Die Serie begann während der Corona-Zeit: „Tape Me Out #1“ wurde vor drei Jahren als YouTube-Video veröffentlicht. Zu sehen ist nicht viel. Die beiden Freunde Dr Charty und Jolly Joseph (= The Dub Shepherds) sitzen am Mischpult und mischen 50 Minuten lang live Dubs mit Material ihres Labels Bat Records. #2 und #3 erscheinen in schneller Folge. Dann passierte lange nichts, bis Anfang dieses Jahres #4 erschien, parallel zu ihrem Album „Night and Day“. Bis dahin stand „Tape Me Out“ für reine Videoproduktionen – was den Namen erklärt. Im Juli erschien nun „Tape Me Out #5“ als Video UND als reguläres Dub-Album. Die Mixe auf dem Album entsprechen exakt denen des Videos. Das gesamte Dub-Album wurde in einem Take gemixt – ein Prozess, den man im Video quasi live mitverfolgen kann. Ein wirklich schönes und einzigartiges Konzept, das nicht zuletzt auch von der Meisterschaft der beiden Musiker zeugt, 11 Dub-Tracks hintereinander fehlerfrei zu mixen. Während sie in den ersten Folgen der Serie noch recht entspannt am Mischpult sitzen, ist ihnen bei #5 die Konzentration und Anspannung anzumerken. 45 Minuten Dub-Mixing am Stück ist echte Schwerstarbeit.
Obwohl in diesen typischen Dub-Mixing-Videos nicht viel zu sehen ist, ziehen sie mich immer wieder in ihren Bann. So auch hier. Seltsamerweise ist es faszinierend zu sehen, wie die Musik am Mischpult entsteht. Ich finde es manchmal sogar spannender, als einem Musiker oder einer Musikerin beim Spielen eines Instruments zuzusehen. Das liegt vielleicht daran, dass eine Person am Mischpult alle Instrumente steuert und nicht nur eines. Zu sehen, wie ein Dreh an einem Knopf oder das Bewegen eines Schiebereglers den Sound verändert, Effekte auslöst oder Instrumente an- oder abschaltet – wie Musik also „gestaltet“ und gesteuert wird, ist für Dub-Nerds wie mich wirklich spannend. Allerdings höchstens so spannend, wie die Musik gut ist. Und daran gibt es bei den beiden Franzosen keinen Zweifel. Ihre eigenen Produktionen und die anderer Künstler auf ihrem Bat-Label (z.B. Pinnacle Sound) gehören zum Besten, was der europäische Reggae zu bieten hat. Wie so viele von uns Europäern lieben sie den Reggae-Sound der 70er und 80er Jahre, dem sie mit allen Veröffentlichungen ihres Labels huldigen. Natürlich wird alles analog aufgenommen, analog abgemischt und analog auf Magnetband gespeichert. Nicht selten zitieren sie historische Riddims, arbeiten mit Deejays und Sängern der goldenen Ära und mixen ihre Dubs natürlich im Stil der alten jamaikanischen Meister. Doch ähnlich wie beispielsweise Prince Fatty und andere Retro-Fetischisten in good old Europe spielen sie nicht einfach Klassiker nach, sondern liefern eine frische und originelle Interpretation dieser Musik und ihres Sounds. Und so ist auch Tape Me Out #5 kein Remake, sondern ein absolutes Newmake mit den fantastischen Stilmitteln der Vergangenheit – und ein großartiges Dub-Album.
2 Antworten auf „Dub Shepherds: Tape Me Out #5“
Yeah Mann !!! ….
Wenn wir immer genau die selbe Meinung hätten, wäre es ja auch langweilig. Aber ich freue mich wie ein kleines Kind, wenn mir jemand mal wieder so aus der Seele spricht wie du René, bei diesem Album. Und ich kann nur sagen, ich hatte vom ersten bis zum letzten Satz in deiner Rezension eine Gänsehaut. Beim schauen des Videos, wäre meine Haut dann fast schon aufgeplatzt, weil es mich mindestens ebenso begeistert wie dich, da zuzuschauen. Allein dieses Mischpult erzeugt bei mir eine Art „Größenwahn“, obwohl es leider gar nicht mir gehört. Was für ein Spaß !!! Herrlich !!!
Ja; und wie du ja auch schreibst, wird das überwältigende Gefühl ja noch auf die Spitze getrieben, wenn sich das Gehörte auch noch so fantastisch anhört und anfühlt, wie zum Beispiel bei den DubShepherds. Manchmal ist Musik und speziell in unserem Fall DubMusik auch keine Frage des Geschmacks mehr, sondern es ist halt einfach SPITZE und basta ! Daher bin ich auch vom ersten Ton an ein Fan von den DubShepherds. Konnte mir nur leider bisher noch keine Scheibe von ihnen kaufen, da der Vertrieb wohl wieder teuerer ist als der mögliche Entschädigungsaufwand. Von Gewinn wage ich nicht zu sprechen.
Bei der ganzen Schwärmerei fällt es mir auch ein wenig schwer, jetzt doch noch einen kleinen Dämpfer einzubauen aber es passt halt einfach zu gut, hier nochmal meine Begeisterung für einen gewissen
Adrian Sherwood zu erklären. Das was die beiden da zusammen machen ist wirklich klasse aber Adrian macht das ganz alleine und seine Arme haben dabei die Spannweite eines AndenKondors.
Ok, jetzt sag mir aber nicht, die Rezension und das Video, sowie die Protagonisten, is alles nur KI. Dann müsste ich wohl auch meinen ganzen Körper mit Spiegeln ausstatten, um mein ganzes Dasein mal ganz neu zu reflektieren.
Jedenfalls ist es mir völlig schleierhaft, wie es DubProduzenten schaffen, sich bei den spontanen und analogen Möglichkeiten eines so gigantischen Mischpults, mit einfachem „Mausgeschiebe“ selbst abzuspeisen. Das stelle ich mir sehr langweilig und zäh vor.
Und wenn ich dann noch sehe, mit was für einem mickrigen „Nintendo-
mischpult“ der Sohn von Alpha und Omega rumspielt, brauche ich wohl nicht weiter zu erklären, warum der mich größtenteils gar nicht wirklich berührt.
DubMusic rules ! …………………… lemmi
Schönes Review das mich angefixt hat, mir das mal anzuhören (#5). Danke. Schließe mich Lemmi an!