach „Real Authentic Reggae Vol. 1 & 2“, widmet er sein drittes Release auf dem BBE-Label, „David Rodigan‘s Dubwize Shower“ (BBE), ausschließlich, allein und ganz & gar dem, was uns das Liebste ist: dem Dub. Wenn der Reggae-Papst in seine Plattenbox greift, dann ist die Erwartungshaltung natürlich hoch – in meinem Falle ist sie stets so hoch, dass die Kompilation, wenn sie schließlich vorliegt, sie nie wirklich erfüllen kann. Rodigans Aufgabe ist ja auch schier unlösbar: Wie soll er aus den zehn-, wenn nicht gar hunderttausenden von Dub-Tracks, die seit der Erfindung des Genres entstanden sind, die zwanzig besten, bedeutendsten, schönsten und interessantesten aussuchen (die dann von den Rechteinhabern auch noch freigegeben werden müssen)? Sei es Überzeugung, pädagogische Ambition oder schlicht der Versuch, die Aufgabe pragmatisch anzugehen: Rodigan beschränkte sich bei seiner Auswahl auf klassischen, jamaikanischen Dub vor 1985 (von zwei Ausnahmen abgesehen). Zweifellos eine nachvollziehbare Entscheidung, denn hier liegen die Wurzeln des Genres und in dieser Zeit sind fantastische Dub-Werke entstanden – und nicht zuletzt wurden viele von uns Dubheads tatsächlich mit den Werken King Tubbys, Errol Thompsons, Augustus Pablos, Sylvian Morris u. a. sozialisiert. Aber genau hier liegt nach meiner Einschätzung auch das Problem: So wichtig und (meinetwegen) genial die in der Dubshower versammelten Produktionen auch sind – ich kenne sie in- und auswendig. Labels, die sich der Reggae-Historie verschrieben haben wie Pressure Sounds, Blood & Fire, Trojan etc., haben sie schon hunderte Male wiederveröffentlicht. Rodigan hat sich nämlich nicht den raren, ungehobenen, spannenden Dub-Schätzen zugewandt, sondern hat die großen Tunes des Genres zusammengetragen. Zweifellos das richtige Mittel, um den Dubstep-Kids die Augen zu öffnen, für uns Dub-Maniacs jedoch, die wir diese kleingedruckte Kolumne am Ende der Riddim lesen, sicherlich eher eine Schlafpille. Noch ein Wort zu den oben erwähnten Ausnahmen: Bei der ersten handelt es sich um zwei Tracks von Alborosies Album „Dub Clash“, das wir hier vor ein paar Monaten als Dub-Release der Ausgabe abgefeiert haben. Albos Rub-a-Dubs fügen sich nahtlos ins historische Material dieser Kompilation ein. Die andere Ausnahme ist eine „Joker Smoker“-Neuinterpretation vom UK-Producer und Necessarymayhem-Label-Owner Da Grynch. Hier ist überdeutlich zu hören, wie sehr sich die Welt des Dub-Sounds (obwohl „Joker Smoker“ purer Rub-a-Dub ist) seit dem Exodus des Dub aus Jamaika verändert hat. „Rodigan‘s Dubwize Shower“ ist ein wunderschönes Museum, ein klassisches Konzert, Traditionspflege. Es ist nicht der Vorstoß in unerhört Ungehörtes – wofür wir Dub eigentlich so sehr lieben.