Bei neuen Arbeiten vom Dubvisionist werde ich reflexartig neugierig, denn Dubs von Felix Wolter würde mir der Netflix-Algorithmus mit mindestens „98 % Übereinstimmung“ vorschlagen. Die Trefferquote liegt also bei der von Biontech. Zum Glück hat der Hannoveraner Dub-Produzent einen steten Output-Pegel an qualitätsvollen Dubs – und das bereits seit den 1980er Jahren. Er und ThaiGrr gründeten damals The Vision, eine wegweisende deutsche Reggae-Band, deren Aufnahmen die Grundlage einiger fantastischer Dub-Alben waren, die Felix im Laufe der Jahre schuf. In jüngerer Zeit lieferte er viele überzeugende Dub-Mixes im Auftrag von Echo-Beach.
Nun hat der Dub-Wizzard in seinen Archiven gestöbert und mit „Treasures from the Harddrives“ zehn spannende und trotzdem bisher unveröffentlichte Dubs zu Tage gefördert. Warum sie bis jetzt eine rein virtuelle Existenz zu fristen hatten, erscheint beim Hören völlig unverständlich, denn sie sind in jeder Hinsicht vorzeigenswert. Ich bin begeistert vom Sound (der Meister versteht sein Mastering), von den Arrangements und natürlich den Mixes. Vor allem aber vom Abwechslungsreichtum der Track-Auswahl. Vielleicht ist das ja ein Bonus, der sich automatisch Einstellt, wenn Aufnahmen aus unterschiedlichen Kontexten kompiliert werden. Die Leistung besteht dann aber zweifellos darin, dafür zu sogen, dass alles trotzdem wie aus einem Guss klingt. Der Dubvisionist hat diese Herausforderung mit Bravour absolviert.
Lange Rezi, kurzer Sinn: Mir gefällt das Album ausnehmend gut. Während manche Alben vor allem durch Atmosphäre und Sound überzeugen und für eine Existenz im Hintergrund prädestiniert sind, bieten sich die „Treasures“ von Felix dem bewussten Zuhören geradezu an. Highly entertaining – 98 % garantiert.
3 Antworten auf „Dubvisionist: Treasures from the Harddrives“
Lange ist es her und doch war ich ( mal „wider“ ) spät dran.
Es muss ja so etwa 1991 gewesen sein. Ich war da schon voll aufm DubTrip. Und so kam es, das wir eines Tages nach Hannover „gedüst“ sind, um uns einem DubEvent hinzugeben.
In die Schule kam ich grundsätzlich und aus Prinzip zu spät aber bei Reggae und DubEvents durfte nicht die geringste Gefahr bestehen, auch nur einen einzigen Ton zu verpassen. Und so waren wir mal wieder mindestens ne Stunde zu früh da. Aber was heist schon zu früh ?! Wir nahmen Platz an der Theke, die sich in einer angrenzenden Kneipe im selben Gebäude befand, wie der DanceFloor, auf dem heute das DubEvent stattfinden sollte. Ich hatte gerade den ersten Schluck aus meinem Biergläschen die Kehle runter gleiten lassen, als die charmante Kellnerin die „Backgroundmusik“ etwas lauter drehte, so das ich sie nun ganz bewusst wahrnehmen konnte. Niemand außer mir, zeigte irgendeine Reaktion. Ich allerdings bekam sofort wieder meine Schnappatmung, die ich immer bekomme, wenn ich – für mich – so dermaßen geile und brandneue Musik höre. Nachdem ich ein paar tröpfchen Bier auf die Theke gesabbert habe, weil ich das Glas nicht so schnell absetzen konnte, wie mir die Frage unter den Nägeln brannte, stellte ich der ( hatte ich das schon erwähnt ? ) sehr charmanten Kellnerein die alles entscheidende Frage ? „Willst du mich heiraten ?“ Ach nee, quatsch …. Verwechslung ! Wie und von wem die Scheibe is, wollte ich wissen. Ja; und dann hielt sie mir das Cover von The Vision and Friends „Dub Revision“ vor die Nase und ergänzte das mit den Worten ( sinngemäß ), Dub aus Hannover !
