William S. Burroughs und Dub? Warum nicht? Immerhin ist Burroughs DIE Ikone der Gegenkultur, der sich auch der Reggae zugehörig fühlt. Zudem wurde Burroughs’ Leben von exzessivem Drogenkonsum bestimmt. Anfang der 1950er Jahre wurde er wegen Anbaus von Marihuana verhaftet – auch hier ist eine gewisse, wenn auch eher unvorteilhafte, Nähe zum Reggae nicht zu leugnen. Hinzu kommt, dass Burroughs speziell in den 1980er und 90er Jahren häufig als Spoken Word Performer gearbeitet hat und somit viele Tonaufzeichnungen seiner prägnanten, scharfen Stimme und seiner sehr lässig selbstbewussten Sprechweise vorliegen. Footage, das geradezu danach verlangt, mit passender Musik kombiniert zu werden. Und dann gibt es noch den wichtigsten Grund von allen, warum das Album William S. Burroughs in Dub (Echo Beach) mit kosmischer Notwendigkeit seinen Weg ins Dasein finden musste: Der Geburtstag von Mr. Burroughs jährte sich am 5. Februar zum hundertsten Mal. Das garantiert Aufmerksamkeit und die Aussicht, dass das Werk auch außerhalb der kleinen, verschworenen Gemeinde der Dubheads wahrgenommen wird. Gründe genug also, dass sich das Dub Spencer & Trance Hill-Quartett zusammen fand und virtuos feine, psychedelische Beats um die magischen Worte des Anti-Poeten und vielleicht wichtigsten US.-amerikanischen Schriftstellers des zwanzigsten Jahrhunderts sponn. Irgendwie passt der von Rock-Gitarre und analogem Schlagzeug geprägte Dub-Spencer-und-Trance-Hill-Sound zu der von Burroughs’ Werk stark beeinflussten Beat- und Rock-Ära der 1960er und 70er Jahre. Der zähe, verschleppte Groove der Schweizer, die psychedelische Wirkung der im Echo-Raum verhallenden Gitarren-Riffs und der tief und körperlich pulsierende Bass sind schlichtweg der kongeniale Soundtrack zu Burroughs’ wirren Monologen. Ein akustischer Drogentrip in das verkorkst-geniale Leben einer der schillerndsten Figuren der amerikanischen Geschichte. Wurde Zeit, dass der Reggae ihr huldigt.
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