Ok, so wie ich den Kommentaren im Release-Radar entnehme, sind zu dem vorliegenden Album noch einige Fragen offen, die ich gerne zum Anlass nehme, um ein wenig mehr Licht ins Dunkel zu bringen. Mal ganz abgesehen davon, dass Burning Sounds seine 1978 eingeschlagene Fehlinformation beibehält, wie zum Beispiel der Name The Aggravators weiterhin falsch geschrieben bleibt, sind auch falsche Angaben über das Studio zu lesen, in dem die Bands die Riddims aufgenommen haben sollen. Entgegen der Angabe auf dem Cover wurden die Tracks niemals in King Tubbys Studio aufgenommen. Die Aufnahmen der Tracks fanden vielmehr im Channel One der Hookim Brüder und im Harry J Studio statt. Später wurden die Tracks von Oswald ‚Ossie‘ Hibbert in King Tubbys viel kleinerem Studio abgemischt, das, wie wir bereits aus Helmut Philipps genialer Dub Konferenz wissen, nur für die Vertonung und den Mix genutzt wurde.
Also, Burning Sounds hat das Album „The Aggravators (The Aggrovators) & The Revolutionaries: Guerilla Dub“ anlässlich des diesjährigen Record Store Day (RSD) erneut aufgelegt. Ursprünglich wurde Guerilla Dub 1978 von der britischen Plattenfirma auf transparentem Vinyl veröffentlicht, im Jahr 2016 wurde das 10-Track-Album auf CD und 180-Gramm-Vinyl-LP neu aufgelegt. Jetzt wurde anlässlich des RSD die LP noch einmal veröffentlicht, diesmal als rot gefärbte Vinyl-LP.
Die Aggrovators, sind benannt nach Bunny ‚Striker‘ Lees Plattenladen Agro Sounds. In den 1970er und 1980er Jahren war die Band mit ständig wechselnder Besetzung die wichtigste Session-Band für ‚Striker‘. Im gleichen Zeitraum waren The Revolutionaries die Hausband des Channel One Studios. Wie bereits erwähnt, wechselte die Besetzung beider Bands häufig, wobei Bunny Lee und die Hookims den Bandnamen für die Musiker, mit denen sie gerade zusammenarbeiteten, beibehielten. Musiker wie Aston & Carlton Barrett, Sly & Robbie, Bertram McLean, Tommy McCook, Bobby Ellis, Vin Gordon, Ossie Hibbert, Earl „Chinna“ Smith etc. spielten zeitweise in beiden Bands.
Kommen wir nun zum „Guerilla Dub“, auf dem sich ebenfalls fast die gesamte Crème de la Crème der damaligen jamaikanischen Musikszene tummelt. Als Beispiel bleibe ich jetzt nur mal bei den Riddim Sections: Am Bass hören wir Aston Barrett, Robbie Shakespeare, George ‚Fully‘ Fullwood, Bertram ‚Ranchie‘ McLean, Lloyd ‚Sparks‘ Parks und Earl ‚Bagga‘ Walker und an den Drums: Carlton ‚Carly‘ Barrett, Lowell ‚Sly‘ Dunbar, Lloyd ‚Tin Leg‘ Adams, Basil ‚Benbow‘ Creary und Carlton ‚Santa‘ Davis. Der „Guerilla Dub“ enthält Dub-Pendants von Jimmy Rileys LPs „Majority Rule“, „Showcase“ und „Tell The Youths The Truth“ aus den späten 70ern, von denen einige zuvor als 7 Inch-Singles in Jamaika veröffentlicht wurden. Dank einiger Gesangsschnipsel, die in den meisten Tracks enthalten sind, ist es für den Hörer relativ einfach, sie mit den ursprünglichen Gesangsaufnahmen in Verbindung zu bringen. Die Reise in den Dub beginnt mit „Cuddoe Dub“, einem schönen Riddim im Rockers-Stil mit subtilen Orgelparts. Es folgt der fesselnde „Garvey Dub“, das Dub-Gegenstück zu Jimmy Rileys Titeltrack auf der „Majority Rule“ LP. Der „Garvey Dub“ ist, wenn auch anders abgemischt, auch als „The Conqueror“ von The Revolutionaries bekannt. „Paul Bogle Dub“ ist eine Version von Jimmy Rileys Hit „Nyah-Bingi“, der auf seiner „Showcase“ LP zu hören ist und der „Malcolm X Dub“ ist der Dub zum Vocal-Cut „A You“, der ebenfalls auf der „Showcase“ LP zu finden ist. Abgerundet wird die A-Seite mit dem „Martin Luther Dub“, einem Remix von Alton Ellis‘ „Can I Change My Mind“ Riddim. Die B-Seite der Platte bietet die gleiche Art von klassisch schönen Ossie Hibbert Dubs. Zu den bemerkenswertesten Beiträgen gehören der Titeltrack „Guerilla Dub“ und „Maroon Dub“, eine Version von „Cleaning Up The Streets“, das in den 1970er Jahren ein großer Hit für Jimmy Riley war.
