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Dubinator: Police in Helicopter

Regelmäßigen Leser*innen des dubblogs.de und Hörer*innen der „deep in dub“-Playlist auf Spotify gelte ich (hoffentlich) als Verfechter der klassischen Machart von Dubs, basierend auf möglichst in Moll gehaltenem Roots-Reggae. Damit sind weniger die wegweisenden Aufnahmen aus den 1970ern und 1980er gemeint; vielmehr liegen mir entsprechende Neuproduktionen am Herz – vor allem des besseren/weiterentwickelten Sounds und der neuen technischen und daraus resultierenden künstlerischen Möglichkeiten wegen. Und doch gibt es immer wieder mal Ausnahmen von meinem Lieblingsschema: Sound, Bassline und Dub-Technik stimmen, es gibt immer wieder musikalische „aha“-Erlebnisse und wunderbare Sample- und Sound-Überraschungen – aber es ist halt kein Roots-Reggae.

Um genau so ein Ausnahme-Album dreht sich diese Rezension: „Police in Helicopter“ (Echo Beach) vom bislang bis auf eine nicht ganz so gut gelungene EP kaum in Erscheinung getretenen Dubinator. Wer sich hinter diesem Moniker verbirgt und wie er musikalisch sozialisiert wurde wäre zwar interessant, entzieht sich aber jeglicher Recherche – auch das Label selbst hält sich bedeckt, darum soll’s auch uns nicht weiter interessieren. Im Mittelpunkt steht sowieso Dubinator‘s Musik, und die – wage ich es zu sagen? – erinnert mich durchaus an Arbeiten von Lee Scratch Perry und lässt Spekulationen zu, wie er wohl heute klingen könnte, hätte er seine Karriere als Produzent weitergeführt. 

So manchem Leser wird dieser Vergleich einem Sakrileg (wenn nicht gar einer Blasphemie!) gleichkommen – aber hört unvoreingenommen in das Album rein und Parallelen zu Perry’s obskureren Tracks – etwa von der feinen Kompilation „Arkology“ – offenbaren sich. Da wie dort ist der Einsatz von Audiosnippets als Effekt essentiell; was bei LSP etwa Motorengeräusch oder das Muhen eines Rinds ist, kommt beim Dubinator in einer unglaublichen Vielzahl an Samples daher. Für Unterhaltung ist also gesorgt; es gibt bei „Police in Helicopter“, auch nach oftmaligen Hören, viel zu entdecken: Da fliegt der Hubschrauber einmal quer durch den Gehörgang, Sirenen heulen, ein verfremdeter Orchester-Tusch blitzt immer wieder auf, ein Rainmaker rieselt sanft vor sich hin; stellenweise hält scheinbar ein Sopran-Chor einen einzelnen Ton, eine Frau doziert (vermutlich) über die Globalisierung, usw. usf. Wohlgemerkt: Das alles und mehr passiert allein schon im ersten, titelgebenden Track. 

Ein Album wie eine Wundertüte: Man fast gar nicht was da alles zum Vorschein kommt; musikalisch bewegt es sich durch eine Vielzahl an Stilen, die durch Reggae-Elemente und Dub-Techniken zusammengehalten werden. Darüber hinaus kann der Dubinator eine gewisse Neigung zum Dancefloor nicht abstreiten, obwohl er auch mit geistiger Nahrung – sprich literarischen Aufnahmen von Alan Moore, William S. Burroughs oder Yello’s Dieter Meier – aufwarten kann. Weitere Mitwirkende: Dub Pistols‘ Seanie T, Bass-Legende Doug Wimbish, Max Romeo, Dubmatix, Rob Smith, Sly & Robbie als auch die B-52’s in Form feiner Samples. 

Und so ist „Police in Helicopter“ ein erstaunlich vielfältiges Album geworden, für das sich der Dubinator einmal quer durch den Back-Katalog des Echo Beach-Labels gesampelt haben dürfte, inklusive Reminiszenzen an Dubblestandart, On-U Sound und Lee Scratch Perry. Wer also Interesse und Muße hat, dem schickt dieser Release auf eine wunderbar-erstaunliche Entdeckungsreise, die sich insbesondere für Reggae-Enthusiasten lohnt.

