Kategorien
Five Star Review

Jah Shaka Meets Aswad in Addis Ababa Studio

Unglaublich: Jah Shaka alias „The Zulu Warrior“, einer der rätselhaftesten Künstler, Produzenten und Pioniere des Reggae und Dub, die Speerspitze der Londoner Soundsystemkultur ist tot. Er starb (vermutlich) am 12.04.2023. Sein präzises Alter und die Todesursache wurden nicht bekannt gegeben.
Jah Shaka von dem noch nicht einmal sein bürgerlicher Name bekannt ist, war bereits zu Lebzeiten eine Ikone. Geboren wurde er in Chapleton, der Clarendon Parish auf Jamaika. Noch als Kind kam er 1956 mit seinen Eltern als Teil der Windrush-Generation nach London. Für ihn und seine Zeitgenossen waren Musik schon immer ein wichtiges Werkzeug, um die feindliche, rassistische Umgebung zu kompensieren, in der sie sich befanden. Mit ein paar Schulfreunden gründete er 1962 eine Reggae-Band. Ende der 1960er trat er dem lokalen Soundsystem Freddie Cloudburst bei, das ihn zur Musikindustrie führte.

Von der Rastafari- und der US-Bürgerrechts-Bewegung inspiriert, gründete Jah Shaka kurze Zeit später sein eigenes Soundsystem. Ein Schlüsselmoment war, als er 1976 bei einem Clash gegen Lloyd Coxsone antrat, eines der zu der Zeit angesagtesten Soundsystems in England. Es endete damit, dass Coxsone einsehen musste, dass er verloren hatte und den Dance abbrach. Das Jah Shaka-Soundsystem war wenige Jahre nach seiner Gründung das angesehenste Soundsystem außerhalb Jamaikas. Später zeigten sich auf Jah Shakas Dances regelmäßig bekannte Persönlichkeiten der Londoner Reggae-Szene, wie etwa Earl Sixteen oder auch Yabby You.

Ende der 1970er startete Shaka ein eigenes Label, auf dem er seit Anfang der 1980er Jahre eigene Produktionen veröffentlichte, wie die „Commandments of Dub“ Serie. Es entstanden im Laufe der Zeit auch mehrere Kollaborationen mit namhaften britischen Künstlern, wie Aswad und Mad Professor, die aber teilweise auf anderen Labels erschienen. Hinzu kamen auch Aufnahmen mit Horace Andy, Max Romeo und den Twinkle Brothers. Mehrmals reiste er nach Jamaika und produzierte dort in King Tubby’s legendärem Studio in Waterhouse oder im Music Works Studio von Gussie Clarke u. a. mit Veteranen wie Willie Williams und Max Romeo, aber auch mit jungen Musikern wie Icho Candy.

In den 1980ern war Jah Shaka eigentlich abseits des Mainstreams, denn der Trend ging zu digitalen Sounds und Slackness. Während sein Soundsystem mit einem einzelnen Plattenspieler neben dem Mischpult antrat, hielt Shaka als Rastafari an seinem „Roots and Culture“-Programm unbeirrt fest. Neben sozialkritischen Anliegen griff er schon immer vor allem spirituelle Themen der Rasta-Kultur auf, begleitet von donnerndem Bass und monoton-hypnotischen Sounds, mit denen er sein Publikum in Trance-ähnliche Zustände versetzte. Seine Dances entwickelten von Anfang an eine mystische Atmosphäre, die dem Publikum oftmals mehr religiösen oder politischen Veranstaltungen zu gleichen schienen, als gewöhnlichen Party-Veranstaltungen. Jah Shakas Verständnis der Musik war immer spiritueller Art.

Viele britische Dub-Künstler wurden durch Jah Shaka inspiriert, wie beispielsweise die Disciples, aber auch die Slits. Insgesamt entwickelte Jah Shaka einen großen musikalischen Einfluss auf den gesamten britischen Dub und ganz speziell auch auf die Entwicklung von Jungle und Drum & Bass.

Bei einem Hausbrand im Jahr 2000 wurde Shaka schwer verletzt und war lange Zeit außer Gefecht gesetzt. Danach setzte er – stark wie immer – seine Liveauftritte wieder fort und tourte regelmäßig in Großbritannien und gelegentlich andernorts in Europa, den USA oder Japan.

Jah Shaka unterstützte in Jamaika und Ghana verschiedene Sozialprojekte, wie Schulen, Krankenhäuser und Fußball-Jugendmannschaften und war bis zu seinem Tod aktiv. Gerade noch vor ein paar Tagen hat er seine Tourdaten für dieses Jahr bekannt gegeben. Er wollte in ein paar Londoner Clubs und Musikfestivals in Großbritannien auftreten. Darüber hinaus wollte er für seine vielen japanischen Fans durch Japan touren.

