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Lone Ark Riddim Force: Balance Dub

Jamaika, die goldene Ära des Reggaes, ca. 1977 bis 1982. Unzählige Klassiker sind während dieser Zeitspanne entstanden; die Welt hat vorwiegend dank der großen europäischen Labels und deren glattbügelnder studiotechnischen Übersetzungsarbeit endlich die moderne Musik der Insel im größtmöglichen Ausmaß wahrgenommen. Dafür steht ein auch heute noch einzigartiger Sound, der abseits der Marley-Klänge vorwiegend von den Revolutionaries und den Roots Radics geprägt wurde.

Dass dieser Sound oder vielmehr diese Soundtechnik keineswegs unwiederbringlich verloren gegangen ist und Enthusiasten heute gar nicht mehr so wehmütig auf diese Zeit zurückblicken müssen – dafür sorgen Acts und Produzenten wie Pachyman, Pura Vida, Prince Fatty, Rootz Lions und wie sie alle heißen mögen. Sie jagen ziemlich erfolgreich dem Ideal nach und liefern heute annähernd den Soundtrack von damals. Einer aber hat die die Kunst des mittlerweile gut und gern 40 Jahre alten original Rockers- und Steppers-Sound gemeistert: Roberto Sanchez mit seiner Lone Ark Riddim Force – nachzuhören auf dem eben erschienenen Album „Dub Balance“ (A-Lone Productions), dem Dub-Counterpart zu Ras Tweed’s „Balance“-Release.

Keine Frage, Roberto Sanchez hat hier wieder ein sehr schönes Werk abgeliefert – da passt fast alles, das ist eine nahezu perfekte Zeitreise in die 1970er und 80er, das könnte locker aus dem Katalog von Virgin Records stammen. Für vier Titel wurden originäre Drum-Tracks von Style Scott verwendet – dass das überhaupt nicht auffällt, ist Qualitätskriterium: So perfekt imitiert Sanchez Arrangements, Studiotechnik und Ambiente der Ära – und das mit größtmöglichem Respekt, wie ich meine.

Die Übung ist also mehr als gelungen und macht dem Rezensenten durchwegs Freude. Zugleich drängt sich jedoch eine Frage auf: Quo vadis, Roberto? Dass der gute Mann verblüffend ähnliche Nachbauten (Kopien?) von Reggae-Meilensteinen abliefern kann, wissen wir seit geraumer Zeit, sprich etlichen seiner Produktionen. Ich feiere, dass ich quasi neue „historische“ Musik ohne die klangtechnischen Limitierungen von damals hören kann – erwarte mir mittlerweile dennoch etwas mehr. Soll heißen: Ein paar Runden in der Zeitschleife sind fein – insbesondere, wenn die Reproduktionen den Originalen gefühlt in nichts nachstehen. Irgendwann darf es dann aber schon ein wenig kreativer werden.

Bewertung: 4.5 von 5.

9 Antworten auf „Lone Ark Riddim Force: Balance Dub“

Roberto Sanchez !