Bleibt schlussendlich noch die sehr gelungene Album-Illustration zu erwähnen – eine zeitgemäße Adaption des „They Harder They Come“-Covers, bei dem man schon genauer hinsehen darf um die vermeintlich subtilen Unterschiede wahrnehmen und geniessen zu können. Mir macht sowas Freude und ist sicher mit ein Grund, warum „Police in Helicopter“ als Gesamtpaket eine sehr gute Bewertung verdient hat.

Bewertung: 4.5 von 5.

12 Antworten auf „Dubinator: Police in Helicopter“

Uff, so viel Material…Das hätte man locker auf zwei Alben verteilen können. Interessantes Sample-Feuerwerk, erinnert stellenweise an die frühen Coldcut-Werke.

Ich sag es mal anders: Daraus lässt sich ein ganz tolles Album basteln, wenn man sich des Ballastes entledigt. Für meinen Geschmack ist auf dem Album zu viel Mittelmäßiges.

Das sehe ich ganz genauso – die Review basiert auf einer Vorab-Version des Albums, die aus ausgewogenen 13 Tracks besteht – also ganze 10 Tracks weniger.

Fazit Dubinator-Style: Man kann’s auch zu gut meinen / Man sollte besser nur die Rosinen rauspicken / Nicht alles ist eine Veröffentlichung wert / In der Kürze liegt die Würze / usw., usf., yaddayaddayadda…

„Wer sich hinter diesem Moniker verbirgt und wie er musikalisch sozialisiert wurde wäre zwar interessant, entzieht sich aber jeglicher Recherche – auch das Label selbst hält sich bedeckt…“
So schwer ist das nicht. „Nick the Reverend“, da liegt der Schluss auf Nicolai Beverungen himself auf der Hand.

Ich habe Nicolai in einem Gespräch u.a. gefragt ob er selbst der Dubinator ist – die Antwort ist er mehr oder weniger gekonnt schuldig geblieben. Die Geheimnistuerei erinnert ein wenig an die 1990er Jahre :-)

Ich sag auch mal „UFF“ !

Vor allem erst mal, weil meine spontane Befürchtung, es könnte sich hier um ein weiteres „One Riddim – Album“ vom „HelicopterRiddim“ handeln, grundlos geblieben ist. Das hätte ich höchstwahrscheinlich echt nicht mehr gebraucht. Und nochmal „UFF“, weil ich eigentlich auch noch gar nix wirklich konkretes zu diesem extrem abwechslungsreichen Album schreiben kann. Dafür reicht der Schnelldurchlauf – über den ich bisher nicht hinausgekommen bin – schlichtweg noch nicht aus. Zu viel gibt es da noch zu entdecken und zu checken.
Aber einen „Special Request“ an unseren DubVisionisten muss ich auf jeden Fall vorwegschicken. Seine Interpretation bzw. seine DubVersion von „Police In Helicopter“ hat auf Anhieb das am tiefsten gehende Raunen und Staunen in meinem ganzen Körper ( inclusive my little brain ) ausgelöst. Das is ne ganz feine Version von dem Riddim und die muss schonmal dringend in meine spezielle Playlist, um stellvertretend dafür zu sorgen, das ich dieses gesamte Werk nicht wieder vergesse.
Getrost vergesssen, kann ich hier die sogenannten „remixe“. Die kommen bei mir alle nicht über ein 0815 Feeling hinaus. Und ganz speziell die „remixe“ von „Smitty Rob“ brauch ich gar nicht, denn seine „Meinung“ die coolen und von je her perfekten ReggaeDrums durch schroffe und viel zu scharfkantige Drums, die darüber hinaus auch noch viel zu hektisch sind ( besonders Snare ) ersetzen zu wollen, hat mir persönlich noch nie eingeleuchtet. Wohlgemerkt ( ! ) meine Meinung bzw. meine Empfindung. Ich „begnadige“ jeden, der das anders empfindet ;-) …….
Ja gtkriz ;-) ! der Vergleich mit Lee Perry ist echt gewagt. Wobei du ja nix falsches schreibst, wenn du dich besonders auf die Arbeitsweise und den Einsatz von Samples beziehst. Aber ich möchte da doch noch meine Empfindungen bzw. Befindlichkeiten, zumindst mal erwähnt haben.
Lee Perry hatte mehrere ganz entscheidende Vorteile. Sein Black Ark Sound scheint definitiv nicht reproduzierbar zu sein und bleibt dadurch unerreicht. UND (!) Er hatte die UPSETTERS
als Fundament für die wahrscheinlich originellste Musik, die jemals von Menschen produziert wurde. Darüber hinaus konnte er mit den Original Wailers „arbeiten“ und konnte mit anderen Special Musicians – wie zum Beispiel Ras Michael and the Sons Of Negus – fantastische Alben produzieren. Alben, die so gut waren, das sie bis heute und wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit immer wieder neue DubVisionäre inspirieren, ebenfalls ihr Glück mit DubMusic zu suchen und dann selbstverständlich auch zu finden.
Ja, das brauchte ich jetzt einfach nochmal. Heute kann man viel mit der Technik ausgleichen aber den Spirit der Originale wird man nicht mehr erreichen können, denn das Licht, was deren Köpfe erleuchtet hat, scheint an Kraft verloren zu haben und erleuchtet die Musiker von Heute nicht mehr ganz so wie zu einer Zeit, als die Geburt von ReggaeMusic das „blühende Leben“ hervorgebracht hat. Ganz besonders die vielen Heimwerker-Dubs, die sehr oft im Alleingang und ohne wirklich faszinierende neue Ideen entstehen, kommen an diese Originale einfach nicht mehr heran. Das ist aber auch echt schwierig und man sieht auch im Filmgeschäft heutezutage viel zu viele „remixe“, weil eben jedes Thema schon mindestens einmal dagewesen ist. Dazu kommt noch, das auch im Film nur noch – im übertragenen Sinne – „Steppers Filme“ vom Großteil des „Pubsikums“ angeschaut werden. Da geht ja auch nix mehr ohne Bumm Bumm und immer in die Fresse rein. Eine filmische Einleitung wie z.B. bei „Spiel mir das Lied vom Tod“, wo in den ( gefühlt ) ersten 20 Minuten kein einziger Ton gesprochen wird, halten die leute heute gar nicht mehr aus. Dabei ist genau das – aus meiner Sicht – die wahre Filmkunst. „Ich mag das Geräusch, was entsteht, wenn alle Leute ihre Schnauze halten“

