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Reggae Angels with Sly & Robbie: Remember Our Creator – Fox Dubs

Kalifornien scheint ein Brutkasten für Talente zu sein, die Reggae mit allen möglichen Einflüssen verbinden – Rock, Pop, Soul, Hip-Hop. Da wären etwa Rebelution, Tribal Seeds, Iya Terra, Slightly Stupid, Long Beach All Stars, John Brown’s Body usw. usf. Das macht sich in der Musik selbst, in den Arrangements, im Mix, und in den Lyrics bemerkbar. Da ist mehr oder weniger Party angesagt, ein wenig Sozialkritik darf auch sein. Wie immer bestätigen Ausnahmen die Regel – dazu zähle ich etwa Groundation, aber auch die die Reggae Angels. Letzteren Act gibt’s seit 1992; er besteht mehr oder weniger aus Sänger Peter Wardle mit wechselnden Backing-Bands – was nicht weiter interessant oder erwähnenswert wäre, wenn… ja wenn da nicht Sly & Robbie’s Taxi Gang seit einigen Jahren im Studio und bisweilen auch live den musikalischen Teppich für die Reggae Angels ausbreiteten.

Seit mittlerweile drei Alben sind die Riddim Twins an Wardle’s Seite; immer abgemischt von Jim Fox, der die Tracks dann noch einer extra Dub-Behandlung unterzieht. Ergibt zusammen das satte Vocal/Dub-Package, das dann als Doppel-Album daherkommt. Ähnlich funktioniert’s auch beim neuen Album „Remember Our Creator“, wobei die Dubs diesmal als eigenes Album angeboten werden: „Remember Our Creator – Fox Dubs“ (Kings Music International). Allein die Liste der an den Aufnahmen Mitwirkenden lässt erkennen, dass Peter Wardle extrem gut mit der jamaikanischen Reggae-Szene vernetzt ist und die entsprechenden Kapazunder in den Kingstoner Anchor- und One Pop-Studios versammeln konnte. Das Ganze dann nicht in JA abzumischen, sondern in Jim Fox‘ Hände zu legen, scheint geradezu genial.

Nun kann man von Wardle‘s Gesang halten was man möchte – mich erinnert er an Roots-Recken wie Cedric Myton oder Lascelle Bulgin; die Backing-Vox (u.a. seine Tochter) hingegen an die Melody Makers minus dem Feuer von Cedella Marley. Mit seinen durchaus positiven, Gott-zentrierten Texten prägt er jedenfalls auch das musikalische Geschehen, sprich die Arrangements. Es ist schön, dass Sly Dunbar hier mal vorwiegend One Drops spielt und so eine solide Roots-Grundlage für die ausgeklügelten Arrangements bietet, die exzellent umgesetzt sind. Auf den Track mit Drum-Machine hätte ich freilich verzichten können; er demonstriert aber sehr gut den Unterschied zwischen Mensch und Maschine – gerade wenn’s um Gefühl und eine gewisse Sanftheit geht:

Wobei wir eigentlich bei Jim Fox gelandet sind, der bei „Remember Our Creator“ bzw. „Remember Our Creator – Fox Dubs“ für den Klang verantwortlich ist. Er ist zweifellos ein Meister seines Fachs und spielt in einer Liga mit Steven Stanley und Godwin Logie; entsprechend ausgewogen und facettenreich sein typisch unaufgeregtes Klangbild. Wunderbar die tiefergelegte, satte, weiche und gleichzeitig präzise Bass-Drum, die eine tolle Dynamik liefert und das Herz des Rezensenten höher schlagen lässt. Fox schafft es sogar, Aggro-Sax-Player Dean Fraser einen Dämpfer zu verpassen bzw. soundmäßig tief ins Geschehen zu integrieren, anstatt ihn kreischend oben drauf zu setzen – ein Kunststück für sich. Nicht ganz so gut gelungen Dunbar’s Hi-Hat, die zu trocken und laut daherkommt und etwas zu viel Einblick in die aktuell nicht-ganz-so-exakte Beckenarbeit des Drummers bietet. Die – wenn man das so dramatisch sehen will – Katastrophe des Albums ist aber ein kitschig-aufdringliches Keyboard Marke Korg & Konsorten. Sowas hörte man zuletzt in den 1980ern, als sich genrefremde Musiker am Reggae vergingen. Ich laste das Peter Wardle selbst an, der Keyboards spielt und sich hier wohl mit ein paar Overdubs eingebracht hat. Schuldig auch Jim Fox; er hätte diese Keys im Mix vergraben können. 