Der Mann scheint sehr viel „Corona-Frust“ zu schieben. Oder er ist eben einfach nur sehr fleißig. Wahrscheinlich ist es beides. Seit es Cd´s gibt und die Informationen für mich nur noch mit einem Mikroskop lesbar sind, verzichte ich sehr oft auf das Kleingedruckte. HintergrundInformationen sind mir erst durch eure wunderbaren Rezensionen hier, wieder deutlich in den Fokus gerückt worden. Und so war mir gar nicht richtig klar, das ich schon so „viele“ Scheiben habe, für die Roberto Sanchez ebenfalls maßgeblich mitverantwortlich ist. Erst am vergangenen Wochenende lief bei mir wieder die „Glory To The King“ von Willie Williams. Ich dachte mir, was für schöne knackige Riddims, drehe das Cover um und siehe da, Roberto Sanchez at the Controls. Leider sind nahezu alle DubVersions mit viel zu viel Melodica regelrecht „kontaminiert“. Das zu meinem „Vorwissen“.
Dieser – aus meiner Sicht – eklatante Fehler wurde hier bei „Balance Dub“ schon mal nicht gemacht. Auch hier wieder sehr knackige Riddims – obwohl sie mir größtenteils auch sehr bekannt vorkommen. Kein Wunder, denn sie stammen ja aus der glorreichsten Zeit von Reggae-Mystic-Music. Insgesamt höre ich auch immer mal wieder gern einen Dub von Roberto Sanchez aber ich bin auch immer wieder froh, das Dub so vielseitig ist und es DubBands und Projekte gibt, die vor Fantasie nur so strotzen. Nehmen wir nur mal Dub Spencer And Trance Hill. Deren Alben spielen, für mich, ganze KinoBlockBuster regelrecht an die Wand und geizen durch den Regisseur Umberto Echo auch nicht im geringsten mit Special Effects. Dagegen war Matrix ein „Kindergeburtstag“.
Ich habe hier auch die vier Dubs mit Style Scott sofort erkannt. Ich habe schließlich „das absolute Gehör“ !!! ………………. Halt Stopp ! Fake News ! Gelogen wird hier nicht lemmi !
Ja, ich gebs ja zu. Steht ja bei BandCamp mit in den Liner Notes ;-)
Zunächst habe ich mir aber einen kleinen „Sport“ draus gemacht und ich fing auch ganz gut an. Und so habe ich beim „Bide Up Dub“ nicht nur Style Scott herausgehört, sondern auch
The Magnificent Noel „Skully“ Simms. Damit war ich auf nem echt guten Weg. Aber schon beim zweiten Versuch lag ich daneben. Das Drumming im „Balagaan Dub“ hätte für mich auch von Sly Dunbar sein können. Dafür bin ich nicht genug Experte, um die Drumstiele so genau zu unterscheiden. Bei anderen Dubs hätte ich gedacht, das ist auch Style Scott aber da war er es dann gar nicht und so habe ich diese sportliche Disziplin wieder fallen gelassen.
Ok, also bei der großen Auswahl, die DubMusic bietet, höre ich auch immer wieder gern einen Dub von Roberto Sanchez. Aber mir geht es genauso wie Dir gtkriz. Ich empfinde durchaus Freude und darüber hinaus auch jede Menge „Upliftment“ bei den Dubs von Roberto Sanchez aber wenn man ehrlich ist, war das quasi genau so, schon vor mittlerweile 40 Jahren zu haben. Und als jemand der bisher gar nicht so ein großer Fan von den Dubs der Revolutionaries war, habe ich in letzter Zeit viele Dubs von Errol Brown aus der glorreichen Zeit gehört und ich muss gestehen, das ich meine Meinung über die Dubs der Revolutionaries um 180 Grad drehen musste. Errol Brown hat da eine ganze Menge Dubs produziert, die – für meinen Geschmack – mehr Fantasie und Experimetierfreude bieten. Ich habe manchmal den Eindruck, das Roberto Sanchez blos ja keinen Effekt mehr benutzen möchte, als es King Tubby aus technischen Gründen möglich gewesen ist. Auch ich wünsche mir da gelegentlich eine gehörige Portion mehr Kreativität und Experimentierfreude von Roberto Sanchez. Aber um der Vielfalt von Dub weiterhin gerecht zu werden, kann es meinetwegen auch so bleiben. Denn manchmal mag man es – bzw. mag ich es – ja auch einfach nur kurz und trocken. Wobei Dub für mich niemals „trocken“ ist, da er immer voller triefender, fettiger Energie ist und in der richtigen Location von den Wänden nicht mehr absorbiert werden kann, so das er genau dort fette Tropfen bildet, die man wie Kautschuk ernten kann, um dann für jeden Menschen auf diesem Planeten ein paar geile „Rub-A-Dub-Shoes“ zu bauen.
Für mich ist Roberto Sanchez gar nicht so der maßgebliche DubProduzent. Ich habe ihn vor allem für seine excellenten RootsProduktionen schätzen gelernt. Und er soll bloß immer schön weitermachen, denn sein Konzept, einen RootsTune „niemals“ ohne Dub stehen zu lassen finde ich mehr als nur lobenswert. Sowas ergibt bei mir immer eine Punktlandung.

