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Alborosie: Dub Pirate

Die Dub-Alben von Alborosie haben mich bisher selten überzeugt. Natürlich bewundere ich seine technischen Fähigkeiten und auch seine Fixierung auf analoges Equipment ringt mir Anerkennung ab. Aber seine bisherigen Dub-Alben wirkten mir zu sehr nach Lehrbuch ausgeführt. Es fehlte Kreativität, Spannung und vor allem die Absicht, die Regeln des guten Geschmacks außer Kraft zu setzen. Vielleicht waren auch die den Dubs zugrund liegenden Produktionen nicht stark genug. Genau das jedenfalls vermeidet Alborosie bei seinem neuesten Dub-Werk: „Dub Pirate“ (Evolution Media), denn es basiert auf dem herausragenden Album „Soul Pirate“ aus dem Jahre 2008, mit dem ihm bekanntlich der Durchbruch als Reggae-Artist gelang. Zu Recht, denn es ist nach wie vor ein brillantes Album, von dem es allerdings bis zum heutigen Tag keine Dub-Version gab. Verrückt, da Alborosie doch ein großer Liebhaber von Dub und Studioarbeit ist. Wir wissen nicht, was ihn nun, 18 Jahre später, veranlasste, sich die alten Tracks zu schnappen und Dubs daraus zu mixen – natürlich mit seinem historischen Studio Equipment, das zuvor King Tubby oder Coxsone Dodd gehörte. Alborosie nutzt übrigens nicht nur das Equipment dieser Legenden, sondern pflegt natürlich auch die Ästhetik seiner großen Vorbilder. Daher verwundert es nicht, dass „Dub Pirate“ ganz im Stile King Tubbys gemischt wurde. Großzügig eingesetzte Echoeffekte, meisterhafte Manipulation von Hoch- und Tiefpassfiltern, virtuoses An- und Abschalten diverser Instrumentalspuren sowie teils heftige Klangmanipulation. Auf „Dub Pirate“ geht Alborosie viel rabiater, ja geradezu radikal mit den Originalaufnahmen um. Kein Vergleich zu seinen späteren Dub-Alben. Vielleicht brauchte es die historische Distanz zum Material, um „destruktiv“ damit umzugehen. Die Dubs von „Dub Pirate“ sind jedenfalls alle bemerkenswert, all Killer, no Filler. Trotzdem stechen einige besonders hervor. Z. B. „Still Dub Blazing“, mit den starken Echoeffekten auf der Gitarre, die eine surreale und packende Atmosphäre schaffen. Oder „Precious Dub“, ein Stück, das den Fokus geschickt auf die Bläsersektion legt und deren mächtige, äußerst kreativ manipulierte Klänge faszinieren. Eine besondere Stärke von „Dub Pirate“ ist zweifellos die kreative Dekonstruktion von Alborosies größten Hits. Immer schön, Anklänge an wohlbekannte Songs zu erkennen und deren Dub-Rekonstruktion zu bewundern. Zum Glück verzichtet Alborosie dabei weitestgehend auf die Verwendung von Vocal Snippets. Das Album glänzt ganz besonders mit „Natural Dub Mystic“, der Dub-Neuinterpretation seiner Zusammenarbeit mit Kymani Marley. Dieser starke Riddim war geradezu prädestiniert für ein Dub-Treatment, und Alborosie exekutiert dieses absolut meisterhaft. Das Herzstück des Tracks liegt in der treibenden Basslinie und den wiederkehrenden Bläserpartien, die von verrückt wirbelnden, räumlichen Klangeffekten umhüllt werden. Ein faszinierendes Dub-Erlebnis – wie das Album als Ganzes.

Bewertung: 4.5 von 5.

4 Antworten auf „Alborosie: Dub Pirate“

Vorab schreibe ich schonmal, wenn das Album haptisch erscheint, kaufe ich es mir ja doch wieder. Ich muss allerdings gestehen, dass ich kaum oder eigentlich gar keinen Unterschied zu allen vorangegangenen Dubs von Alborosie erkennen kann. Vielleicht, weil ich kein Experte von Alborosie Tunes und Dubs bin. Zu selten verspüre ich ein Verlangen nach Alborosie-Tunes, geschweige denn Dubs. Dabei finde ich sowohl bei DubTunes als auch bei VocalTunes auf jeder Scheibe immer mal so zwei drei HighLights. Lediglich seine letzte Vocalscheibe ( Destiny ) kann ich noch gar nicht beurteilen, da ich beim ersten Umlauf wohl überhaupt keine TagesForm für Alborosie hatte und sie mitten drin abgebrochen habe. An die zweite Hälfte habe ich mich bis heute noch nicht rangetraut. Das klingt jetzt alles wieder ziemlich negativ aber das täuscht darüber hinweg, dass ich Alborosie immer wieder mal gern höre. Allerdings auf gar keinen Fall ein ganzes VocalAlbum am Stück. Seine Dubs laufen auch schon mal komplett durch aber ich würde sie nicht auflegen, wenn ich mir ganz legal ein paar richtig starke Tüten gegönnt habe. Dafür passen die DubWerke von seinem LandsMann ( der mit den „bescheuerten“ tattos ), wesesentlich besser. Diese alten Dubspielchen mit den HighpassFiltern sind ja auch Ok, wenn man sie nicht in übertriebener Form über die HiHatBecken anwendet aber es gibt da doch inzwischen wesentlich spannendere Spielereien, an so einem analogen Mischpult und darüber hinaus. Die meisten Effekte, die Alborosie hier besonders hervorzuheben scheint, erinnern mich zu sehr an die Null Acht 15 – Effekte, die seit eh und je in jedem Soundsystem zelebriert werden. Besonders Sirenen und jede menge Schüsse aus der „Remington Space Gun“. Das ist alles auch Ok aber davon werde ich nicht satt.
Es gibt auch noch andere Effekte aber die schocken mich einfach nicht so positiv wie die vom Paolo.
Von mir aus hätten „die Regeln des guten Geschmacks“ ruhig noch viel mehr missachtet werden können.
Aber wie schon erwähnt, es ist Dub und weit entfernt von „stupidem“ Dubgesteppe und daher besteht für mich am Ende doch wieder sowas wie KaufZwang ……………. schon allein wegen „Kingston Dub Town“
Ich könnte allerdings schwören, dass es diese Version schon seit einigen Jahren in der ( alten ) „Deep In Dub Playlist“ von gtk gibt, bzw. gegeben hat und sich daher auch schon lange in einer meiner Playlisten befindet. Wer suchet der findet oder so ähnlich ……….