Hä, dachte ich … Dub aus Hannover ?!? Und das gefällt mir dermaßen gut, das ich Schnappatmung bekommme ?! Sowas hätte ich zum damaligen Zeitpunkt für unmöglich gehalten.
Das war die Initialzündung für mich, mir meine Vorurteile gegen Reggae,Dub und überhaupt Musik aus d-land mal ganz schleunigst abzugewöhnen. Heute zählen meine Vorurteile schon viele Jahre bzw. Jahrzehnte zu meiner „finsteren“ Vergangenheit.
Und so zählt der DubVisionist schon seit vielen Jahren auch für mich mit zur Creme de la Creme der DubWizzards around The World !
Die Schätze, die wir hier nun dargeboten bekommen zeigen, warum Felix Wolter für mich in der ersten Liga der DubWizzards eine feste Größe geworden ist.
„Visit at the Funny Farm“ macht schon mal die Truhe ganz weit auf, in der sich die magischen DubGimmiks befinden. Wobei mich hier auch der ganze Riddim mit diesen fantastisch anmutenden „Klavierepisoden“ und den gedubbten Fanfaren im vorderen Hintergrund schlichtweg ins Tal der positiv Durchgeknallten schickt und mich in grenzenlose Verzückung setzt.
Da is mir dann auch egal, wenn Knecht Ruprecht oder Santa Klaus mit seinem Rentierschlitten mitten durchs Bild fährt und ein paar „flying cimbals“ erklingen lässt, die wohl um die Hälse der Rentierchen gebunden sind, damit keins verloren geht. Ich finde das hier überhaupt nicht schlimm, wollte aber schon immer mal Fragen, ob es nicht Tierquälerei sein könnte, wenn zum Beispiel die Kühe beim Almabtrieb immer diese fetten und sehr lauten Bimmelglocken um die Hälse tragen müssen. Mir als Kuh, würde das echt ganz schön auf die Nüsse gehen, muss ich gestehen.
„CocatooTatoo“ zeigt, das es nicht immer ein Reggaebeat sein muss, um ein gutes Dubfeeling zu vermitteln. Mir fallen hier vor allem erst mal die gekonnt eingestreuten Percussionschnipsel sehr positiv auf und die Effektschleusen für Synthesizerspielereien sind weit geöffnet, so das der leere Raum sich mit DubMaterie akkumuliert. Wow, ich hoffe mal, ich hab jetzt nicht untertrieben ;-) …… „Jamaican Understatement“ .
Ok, nur weil ich jetzt nicht auf jeden Dub einzeln eingehe, heißt das nicht, das sie es nicht Wert gewesen wären aber ich finde die Dubs alle klasse. Mein LieblingsDub ist inzwischen der
„Victory Dub“ oder ist es doch der „Weepin N Wailin“ ?! Kann sein, das es am Ende doch wieder „Here I Come“ von Barrington Levi wird. Ich weiß es noch nicht.
Auf jeden Fall bilde ich mir ein, das man den Spaß heraushören kann, den der DubVisionist hierbei gehabt haben muss.
Ein ganz kleines bischen möchte ich aber noch zum Mastering schreiben. Der Mad Professor musste hier auch schon so einiges an Kritik einstecken und auch der DubVisionist ist nicht ganz frei von „Sünde“. Das was Mad Professor gelegentlich ( immer ) zu viel an Höhen präsentiert, ist mir beim DubVisionisten ( nicht immer ) ein klein wenig zu dumpf. Er hat halt auch richtig Bock auf Bass ! Leider gerät mir der Sound dabei ein wenig zu dumpf. Aber naja, dafür gibt es ja schließlich die Knöpfe für Bässe und Höhen, die ja zum Glück an jeder guten
MusikAnlage dran sind. Oder ist hier jemand, der meint high-end wäre für irgendwas auch nur im Ansatz eine Lösung ?? ;-)
Ich fühle mich ja meistens eher so wie das Problem „als wie“ Teil der Lösung ;-) ……………………………… lemmi
Sehr nette Story, Lemmi!
Ich weiß ja auch nie, was am Ende „hinten“ rauskommt. Aber diese Story gefällt mir selbst ganz gut ;-)
Danke für das Upliftment René !
So long …………….. lemmmi – 1m