So long …………………… lemmi

Liebe gtkriz und lemmi… generell kann ich mich euch da vollumfänglich anschliessen und finde grossen Gefallen an Roberto Sanchez Werk, mit einem gewissen ABER eben. Nichtsdestotrotz ist es zwar müssig das nochmals zu wiederholen, doch ist es diese traditionelle Verbissenheit, die ich beim Hören immer wieder gerne etwas kreativ und innovativ aufgemischt hätte (ach und lemmi, wie gerne würd ich wieder mal an ein Konzert der Dub Spencers…)… aber was soll‘, ich schwärme momentan für Roots Reggae und Dub wie nie (es wird einfach nicht langweilig, obwohl das mein Sohnemann immer mal wieder mockiert) und entdecke gerade auch viele exzeptionelle Singles und 12″ und bin immer wieder von neuem überrascht, wie gut mir und meiner Psyche Dubmusik generell tut…
sie erdet mich, sie entspannt mich, sie lässt mich in psychedelische Sphären abdriften, sie gibt mir Halt, sie gibt mir Geborgenheit, sie produziert in meinem Kopf Unmengen von eigenen Melodien und ist somit selbst beim Hören äusserst kreativ und anregend für mein altes Rechenzentrum, kurz sie ist mein Lebenselexier, meine Mystik und meine Religion… so genug des Lobgesangs und des Geschreibes… entweder man fühlt es oder nicht…
Dann tauche ich mal wieder ab in die Basslines…
greetz….

High Philipp !

Schön auch wieder was von Dir zu lesen. Dein Lobgesang auf Roots und Dub lässt mein Herz hüpfen. Das Du 7 inches und 12 inches auch zulegst finde ich sehr interressant. Ich bin da irgendwie gar nicht so dabei aber ich fand es auch immer sehr prickelnd, wenn ein SoundDJ solche Spezialitäten aufgelegt hat. Meistens gehört man da zu einem ganz exclusiven Kreis, denn es gibt ja immer nur ein paar Exemplare, die dann nur sehr wenige Menschen besitzen. Außerdem ist gerade bei einer 12 inch alles komplett mit drauf. RootsVersion und DubVersion eben. Sone 12inch ist immer ne richtig feine abgerundete Sache. Aber ich komm da wohl nicht mehr hin, denn dazu muss ich eine Disziplin erlernen, die mir immer noch große Propleme bereitet. Online – Shopping !
Ich komme von meiner „Prägung“ ( Plattenladen im Zentrum der Stadt ) einfach nicht weg.
Aber eine ganz kleine – nicht ganz ernst gemeinte Kritik – habe ich an deinem Kommnentar.
Warum „musstest“ du gtkriz und mich jetzt „unbedingt“ „gendern“ ? …. ;-)

Is ok, ich mach nur Spaß …………………. lemmi

Liebe lemmi und Philip+K,
(@lemmi: gendern tut nicht weh, aber in diesem Fall meinte Philip vermutlich die Mehrzahl)

ich mag was Roberto Sanchez da mit seinen Reproduktionen macht… wie gesagt, die heutige, bessere Klangqualität macht’s aus. Gleichzeitig erinnert er mich an einen Maler, der berühmte Gemälde nachmalt… oder Bilder im Stil berühmter Maler anfertigt. Auch da würde ich mich irgendwann mal fragen, ob der Maler auch was komplett Eigenständiges d’rauf hat… so mit eigener kreativer Idee und ebensolchen Techniken. Ich find’s ja prinzipiell toll wie sich Sanchez ein Markenzeichen King Tubbys – das rollende Snare-Echo – erarbeitet hat und perfekt platziert anwendet. Das tut er auch auf Balance Dub, aber so oft dass mir selbst dieser geniale Effekt zu den Ohren raushängt… schlichtweg zu viel des Guten. Und unter uns: Den Basslines sind auch ein wenig steif, da fehlt mir der Flow. Aber sonst: Feines Album das ich noch oft hören werde, keine Frage – Cultural Appropriation hin, Cultural Appropriation her.