So long …………………. lemmi

Das Cover ist für meinen Geschmack auch nicht gerade eine Augenweide.
Könnte ein „PalmÖlgemälde“ sein ……………………. zorro

Nun, keine Frage, Brother Albo ist eine herausragende Figur und hat viel für die Reggae-, Dub- und Rasta-Community getan, aber ich habe es da ähnlich wie lemmi und höre mir kaum ganze Alben von ihm an… jedoch bin ich von seinen Gigs sehr angetan und werde voraussichtlich im Spätsommer im Bierhübeli in Bern ein nächstes Mal Zeuge seiner energiegeladenen Liveshow…
Momentan gibt es aber dubtechnisch für meine Ohren Interessanteres zu konsumieren… hänge gerade voll am Album „A New Era“ von Zulu Vibes mit Features von keinen geringeren als Macca Dread, Kubix, Ras Divarius und Art-X, um mal meine Favoriten zu nennen (hehe, sind schon fast alle…). Das zieht mich weit mehr in den Bann und befriedigt mein Hörerlebnis weit tiefgreifender als „Dub Pirate“, höchstklassiger Instrumentalreggae mit Dubmixen von jedem Titel… Was will mein Dub-Ohr mehr?

Jo Philipp !

„A New Era“ ist auf jeden Fall auch einen Tipp wert. Vielleicht gibt es bald für jeden DubFan ein eigenes Album, da es ja so viele gibt.
Es freut mich auch, dass ich hier bisher noch kein quäkendes Saxophon
entdeckt habe. Die Bläser und auch das Saxophon spielen alle komplett in meinem wahrnehmbaren und genießbaren Klangspektrum. Bei den Farben ist es ja ähnlich. Ich als FarbenBlinder ( Rot – Grün Schwäche ) kann ja auch nicht alle Farben so wahrnehmen, wie all jene, die diese Schwäche nicht haben. Aber meine Welt ist auch oft bunter als die der Anderen. Ich sehe manchmal auch ein grünes T-Shirt, obwohl es grau ist. Da sage ich immer, „euch fehlt es an Fantasie“ ;-) mein Gehirn erfindet sogar Farben, die gar nicht da sind …… und jetzt kommt ihr ;-)
Mein Urteil über das Saxophon ist jedoch sehr wohlwollend gemeint, denn je öfter ich mir „Lime Hemp“ + „Dub Hemp“ anhöre, desto mehr fällt mir auf, wie sehr mir die Trompete (n) und die Posaune (n) gefallen.
Saxophon hätte ehrlich gesagt doch lieber im Keller bleiben sollen.
Ich habe halt, auf Töne bezogen, eine inzwischen chronische Saxophonschwäche um nicht sogar Phobie zu sagen. Dean Fraser hat wohl meine Kommentare hier gelesen und will mich jetzt killen.
Da gibts jetzt ne ganze Scheibe, mit dem verheißungsvollen Titel „Kill Dem Wid Sax“. Ich fühle mich da in höchstem Maße bedroht.
Aber „A New Era“ bietet ja zum Beispiel auch eine wunderbare „Ernest Ranglin Gitarre“ die man sich auch „On The Road“ jederzeit, sei es auf Kopfhörer oder eben volle Kanne im Auto oder sonstwo zu Gemüte führen kann. Die Jazzfreunde unter den Dubheads kommen dabei bestimmt auch auf ihre Kosten. Ja und vor der Geige ( ? ) in „Run Away“ muss ich auch auf keinen Fall wegrennen, denn die wird genau so gespielt, wie ich das gern habe. Art – X spielt in „Sunrise“ immer noch gern auf der Melodica rum. Naja, wenn er´s doch so mag, meinetwegen aber da wird auch obendrein noch ein bischen „gezimbelt“, was ohne übertriebenen Einsatz von High Pass Filter auch gar nicht so schlimm ist. Ich wollte aber wenigstens erwähnen, dass ich es gemerkt habe ;-)
Bei den DubVersions ist mir bisher nichts besonders Besonderes aufgefallen. Die sind sehr solide, wenn ich mich nicht irre.
Auf jeden Fall ist das auch ein sehr gelungenes Album, wenn ich mir erlauben darf, das so zu beurteilen.

Normalerweise würde ich ja jetzt wieder ins Tor gehen aber da steht heute schon der Manuel.
Also bis denne ……………………… lemmi

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