Auch wenn die Ossie Hibbert Dubs auf „Guerilla Dub“ heute nicht mehr die absoluten Sahnehäubchen sind, gehört der 2012 an einem Herzinfarkt verstorbene Musiker, Sound Engineer und Produzent für mich zu den vielen unbesungenen Helden der jamaikanischen Musikszene. Einige kennen von ihm sicher auch „Crueshal Dub“, „Leggo Dub“ und „Earthquake Dub“ – alles sehr schöne, energiegeladene Dub-Werke aus der Blütezeit des Reggae/Dub. Trotzdem hat mir das Wiederhören dieses Klassikers wieder enorm viel Spaß gemacht.
2 Antworten auf „The Aggrovators & The Revolutionaries: Guerilla Dub (Re-Release)“
Ja ! Vielen lieben Dank Ras Vorbei !
So bist du halt ;-) Ich habe noch ein paar Fragen und du schenkst uns allen gleich eine komplette Rezension in der nicht nur meine Fragen beantwortet werden, sondern darüber hinaus auch noch viele interessante Infos zur Entsteheung des Albums.
Ich denke, wenn ich so wie du ein Reggae und DubFan der ersten Stunde gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich nach diesem DubAlbum gelechzt. Als quasi Quereisnsteiger bin ich nicht mit dem Reggae der früheren 70er Jahre aufgewachsen und daher sind mir diese alten Riddims nicht so ins Blut gegangen. Was nicht heißen soll, daß es da später nicht doch noch jede Menge für mich zu entdecken gab. Meine ersten Duberfahrungen habe ich mit Beginn der 80er Jahre gemacht und da ging es eigentlich mit den ersten Dubs schon gleich mit Roots Radics und im Grunde auch schon mit dem Dub Syndicate mit Don „Corleone“ Scott an den „DubDrums“ ans Eingemachte.
Sowohl Leroy „Horsemouth“ Wallace als auch Sly Dunbar haben mir viel zu viel auf den Drums rumgeeiert. Das ging vom sogenannten Steppers über Sly Dunbars „Rockers Style“ bis hin zu dem „gezimbele“ von Carlton „Santa“ Davis. Das sind alles Drumstile gewesen, die bei mir noch kein gutes Dubfeeling erzeugt haben. Da war mir Style Scott wesentlich näher mit BassDrum und Akzent auf der Snare, dann Hall und Echo und schon war der Drache grün ;-) ….. if you know what I mean ….
Hört sich ja schlimm an, was ich hier so über Drumstile schreibe aber das bezieht sich wirklich einzig und allein auf meine Wahrnehmung im Dub. Allein Sly Dunbar mit BLACK UHURU und natürlich Robbie Shakespeare, hat mich in die allerhöchsten Sphären muskikalischer
Extase geführt und tut das bis heute. Habe das Gefühl, ich bekomme gerade einen Laberflash aber da is noch was drin in meiner Birne, was unbedingt raus will.
Lange Zeit vor der „Dub Konferenz“ von Helmut Philipps habe ich mich schon mal weit aus dem Fenster gelehnt und die steile These rausgehauen, „Sly and Robbie können keinen Dub“. Es gab auch in der „Neuzeit“ immer wieder mal Dubs von Sly and Robbie, die nicht nur mich „etwas hungrig zurückließen“ aber im Grunde kam ich durch eine Falschannahme zu dieser unausgegoronen Aussage. Ich dachte die größte Zeit meines „ReggaeLebens“ Sly and Robbie sind „je nach TagesForm“ mal die Aggrovators und dann mal wieder die Revolutionaries. Und ohne Glen Brown fand ich die als DubAct schon immer langweilig. Nun, wie es immer so ist, je mehr man liest und erfährt, desto komplizierter wird es mit jeder Information.
( Da will man z.B. nur mal kurz lesen, was ein Kalifat ist und schon findet man sich in einem Theologiestudium über sämtliche islamische Strömungen wieder ).
Ich hoffe, ich bekomme die Kurve jetzt und kann endlich zum Punkt kommen.
Wie gesagt, ich fand ganz im speziellen diese Dubs von Revolutionaries und Aggrovators schon immer ziemlich langweilig und echt nicht gerade mystisch. Ohne Glen Brown wohlgemerkt ! Und jetzt erfahre ich, daß Glen Brown hier nicht dabei war und stattdessen ein gewisser Ossie Hibbert am Mischpult saß. Und jetzt kommt mein ganz großer Moment ;-) …… In der „Dub Konferenz“ habe ich gelesen, daß es eine Zeit gab, in der Dubs von Aggrovators und Revolutionaries nicht gerade spannend waren, bzw. eigentlich sogar recht langweilig waren. Ob es nun die Dubs von Ossie Hibbert waren, weiß ich leider nicht mehr so genau aber ich kann nur sagen, daß ich mich da in höchstem Maße bestätigt gefühlt habe. Diese Stelle im Buch wieder zu finden, wird nun meine Aufgabe für die nähere Zukunft sein. Ich wollte das Buch ja eh nochmal lesen aber wie gesagt, Wasser fließt nunmal nicht bergauf und auch die Zeit kennt nur eine Richtung. Sie wird knapp !!!
Ok, Ende von Laberflash und nochmal an dickes Danke für all deine Informationen Ras Vorbei ………………. lemmi
Danke! Sowohl für die Rezension mit all den Infos und auch an dich Lemmi für den Kommentar.