@lemmi: Gratulation, ich hätte Style Scott nicht herausgehört. Skully Sims wär für mich da schon einfacher auszumachen gewesen, hab’s aber erst nach Deinem Hinweis überrissen.

@ Philip+K: Dein Lobgesang auf Roots-Dub ist fast schon atemberaubend schön – auch, weil ich jedes einzelne Wort zu 100% unterschreiben würde und es selbst nicht so treffend ausdrücken könnte. Chapeau!

Stimmt gtkriz !

Das mit der Mehrzahl kam mir auch kurz nach dem Absenden in den Sinn. Aber da war es schon zu spät.
Es klingt für mich zwar trotzdem komisch aber da liegt definitiv kein Fehler vor.
Naja, so richtig habe ich Style Scott ja leider auch nicht immer erkannt. Aber mit deiner Steilvorlage ( 4 x Drums von Style Scott ) war ich natürlich sensibilisiert. Ich habe diesen DrumTakt im „Bide Up Dub“ schon sehr oft mit irgendwelchen Stöckern – die ich auf meine Oberschenkel „gepeitscht“ habe – nach-bzw. mitgespielt und mich dabei gefühlt, als wäre ich der Drummer von den Roots Radics ;-)
Das ist echt ein tolles Phänomen, wenn man den DrumTakt während des MusikHörens mitspielt. Das intensiviert das MusikHörErlebnis nochmal zusätzlich.
Ich kann – wie schon oft erwähnt – eigentlich gar kein Instrument spielen und auch das mit den Drums habe ich nicht drauf aber diesen Takt hier https://www.youtube.com/watch?v=9iqmSstO0Xo habe ich ebenfalls so oft im Reggae wahrgenommen, das ich den auch inzwischen stundenlang durchhalten könnte, wenn dabei nur nicht die Oberschenkel so „brennen“ würden. Ich finde diese Rhythmen sehr sehr einfach ( vielleicht auch nur, weil ich sie sofort nach-bzw. mitspielen konnte ) aber mit der passenden BassLine wird es magisch. Wie heißt es so schön, „Genial ist immer auch einfach“ ….. oder so ähnlich.

„Drumming Is A Language“ ……………………. lemmi

Yeah Mann !

Da war ich aber noch ein bischen jünger …… ;-)

Das Video habe ich hier auch in meiner Favoritenliste !

Ein Hammerteil finde ich. Super Sound und einfach richtig geil für Fans von
High Grade Reggae.
Ich kann natürlich nur den Grundtakt halten. Mit den Improvisationen komme ich dann bei weitem nicht mehr so gut klar.

Ich möchte wirklich niemandem zu nahe treten (vor allem nicht mir selbst) aber von mir aus könnte das Dub Syndicate mit diesem Drummer Freddy Poncin gerne nochmal wieder kommen. Auch wenn ich bei LiveKonzerten das angenehm verzerrte Gesicht von Style Scott – welches er immer bekam, weil er den Groove selbst so geil fand, das es ihm angenehme „Schmerzen“ bereitet hat – vermissen werde. Auch dabei fühlte ich mich fast genauso wie er sich gefühlt haben muss.

Boah Ey ! Reggae is aber auch geil ………………………… lemmi

Alles klar Phillip !

Manchmal sollte ich halt erst mal richtig wach sein, bevor ich „unter die Leute“ gehe.
Somit war mein Joke“versuch“ ne Niete ;-(

Ich versuchs weiter ;-) …… bis denne …………. lemmi

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