Dub Mixe von Peter Chemist zeichnen sich durch eine eigenwillig spröde Ästhetik aus. Da Chemists Output mit nur einer Handvoll Dub-LPs recht überschaubar geblieben ist, hier ein von ihm produziertes Showcase Album. So genau weiß man es nicht: Trägt die LP nun den Titel „Showcase“ oder ist es lediglich ein Hinweis darauf, dass „I’m Still Dancing“ ein Showcase Album ist? Fest steht jedenfalls, dass der Sänger nicht wie auf dem Cover Micheal sondern Michael Palmer heißt. Dessen erste LP von 1983 war seit langem und zu Recht gesucht und kaum unter einem dreistelligen Betrag zu kriegen. Angereichert mit Liner Notes von John Masouri auf einem Extrablatt gibt es die Platte jetzt originalgetreu auf dem französischen Iroko Label. Mit dem alten Cover inklusive Druckfehler, Limonious Comic-Rückseite und ohne schnöden Barcode. Der 1960 geborene Michael Palmer hatte als Teenager für Ossie Thomas seine erste Single „Mr. Landlord“ aufgenommen, erfolgreich wurde der Tune auf dem Get In The Groove Riddim aber erst, nachdem Sonia Pottinger ihn 1980 nochmal aufgenommen hatte. Ab da wurde Palmer einer der gefeierten Sänger der letzten Jahre der prä-digitalen Dancehall-Foundation. Er war kein Dread, er verstand sich als Roots-Reality-Sänger. Palmer kam aus der „feurigen Hölle“ von Kingston 13 (Maxfield Park) und sang im Opener seines bei Channel One produzierten Debüts: „Uptown people want to dance funky – people in the ghetto dance the waterpumpee. Uptown people dance electric boogie – people in the ghetto do the cool & deadly“. Die Riddims stammten von den Roots Radics und wurden vermutlich von Scientist aufgenommen. Anders lässt sich nicht erklären, wie dessen Name auf das Cover kam. Denn „I’m Still Dancing“ ist das Werk von Peter Chemist, den Palmer ausdrücklich in „Ghetto Dance“ erwähnt. Auch der Sound der Produktion, mit kaum wahrnehmbarer Hihat und eigenwilligen Echos, weist auf Peter Chemist. Der fabriziert hier außergewöhnlich spartanisch raue Dubs zu den sechs Vocaltunes. Den Party Time Riddim mischt er ganz ohne Hihat mit verspielten Echos und Akzent auf der Snare. „Ghetto Dub“ positioniert die Drums mit Gated Reverb Effekten um ein verzerrtes Gitarrenthema. „Gwan Dub“ reduziert das Schlagzeug auf Bassdrum mit unterlegten Snare-Echos. Palmer setzte die Zusammenarbeit mit Peter Chemist bei seinem von George Phang produzierten, extrem erfolgreichen Nachfolgealbum „Lick Shot“ fort, auf dessen Coverrückseite er von seiner Art des Songschreibens erzählt. Was die Angabe „all tracks written by Jah Thomas“ auf „I’m Still Dancing“ fragwürdig erscheinen lässt. Thomas hatte das Album für sein Midnight Rock Label produziert, sich ansonsten aber rausgehalten. Den Deejay-Part für eine Greensleeves Maxi des Krachers „Ghetto Dance (Babylon give wi a chance)“ überließ er Jim Brown, eine weitere Greensleeves Maxi mit dem Titelstück der LP und Robert Frenchs „No War“ auf der B-Seite ist aufgrund der Peter Chemist Mixe heute eine gesuchte Rarität, die jede Investition wert ist. Die klanglich überzeugende Neuauflage der LP lockt neben starken Vocaltunes mit seinem ungewöhnlichen Dub-Style. (Der leicht geänderte Text erschien zuerst in RIDDIM 02/21)
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Michael Palmer: Showcase I’m Still Dancing

Eine Antwort auf „Michael Palmer: Showcase I’m Still Dancing“
Sehr interressante Informationen stecken in dieser Rezension für mich mit drin. Ganz besonders der Hinweis auf das Iroko Label könnte ja nochmal richtig wichtig werden, wenn mir mal nach einer Rarität zumute sein sollte.
Michael Palmer ist mir nicht sonderlich bekannt. Zunächst dachte ich an Triston Palmer, der mir ebenfalls nur durch eine einzige Scheibe bekannt zu sein scheint. Die Riddims auf „I am still dancing“ sind mir ( uns ) auch größtenteils sehr geläufig. Michael Palmer singt schön unaufrdringlich und die Riddims sind auf das wesentliche „eingekocht“ worden. Die Dubs sind regelrecht minimalistisch aber eben gekonnt und Style Scott setzt die Akzente, da wo sie hingehören. Dazu gibt es hier und da noch mal so richtig Echo und Hall auf die Snare, so das der Dub für die damalige Zeit eine Punktlandung hinlegen konnte. Kann ich immer noch sehr gut ab. Zumal hier soundmäßig wirklich sehr rücksichtsvoll auf „Hihat-gecymbele“, ja sogar teilweise fast ganz auf ( der die das ) Hihat, verzichtet wurde.
Kurz und schmerzlos würde ich sagen, ja, die Scheibe hätte ich auch gern aber nur zu dem jetzt wieder akuten zweistelligen Betrag ;-)
Ich müsste sehr lange überlegen, bis mir Musik einfällt, für die ich dreistellige Beträge hinlegen würde. So wichtig mir Musik auch ist und so gut sie mir auch tut aber irgendwo muss „die Kirche auch im Dorf bleiben“. Wenn es z.B. Bob Marley-Scheiben nur noch für dreistellige unsummen geben würde, würde ich halt sagen, ok dann lass ma gut sein.
So long …………….. lemmi