Da schreibe ich unentwegt, dass Dub mehr sei als ein Style, mehr als ein Genre, nämlich eine Methode, eine Produktionsform, ein musikalischer Prozess – bin aber bisher den idealen Beweis für diese Behauptung stets schuldig geblieben. Doch nun hat ihn mir mein zur Zeit liebster Dub-Producer, Prince Fatty, ohne viel Tamtam, ganz unprätentiös, in den Briefkasten gelegt: Prince Fatty Meets Nostalgia 77: In the Kingdom of Dub (Tru Thoughts). Der Mischpult-Magier aus Brighton hat hier nicht – wie es eigentlich zu erwarten war – seine eigenen (genialen) Retro-Reggae-Produktionen gedubbt, sondern – welch Schock – die Jazz-Tunes seines Kumpels Benedic Lamdin und dessen Projekt-Combo Nostalgia 77. Richtig gelesen: In the Kingdom of Dub ist ein Jazz-Album. Reggae-Beats sucht man hier vergeblich (obwohl im ersten Track unverkennbar Dennis Browns Westbound Train-Thema anklingt und im zweiten Track Dennis Alcapone ein paar Toasts beisteuert). Statt dessen gibt es modernen, zugänglichen, ja sogar richtig schönen Jazz, Es gibt es eigentlich keinen Hinderungsgrund, sich ganz tapfer und aufgeschlossen mal auf dieses Album einzulassen. Doch Jazz und Dub, kann das gut gehen? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Wie klassische Musik, versteht sich Jazz meist als Live-Performance, die es möglichst pur, unverfälscht und authentisch aufzunehmen gilt. Jazz ist grundsätzlich keine „produzierte“ Musik, wie Pop oder Reggae. Daher ist es eigentlich eine ausgemachte Sache, dass sich Dub – der Inbegriff von „Produktion“ – und Jazz nicht miteinander vertragen dürften. Nun, Prince Fatty und Benedic Lamdin beweisen hier ganz lässig und selbstverständlich das Gegenteil. Das virtuose Spiel mit den Tonspuren, die Addition minimaler Overdubs (mit Sounds aus dem Reggae-Universum) und vor allem der gefühlvoll dosierte Einsatz von Hall und Echo verbindet sich mit den Jazz-Tunes auf so unglaublich harmonische Weise, dass nur wenige Takte reichen, um die These von der Unvereinbarkeit von Dub und Jazz zu Staub zerfallen zu lassen. Dub und Jazz werden hier untrennbar zur Einheit, Groove und Mix durchdringen sich so organisch, so selbstverständlich, als würde Dub vom Jazz und nicht vom Reggae abstammen. Bleibt die Frage, ob man als Dub-Liebhaber bereit ist, zumindest für die Länge von zehn Tracks, Reggae gegen Jazz einzutauschen. Daher bringe ich mal eben eine weitere These ins Spiel: Wer Dub mag, kann nicht engstirnig sein. Und wer nicht engstirnig ist, dem wird diese kongeniale Dub-Jazz-Fusion den musikalischen Horizont noch weiter öffnen. Und wer einen weiten musikalischen Horizont hat, wird das Kingdom of Dub lieben.
Eine Antwort auf „Prince Fatty Meets Nostalgia 77: In the Kingdom of Dub“
“ Wer Dub mag, kann nicht engstirnig sein. Und wer nicht engstirnig ist, dem wird diese kongeniale Dub-Jazz-Fusion den musikalischen Horizont noch weiter öffnen. Und wer einen weiten musikalischen Horizont hat, wird das Kingdom of Dub lieben.“
Jo, ich hab´ hier mal ein bischen gestöbert und bei dem zitierten Absatz habe ich eine ganze Menge über mich selbst gelernt. Denn ich liebe „Kingdom of Dub“ sehr ;-) !!!
Greetings ……………….. lemmi