Der Spruch ist nicht von mir aber ich halte jetzt auch mal lieber wieder meine Schnauze ;-)

Bin „etwas“ vom Thema abgekommen ………………………… lemmi

Eigentlich wollte ich noch schreiben, das sich die Heimwerker nicht von mir entmutigen lassen sollen. Aber die machen ja sowieso auch ohne meine Meinung ihr Ding. Und das ist ja auch völlig in Ordnung so. Gefällt mir ja auch aber es kommt bei mir eben nicht ganz so gut an wie eben Lee Scratch Perry and The Upsetters.
Ich denke ja dabei auch durchaus 2 bis 4000 Jahre voraus und dann werden alle Dubs, die bis heute produziert wurden, relativ auf die Zeit bezogen, quasi zur selben Zeit erschienen sein und dann wird man wahrscheinlich merken, das ja auch die heutigen Neuheiten bereits 4000 Jahre alt sind und im Vergleich zu den etwa 40 Jahre älteren, zwar einen leicht satteren Sound haben aber eben nicht mahr ganz so viel von dem Spirit, den die Aufbruchstimmung von Reggae mit sich gebracht hat.

( Jaja, ich weiß ! ….. ich wollte ja meine Klappe halten )

Bei Spotify werden jetzt auch schon Musikprogramme angeboten. Mit fertig vorproduzierten Drumrhythmen im garstigen computersound und anderen vorproduzierten gruselgimmiks, die man dann wohl mit ein paar mausklicks noch mit irgendwelchen uninspirierten Melodien anreichern kann. Die „inspiration“ besteht dabei in möglichst schnell hingerotzten ( vielleicht sogar hingekotzten ) „hooklines“ die für oberflächliche Klicks und damit der einzigen Aussicht auf ein bischen Kohle sorgen sollen. Musik vom Computer für den Computer. „Es lebe die Zukunft“
Für die macher von Spotify das beste Geschäft was zur Zeit naheliegt. Für Menschen die gern faszinierende, wirklich kreative, spirituelle Musik hören wollen, wäre das dann das Ende.

