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King Size Dub 23

Nun ist das Jahr 2023 gekommen, das auf Echo Beach-Veröffentlichungen seit jeher als Produkionsjahr angegeben wurde, und mit Nummer 23 die neuste Ausgabe der Compilation-Reihe King Size Dub. Das Cover von King Size Dub 23 (Echo Beach) gehört schon mal zu den schönsten der Serie: Hier sehen wir also den legendären Echo Beach durch die Augen des slowenischen Künstlers ROK, der ja auch schon für Ariwa tätig war. Junge und Alte aller Herkünfte feiern unter Palmen das Sound System, und in der Tür lehnt lächelnd der Hausheilige King Tubby. Was also bringt der Sound? Zunächst mal eine Reihe alter Bekannter: Die eigentlich aufgelösten Noiseshaper eröffnen überraschenderweise mit einem quicklebendigen Dub-House-Track. Gleich danach wird es deep mit Mexican Dubwiser, einem der interessantesten aktuellen Label-Acts. Mit einer so humor- wie effektvollen Version von JJ Cales Koksklassiker „Cocaine“, gesungen von Earl 16, erklingt dann auch schon die erste von zahlreichen Coverversionen. Gut die Hälfte der Tracks sind Interpretationen von (hauptsächlich) Pop-, New Wave- und einigen Reggae-Klassikern, ein Feld, dem sich das Label in den letzten zehn Jahren mit besonderer Hingabe gewidmet hat. Dass dieser Maximalismus auf der Verbraucherseite gewisse Ermüdungs- und Abnutzungserscheinungen provoziert, ist verständlich. Aber auf dieser Strandparty mischt sich die Prominenz ganz unbefangen unter die ganz normalen Leute, und es lohnt sich den Partygesprächen genauer zuzuhören. Mit „Armagideon Time“ wird Willie Williams’ zeitlose Apokalyptik einmal mehr aktualisiert. Die Version von Seanie T und Aldubb orientiert sich melodisch an der von The Clash, Rob Smiths Onedrop Remix führt ihn einerseits rhythmisch wieder zurück zu seinen jamaikanischen Wurzeln, schreckt dabei aber auch nicht vor Streicher-Pizzicato zurück. The Clash recken noch mal ihr Haupt mit „Guns of Brixton“, minimalistisch auf Drums&Bass reduziert von Mannaseh, und eingespielt von den Schweizern Dub Spencer & Trance Hill, die ja ihre ganz eigenen Art von Reggae-Populismus entwickelt (und ihrem Hamburger Label damit den Floh mit den Coverversionen wohl erst so richtig tief ins Ohr gedrillt) haben. An dieser Stelle ist, was auf Albumlänge einfach zuviel des Guten und mitunter Mittelmäßigen war, richtig portioniert. Musikalisches Highlight ist die Version von Dub Syndicates „Mafia“ feat. Bim Sherman, ein Tune bei dem offenbar nicht viel falsch zu machen ist. Darüber hinaus sorgen Misled Convoy meets Uncle Fester on Acid nicht nur für den bodenlosensten Droput-Moment, sondern auch für die Verbindung zum verschwägerten On-U-Sound-Label. Für Highlights der eigenen Art sorgen schließlich Autor Alan Moore mit einem Spoken-Word-Beitrag und Kid Loco mit einer Version von Kraftwerks „Robots“, letztere ein leckerer Vorgeschmack auf kommende Ereignisse an diesem Strand. Abschreckendes Gegenbeispiel ist „Dub to be Wild“ von RE-201 ft. Awa Fall. Ein Steppenwolf im Dub-Pelz, diesen missglückten Kalauer kann auch ein Zion-Track-Remix nicht retten. Und auch Paolo Baldini hat sich in seiner Kollabo mit L.A.B. einfach einen etwas schwachen Track ausgesucht. Ansonsten gehört Volume 23 zu den Höhepunkten der dienstältesten Dub-Serie im deutschsprachigen Raum. Nicht nur wegen der Zahlenmagie, sondern dank des breiten Spektrums an Stimmen und Meinungen und einer gerade noch ausgewogenen Balance zwischen Altbekanntem und Neuem, Experimenten und Mainstream-Manövern. Mehr Frauen im Line-Up als auf dem Cover wären für die Zukunft wünschenswert. Und weniger Rocksongs.

Bewertung: 4 von 5.