Eigentlich wollte ich noch kurz die „Commantments of Dub Chapter Two“ (Jah Shaka Music) besprechen. Da haben mir dann die einschlägigen Streaming-Dienste einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht. Dennoch bin ich mir sehr sicher, dass auch „Jah Shaka meets Aswad in Addis Ababa Studio“ (Jah Shaka Music) ein erstklassiges Album ist, welches auch euren Nerv trifft. Dieses Set wurde 1985 veröffentlicht, im selben Jahr, in dem der computergesteuerte „Sleng Teng“ Riddim eines Prince Jammy über Jamaika fegte und danach im Reggae nichts mehr so war wie zuvor. In England war „Jah Shaka meets Aswad“ ein Riesenerfolg und schaffte es in die britischen Reggae-Charts.
Dieses 7-Track-Album, mit gerade einmal knapp 30 Minuten Spiellänge, wurde von Aswad eingespielt und komponiert. Produziert, arrangiert und abgemischt wurde es von Jah Shaka. Geniale 30 Minuten Magie, die Aswad vor ihrer Pop-Reggae-Ära in Spitzenform präsentieren. Von „Addis Ababa“ bis hin zu „Shaka Special“ oder „Rockers Delight“ sind es die Kompositionen, die auf monotonen, mächtigen Bass-Lines, Drums und Keyboards basieren, welche die Stärke dieses Albums und ganz besonders Jah Shakas ureigenen Sound ausmachen. Jeder Track nimmt dich mit. Der „Drum Dub“ ist eine Version des Studio One Klassikers „Drum Song“, im Original von Jackie Mittoo, und das „Aswad Special“ ist Augustus Pablos „Cassava Piece“, welches als „King Tubby meets Rockers uptown“ noch viel bekannter ist.

Jah Shaka, du Magier am Mischpult, du soziokultureller Basisarbeiter und kreativer Echokämmerer, ruhe in Frieden.

Bewertung: 5 von 5.

6 Antworten auf „Jah Shaka Meets Aswad in Addis Ababa Studio“

Rest In Peace JAH SHAKA …

Ich weiß nicht, ob es Ok ist, in einem Nachruf die uneingeschränkte Wahrheit zu schreiben. Zu meiner Wahrheit gehört, das ich nicht zu den größten Jah Shaka Fans hier auf Erden gehöre. ( Eigentlich habe ich gar keine Lust das zu schreiben, geschweige denn abzuschicken aber zu meinem Glauben gehört es, das Jah Shaka inzwischen eh weiß, wie ich zu seiner „Definition von DubMusic“ stehe, bzw. gestanden habe ). Irgendwie war ich mit seinen Effekten und seinem Sound nicht so ganz zufrieden. Bei meinem Kumpel ( R.I.P.), war das wohl auch anders, denn er hat mir vieles von Jah Shaka vererbt. Dazu gehörten auch Scheiben aus der Reihe „Commantments Of Dub“ ! Aber für mich ist „JAH SHAKA Meets ASAWAD in Addis Ababa Studio“ die beste Scheibe, die ich von JAH SHAKA kenne.
Hier könnte man ja jetzt schon wieder etwas streiten, ob es überhaupt eine DubScheibe ist, denn zumindest mir ist kein vorausgegangenes VocalAlbum dazu bekannt. Dennoch klingt es für mich einwandfrei nach DubMusic !
Leider habe ich auch nie eine Live-Performance von JAH SHAKA erlebt, so das ich von der Magie, die von Ihm und seinen Dances ausging leider auch nix mitbekommen habe. Das ist um so schlimmer, weil er sogar mal auf nem SummerJam in Köln live and direct aufgelegt hat aber ohne das ich davon etwas mitbekommen habe. Es hätte mich allein schon fasziniert, wie er die Pausen überbrückt, die ja zwangläufig entstehen, wenn man nur einen Plattenspiler zum Auflegen hat, bzw. benutzen will.
Nun isses zu Spät für mich. ( Selbst Schuld lemmi, du hattest deine Chance und hast sie nicht erkannt ).

Greetings …………………… lemmi

hi lemmi
bei mir laufen momentan „Jah Shaka meets Pepper – In Addis Ababa Studio’s“ (1985) und „Junior Brown – Fly Me Away Home (Jah Shaka Music, mit Dub-Versionen vom Zulu Warrior)“ (1984) sehr regelmässig, beides klassische Showcase-Alben, also waschechter Dub, die mir persönlich sehr gut gefallen… viele andere LPs finde ich auch eher mässig, da verstehe ich dich…

Ich fühle mich eh oft noch tagelang etwas schlecht, wenn ich nicht nur good Vibes versprühe. Vielleicht sollte ich meine „Wahrheiten“ dann doch lieber ein bischen mehr für mich behalten.
Deine Beispiele könnten mich veranlasssen, meinen KondulenzKommentar zu löschen bzw. stark zu bearbeiten.
JAH Shaka meets Pepper kannte ich nicht. Auch der Sound gehört nicht zu meinen Favoriten aber das Album ist als Roots und Dub einfach nur Spitze.
Die Junior Brown Scheibe klingt schon fast ein wenig nach Mad Professor für mich. Die beiden waren wohl auch gute Freunde und es wäre nicht die erste bzw. einzige Zusammenarbeit.
( Wahrscheinlich irre ich mich aber ich konnte schon wieder meinen Gedanken dazu nicht „zensieren“ )

Gut, das wir nochmal drüber gesprochen haben ……………. lemmi

Ich befürchte, ich liege trotzdem falsch. Aber ich habe jetzt das Album „Fly Me Away“ gefunden. Das klingt auch für mich null komma null nach Mad Professor.
Was ich heute morgen fand, war dieser hier :

https://www.youtube.com/watch?v=-3Ic6W9U6Pw

Das klingt – für mich – zumindest sehr stark nach Ariwa Sound bzw. Mad Professor ( allerdings ohne BassFurz und das macht mich skeptisch, ob denn meine Assoziation zu Mad Professor haltbar ist ).

Nice Up di Dance …………………. lemmi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.