Ok Ok, jetzt halte ich aber echt erst mal meine Klappe ………………………… lemmi

„Für Menschen die gern faszinierende, wirklich kreative, spirituelle Musik hören wollen, wäre das dann das Ende.“ > ein bisschen zu theatralisch lieber Lemmi und das wird so auch nicht geschehen. Versprochen ;) seeen

„Theatralisch“ bedeutet :
in seinem Gehaben, seinen Äußerungen gespreizt-feierlich, pathetisch
( musste ich für mich grad nochmal konkret googeln )

Sorry aber genau so bin ich doch fast immer ;-) und ich persönlich möchte meinem Enthusiasmus für Reggae und Dub nur und einzig und allein auf diese Weise Ausdruck verleihen. Und auch in diesem Satz verspüre ich eine gewisse Theatralik ;-)
Versteh mich bitte nicht falsch. Ich bin ja keine „Zanktippe“ aber ich sehe da in der Musik schon eine Entwicklung die in „Schlecht und Billig“ übergeht. Ich bin aber doch eher der oberflächliche Beobachter unserer Zeit und von daher hoffe ich, das du dein Versprechen halten kannst.
Diese Entwicklung ist vielleicht auch ein Vermächtnis aus Jamaica. Denn seit „Sleng Teng Casio“ ging es im Prinzip schon bergab. Ab da hörte man viel zu viel von dieser Billigmucke inna Dancehall und das hat sich bis heute nur noch verschärft.
Ex und Hopp is die Devise. Ganz besonders bei vielen Jamaicanern. Traurig.

Ok, ich versuche jetzt meine „Angriffsfläche“ möglichst klein zu halten und rudere devot ein bischen zurück. All meine Eindrücke können auch völlig falsch sein, denn ich war noch nie in Jamaica aber ich höre da fast nur noch „casiomucke“ . Die mir manchmal aber trotzdem auch gefällt. Und ansonsten habe ich mich eigentlich schon mein ganzes Leben über den „Musikgeschmack“ der meisten Leute nur gewundert.
Ich bin so sehr von Reggae und Dub geflasht, das es mich auf einen „Tron aus Gold“ gehoben hat. Hier Oben fühlt sich das alles so dermaßen gut an, das ich mich tatsächlich immer wieder mal selbst zurück auf den Boden der Tatsachen holen muss. Ich empfinde eine fast schon maßlose Arroganz gegenüber allem, was nicht der glorreichen Zeit des Reggae entsprungen ist. Mir ist sogar egal, ob das noch gesund ist.
Ich bin Fanatist ! Ich bin süchtig ! Ich habe den Verstand hinten dran gesetzt !
Ach Mann, mir fällt grad echt nix ein, was noch theatralischer klingt.
Außerdem hätte ich mir den Text wohl auch getrost sparen können aber ich liebe die Theatralik. Ein Peter Ustinov als Nero dient da für mich als perfektes Vorbild.
Oder ein Robert De Niro als Al Capone ! Oder gar Bob Marley auf der Bühne. Ja, bevor es jemand von euch sagt, ich weiß, der Vergleich hinkt und für mich ist da noch ne ganze Menge Luft nach oben.
Ich hoffe nur, ich diene nicht eines Tages als abschreckendes Beispiel für jemanden, der unter „Reggaemylitis“ ( nicht ) leidet.

Ich allerdings werde immer stutzig, wenn jemand sagt, „ich höre eigentlich alles“.

Das sind Menschen, die den ganzen Tag Radio hören können, ohne den geringsten Anfall von Zorn zu bekommen. Das übersteigt meinen Horizont und legt bei mir den Verdacht frei, das sie eigentlich nichts richtig hören. Aber hey, was für ein naives Gequatsche von mir. Hat sich so entwickelt und ich hatte keinen Bock das zu löschen. Ein paar Standpunkte sind da aber auch echt fix bzw. fest verankert in meinem Kopf, bzw. Magen und Darmtrackt. Ok, ich weiß, Abführmittel können da ganz hilfreich sein.

Es kam so über mich ………………………… lemmi

Bleib bitte so theatralisch, lemmi. Ich feiere Deine Kommentare, die durchwegs unterhaltsam sind und sehr oft genau in’s Schwarze treffen.

„Smitty Rob“? :-)))
Über die Mixes vom Herrn Smith kann man durchaus geteilter Meinung sein, hier finde ich seinen „Police in Helicopter – Rob Smith AKA Rsd-Remix Dub“ mit der Violine und den Pizzicato-Samples ganz wunderbar… herrlich laid-back.

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