3 Antworten auf „King Size Dub 23“

Also mir gefällt das Cover in diesem Fall am besten.
Und die inzwischen zig mal aufgebrühten Versionen der meisten DubVersions kenne ich inzwischen alle in besseren versionen. „Mafia“ mit Bim Sherman ist und bleibt – jedenfalls für mich – in der „Original Version“ vom Dub Syndicate auf „Strike The Balance“ unantastbar und jeder Versuch, das toppen zu wollen ist nahezu größenwahn und auch wenn das etwas übertrieben von mir ist, so ist es doch zumindest ein Fehler. Aber wie wir gelernt haben, so gilt im Dub : „Jeder Fehler ist eine neue Version. Von daher, macht doch was ihr wollt aber ich muss das ja nicht alles genauso abfeiern.
Für mich ist ein Leitsatz von Adrian Sherwood ganz entscheidend ! „At first you need a good riddim, before you can make a good dub“ ( Ein Leitsatz, an den er sich hin und wieder selbst nicht so ganz halten konnte, weil es eben nicht jedem so selbstverständlich in die Wiege gelegt wurde, gute Riddims zu machen ).
Gute Riddims kommen – für mich als ReggaeFan – aber schon immer aus Jamaika und der „Verwandschaft“ in England und natürlich auch aus Afrika !
Womit ich zum letzten Satz in der Rezension komme, der es – für mich eindeutig – auf den Punkt bringt :
„….. weniger Rocksongs !“ ( und vor allem auch popsongs )
Ich frage mich auch, wer denn hier für die meisten Malerfolien verantwortlich ist, die hier als Rhythmusteppich verlegt wurden, da es für einen richtig gut gewebten Teppich wohl nicht ausgereicht hat.
Insgesamt habe ich das Gefühl, man möchte Versuchen gewissen Leuten auch eine art von Dub „schmackhaft“ zu machen, die sonst mit Reggae und Dub nix am Hut haben.
Ja, was solls. Kann auch alles falsch sein, was ich hier schreibe aber so sind meine Empfindungen dazu. Ich muss das eigentlich auch nicht ausmachen aber hin und wieder überkommt mich sogar so etwas wie Zorn. Es gibt sehr viele Dinge, die mich hier auf Erden zornig machen ( manchmal bin ich es sogar selbst ) aber das mich Reggae oder gar Dub zornig machen, ist dann ganz klar am Thema vorbei.
Am meisten Zorn bekomme ich hier bei „Police in Helicopter“ von Rob Smith. Der nervt mich sehr oft aber nicht immer. Seine „definition“ von Rhythmus stößt mich ganz besonders in diesem Fall regelrecht ab. Ich könnte jetzt eine kleine „Shitparade“ aufzählen. Vom „schlechtesten“ bis hin zum am wenigsten „schlechten“ aber das wäre dann mein ganz privater Quatsch und eigentlich gibt es keine schlechte Musik aber diese Compilation hier hat mich nunmal enttäuscht.
Ich bin der festen Überzeugung, daß „Tim BenzCo- Musik“ kein Fundament für Dub hat PUNKT !!! Und wenn schon „Cocain“ dann von Dillinger ! Basta !
( Als ich noch keinen Reggae kannte, fand ich „Cocain“ vom Erich auch ganz nett aber ich möchte nicht unbedingt zurück in diese Zeit, wo ich noch keinen Reggae kannte ).
Versteht mich nicht falsch. Mir ist der Reggae schon zu Kopf gestiegen, als es noch Ska war. Ich betrachte Musik inzwischen von einem ganz hohen Ross aus. Bei mir hat sich eine regelrechte „Aggroganz“ genüber allen musiken entwickelt, die nicht irgendwie in Afrika verwurzelt sind ( Ausnahmen gibt es immer … ) und auch bei mir „gilt der prophet im eigenen Land nix“. Deutsche Musik langweilt mich zu tode. Und auch alles, was die deutschen sich üblicherweise so gern anhören. Is jetzt sehr pauschal, gebe ich zu aber ich bin grad in so einem Modus der Abrechnung. Es gibt gute deutsche Musiker aber die sind auch nur gut, weil sie keine deutsche musik machen. Ach sorry, ich rege mich ja nur auf. Unter anderem auch deshalb weil beim Summerjam, – wenn überhaupt – auch nur noch reggay läuft.
Ja, auch Kabaka Pyramid hat sich – für mich – nach reggay angehört.

So long ………………… lemmi

Ich bin ebenfalls enttäuscht, wundere mich, dass so eine Scheibe hier vier Sterne bekommt, ich gäbe allerhöchstens zwei!
Ich gebe zu, dass ich es nicht mal schaffte alle Songs ganz durchzuhören, zu unpassend für mein Hörvergnügen!
Das Cover ist tatsächlich etwas vom Besten am Ganzen…

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