Was soll man machen – er ist halt ein guter Kerl, der Jim. Deshalb wollen wir ihm auch den zwar klanglich brillanten, aber doch recht unspektakulären Dub-Mix nachsehen. Es ist nun mal sein Markenzeichen als Dub-Mixer: Das Original wird nicht groß verändert, sondern vorwiegend durch dezente Delays ergänzt. Wer das mag, nennt diesen Vorgang „veredeln“; ich behaupte aber: Das Edle an „Remember Our Creator – Fox Dubs“ ist der wunderbar ausgeglichene Sound, der schon beim Abmischen des Vocal-Albums entstanden ist. Minus dem Kitsch-Keyboard, wohlgemerkt.

Bewertung: 3.5 von 5.

3 Antworten auf „Reggae Angels with Sly & Robbie: Remember Our Creator – Fox Dubs“

„Veredeln“ ist schön gesagt und auch sonst stimme ich dir vollkommen zu. Sehr gut analysiert. Der Sound ist wirklich brillant. Aber nichtsdestotrotz langweilt mich das Album. Die Dub-„Veredlung“ hat ja eigentlich die Aufgabe, einen Track rauer zu machen, ihm Ecken und Kanten zu geben und die Musik hinter den Vocals zum scheinen zu bringen. Aber genau das vermisse ich hier. „Remember“ ist mir auch als Dub-Version leider viel zu glatt.

Wie sagt René immer so schön ? Von Sly and Robbie Dubs wird er nicht satt bzw. sie lassen ihn oft ( oder doch fast immer ? ) etwas hungrig zurück. So geht es mir leider auch immer wieder und bei dieser „ReggaeAngels-Scheibe“ ist das mal wieder ganz akut. Klar, Sly and Robbie grooven bei mir immer, egal ob Reggae, Rumba oder „Zumba“, die „Jungs“ sind und bleiben die RiddimTwins !!! Und so finde ich auch hier wieder sehr schöne Momente, die mich in ihren Bann ziehen. Ja, der Sound fühlt sich auch für mich sehr ausgewogen bzw. ausgeglichen an. Ich würde fast schon „souverän“ sagen. Wenn, ja wenn das Wörtchen wenn nicht wär. Ich hab jetzt gar nicht bei jedem Tune darauf geachtet aber sowohl Sly Dunbar als auch Jim Fox mögen wohl diesen „komischen“ Klang auf der SnareDrum. Kenne ich hauptsächlich vom „Exterminator“ Label ( wenn es denn ein Label ist ) und hat mich schon immer genervt. Diesen Klang mag ich einfach nicht. Und wo „wir“ schon beim Klang sind, muss ich natürlich auf mein „Hauptproblem“ zu sprechen kommen. Diverse Krankheiten sind ja oft mal mehr, mal weniger akut und häufig entwickeln sie sich und verschärfen sich manchmal sogar. Und Witze macht man darüber schon gar nicht. Aber ich weiß nicht, wie ichs sagen soll, jedenfalls hat sich meine langsam eingeschlichene Abneigung gegen SaxophonSound und Melodien, inzwischen in eine „saxophonale Hyperakusis“ gesteigert und so war es für Dean Frazer nahezu unmöglich, mich mit seinem Sound nicht zu nerven. Ach ja, das Keyboard hat er nicht gespielt aber das hätte wirklich auch gern rausgemixt werden können. Ja, inzwischen weiß ich, das auch ReggaeMusiker und Produzenten nicht unfehlbar sind. Ehrlich gesagt empfinde ich das Album insgesamt ein wenig wie „alt Herren Reggae“ was bei den „Jungs“ aber inzwischen durchaus legitim sein muss. Jedoch geht es noch ein wenig darüber hinaus bzw. noch ne Etage tiefer. Sly Dunbar hat mal über Gentleman sowas gesagt wie, „Him are Right, but his Music sounds to ordenary for me“. Ich habe das genauso empfunden und sehe das auch immer noch so aber inzwischen muss ich das „Kompliment“- zumindest teilweise an
Sly Dunbar zurückgeben. Vielleicht wollten die Reggae Angels aber auch solche Riddims haben, damit man sie auch in der katholischen Kirche spielen kann. Ich weiß es doch auch nicht.
Ich mag auch mal sowas wie Stick Figure aber am liebsten ist mir immer noch der Reggae mit dem Messer zwischen den Zähnen, der unaufhörlich auf der Jagd ist, um Babylon zu stürzen.
Noch viel besser hat es natürlich Lee Perry erklärt.
„Der Hund, der unaufhörlich an dem einen Ende der Leine zieht – welches du ihm ins Maul gelegt hast – und wild mit dem Kopf hin und her wackelt, zuckt und reißt, bis du die Leine nicht mehr halten kannst …… DAS IST REGGAE !!!

I LOVE IT !!! …………………………. lemmi

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