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„Transnational Dubstep“ vs. Forty Thieves Orkestar, „Last Band Standing“

Dubstep – der große Hype der letzten Jahre. Nach anfänglicher Begeisterung, trat bei mir schnell Ernüchterung ein: Verglichen mit Dub war Dubstep oftmals schlicht langweilig. Außerdem fehlt der Reggae-Offbeat, was die Sache ohnehin schon fragwürdig macht. Jetzt aber bin ich auf ein ausgesprochen spannenden und nach meinem Geschmack auch sehr, sehr guten Dubstep-Sampler gestoßen: „Generation Bass Presents: Transnational Dubstep“ (Six Degrees). Was den hier präsentierten Dubstep so außergewöhnlich macht, ist der titelgebende „transnationale“ Sound. Denn hier mischen sich der Wobble-Bass und die Percussion-Loops mit Elementen traditioneller Weltmusik, wie arabische Chants, Cumbia, Balkan-Beats, Gipsy Swing, Sufi-Music oder gar fernöstlichen Harmonien. Das Ergebnis ist eine absolut organische Verbindung von Dubstep und Weltmusik. Aus gewöhnlich eher eintönigem Dubstep wird hier ein wahres Feuerwerk aus Polyrhythmik, synkopierten Beats, fremder Melodien und schräger Instrumentierung. Kompiliert wurde der Sampler übrigens vom Betreiber des einflussreichen Dubstep-Blogs generationbass.com.

Gehen wir noch einen Schritt weiter und überschreiten mit „Last Band Standing“ (Enja) vom Forty Thieves Orkestar, die Grenze von Dub und Reggae in Richtung Worldmusic vollständig. Seit 1994 gibt es die bunt gemischte Combo aus London und Istanbul, die Balkan Gypsy-Beats und Bauchtanz mit starken Reggae- und Dub-Einflüssen verbindet. Blechbläser, Klarinetten, Violinen, Akkordeon und perkussive Beats werden sich hier zu einer faszinierenden Melange, bei der man stets einen Reggae-Beat durchklingen zu hören glaubt. Die Rhythmen sind wunderbar komplex und doch uneingeschränkt groovy, die Melodien eingängig und doch fremd und der Studiomix zurückhaltend und doch voller Finesse. Ich glaube, es ist nicht zu verbergen, dass ich mich in dieses Album verliebt habe – auch, wenn eine Nähe zu Dub nur mit gutem Willen attestiert werden kann. Das Album bietet aber alles, was guter Dub haben muss: gute Instrumentalmusik, interessante Beats, virtuose Studioarbeit, tolle musikalische Ideen und nicht zuletzt einen fetten Groove. Es fehlen nur die Bassdominanz und die Dubeffekte – die für Dub allerdings konstatierend sind. Tja, ich kann es drehen und wenden: Dub ist es zwar nicht – aber es ist trotzdem super!

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