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Five Star Review

Spiritual Food: Hooligan / Point Finger Pon

Was für ein Label-Name: „Spiritual Food“! Genau danach dürstet meine Seele. Und ja, es zeugt sicherlich von einigem Selbstvertrauen eine ganze LP von gut 40 Minuten Spieldauer mit gerade einmal zwei Riddims zu füllen. Aber ist nicht genau das Dub in seiner Reinkultur? Meiner Ansicht nach total. Und wenn die beiden Riddims und die Versions dann noch so gut und überzeugend daherkommen und sowohl für die Anlage zuhause richtig Freude aufkommen lassen als auch auf dem big Soundsystem zu überzeugen vermögen, was will Freund und Freundin von tief durchtränkter Rastakultur mehr?
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, so groß ist meine Begeisterung für dieses Stück schwarzes Vinyl, das leider ohne Coverhülle einzig in einem weißen Papierumschlag geliefert wird (ganz im Oldschool Jamaika-Stil). Hinter der Produktion steht mit Lourenzo Bougard aka Macca Dread kein Unbekannter in der Szene. Zeichnet sich dieser doch auch für die einschlägig bekannten Youthie-Produktionen „Gecko Tones“ und „Nomad Skank“ und mittlerweile einige andere kleinere bemerkenswerte Veröffentlichungen verantwortlich (z.B. „Wise Up EP“ oder „Almandub#2“). Die Produktion ist tight und satt, hat aber für meine Ohren mit viel Perkussion und etlichen beigemischten Soundgimmicks eine gute mystische Note, die genau die Tiefe bringt, die ich so gerne mag. Spiritual Food eben, der Name ist Programm. Musikalisch sind die beiden Riddims hochstehend, sowohl melodisch als auch monoton treibend, genau in der richtigen Dosis (Paracelsus würde Luftsprünge machen). Der Hooligan- respektive Gringo-Riddim hat für mich mit seinen leicht ins kubanische antönenden Latinelementen etwas beinahe Euphorisches zu bieten und es wird mir überhaupt nicht langweilig viermal eine Instrumental- oder Dubversion hintereinander zu hören. Im Gegenteil, jeder neue Mix bringt wieder frischen Wind mit sich, andere Instrumentalparts werden ins Rampenlicht gerückt, Dub in Hochform. Besonders die „Benyah Horns Version“ mit der Posaune (die hier wie eine Trompete klingt) und die „Macca Dread Melodica Version“ mit den typisch kubanischen Pianoriffs sind echte Perlen. Sowieso liefern Benyah an der Posaune, Crucial Rob an der Ketedrum und der Cuica, die Irie Mates am Chorgesang, der Blues-Mundharmonika-Spieler Danos und Macca Dread an der Produktion, an der Melodica und an allen Dubmixes einen sehr guten Job ab. Die Dubmixes sind solid und reihen sich insgesamt geschmeidig ins Ganze ein.
Ha, jetzt habe ich just die Vocal-Versionen vergessen zu erwähnen. Hier gebe ich den beiden Sängern Zion Irie auf dem Hooligan-Riddim und Ras Tweed auf dem Point Finger Pon-Riddim ebenfalls Höchstnoten. Astreine conscious Lyrics, hört selbst hin. Und wie insbesondere Ras Tweed mit seiner ganzen Erfahrung bei „Point Finger Pon“ in den Flow kommt, dann wieder Tempo rausnimmt, hat etwas zutiefst Mitreißendes. Zuletzt möchte ich noch die beiden liebevoll gestalteten Porträts der Sänger erwähnen, die quasi das Cover ersetzen und der Künstlerin Aude Saloni zu verdanken sind. Diese Veröffentlichung ist zwar keineswegs ein klassisches Album, aber genau das richtige, um in dieser dunklen, kalten Jahreszeit die Sonne ins Dub-Herz und die Energie ins Tanzbein fließen zu lassen. Jahman!

Bewertung: 5 von 5.

Eine Antwort auf „Spiritual Food: Hooligan / Point Finger Pon“

Ja, wenn jemand selbstbewusst seine Riddims präsentieren darf, dann gehört Macca Dread für mich auch ganz klar dazu.
Auch diese beiden Riddims hier, hören sich für mich richtig an und erzeugen damit auch das gute ReggaeFeeling, welches mich immer wieder berauscht und begeistert. Die Instrumente, besonders die Bläser und das Klavier bereichern die satten Riddims und sorgen dafür, daß nicht mal im Ansatz lange Weile aufkommt. Auch die Sänger drängen sich nicht auf und geben den Instrumentals auf sehr sympathische Weise eine zusätzliche Portion Spiritualität.
Die kubanischen PianoRiffs machen auch bei mir gute Laune und lassen mich ein wenig Wärme spüren, die mir „an tagen wie diesen“ doch sehr fehlt. Sie lassen quasi etwas Sonne in mein Herz.
Interessant finde ich auch den Beitrag zur Bildung, der hier in der Rezension so ganz nebenbei mitgeliefert wird. Bisher dachte ich immer, dieser Sound mit dem nassen Lederlappen wäre eine Erfindung der Jamikaner, denn ich habe mich vom ersten Tage an gefragt, was das für ein seltsamer Sound ist, den ich schon früh in meiner Anfangszeit als ReggaeGreenhorn als auffälliges Charaktermerkmal in vielen ReggaeTunes herausgehört habe. In einer Doku über Horace Andy und die Taxi Gang habe ich dann zum ersten mal gesehen, wie dieser Sound entsteht und dachte mir nur, „sieh an, diese Jamaikaner haben mehr Fantasie als Albert Einstein“. Ok, die Annahme war dann wohl etwas zu sehr durch meine ReggaeBrille betrachtet und ich bin begeistert, daß ich nun nach über 40 Jahren erfahren durfte, wo dieser Sound wirklich herkommt. ( Naja, ich habe die ReggaeBrille ja immer noch ganz fest auf der Nase sitzen und deshalb behaupte ich mal, die Kubaner haben daß von den Jamaikanern abgeschaut und es dann etwas professioneller und nicht ganz so improviesiert als Instrument „verkauft“ ). Und dann mal wieder so ein kleiner Versuch von mir, den Besserwisser raushängen zu lassen. Bei der „Benjah Horns Version“ höre ich sowohl Trompete als auch Posaune und das ist besonders gut so, weil ich kein Saxophon hören muss. Auch die Harmonica steuert ein paar schöne klangvolle Melodien bei und sorgen damit für ein wenig zusätzliche Magie. Die Melodica musste wohl aus traditionellen Gründen auch irgendwo mit rein aber naja, was solls, die kann ich bei diesen tollen Riddims auch mal verschmerzen.

Schöne Scheibe ! Guter Tipp ! „Tell it to the children“ ……………… lemmi

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