Was erwartet man wohl von einem Album, bei dem sich Lone Ark, Zion High und I Grade (sprich: Roberto Sanchez, David Goldfine und Laurent Alfred) die Hand geben? So ziemlich die Roots-Granate schlechthin – noch dazu wo es sich um den neuen Release von Ras Teo handelt, der mittlerweile vom Rezensenten und – wie man hört – in der Community geschätzt wird. Und das Teil gibt’s kommt auch noch mit feinster Artwork: einem klassischen Portrait des Kaisers von Äthiopien – wann hat man sowas zuletzt in solch‘ schöner Aufmachung gesehen?
Deshalb geich vorweg: Ras Teo’s neuer Release „Ion Man in Dub“ (Forward Bound Records) und das entsprechende Vokal-Album „Ion Man“ erfüllen durchaus die hohen Erwartungen: Die Produktion ist 1A – nicht weichgespült wie so manche neuere I-Grade Produktion, sondern schön griffig; sie bedient sich klassisch anmutenden Arrangements und kann mit Extras wie feinen Bläsersätzen und wunderbaren Querflöten-Passagen aufwarten. Auch David Goldfine‘s dynamischer Dub-Mix ist gediegenes Handwerk – ohne zukunftsweisende Gimmicks, aber einem Echo, das reichlich eingesetzt und punktgenauer nicht sitzen könnte; der Hall unterstützt die passenden Passagen wohldosiert. Kurzum: Allein produktionstechnisch wäre das Ganze schon ein Fall für eine 5-Sterne-Rezension, wenn… ja wenn da nicht die Fade-outs wären. Die sind ja wohl mittlerweile ein No-go, wer macht die noch? Gerade bei Dub-Tunes sind Fade-outs eine Schande, wo sich doch Effekte en masse anbieten, um einen dubbigen Schlussakkord zu setzen. Also bitte: Das muss nun wirklich nicht mehr sein.
Wir beschäftigen uns hier zwar mit Dub, ich möchte aber trotzdem eine Lanze für das Vokal-Album „Ion Man“ (Forward Bound Records) brechen: Nicht nur Ras Teo’s samtweicher Gesang hat sich weiterentwickelt – man beachte etwa die wunderbar übereinander gelegten Backing-Vocals; auch sein Songwriting hat ein neues Niveau erreicht und langt schon an das von Ijahman Levi heran. Als eindrucksvolles Beispiel sei der Track „Hard Fe Ketch“ genannt, der ebenso gut auf einem Ijahman-Album hätte erscheinen können. Auch hier: 5 Sterne-Material, wenn… ja wenn da nicht wieder die ungeliebten Fade-outs wären, siehe oben: No-go.
Unter’m Strich haben wir’s mit zwei feinen Roots-Alben zu tun, die süchtig machen und beim Rezensenten zur Zeit gefühlt rund um die Uhr laufen. „Ion Man in Dub“ ist aktuell leider nur eingeschränkt über bandcamp erhältlich; das Vokal-Album „Ion Man“ hingegen hat den großen Release erhalten und ist quasi auf allen digitalen Plattformen zu finden. Sämtliche Daumen hoch für beide Releases – aber ein kleiner Sterne-Abzug für obiges Ungemach.
8 Antworten auf „Ras Teo: Ion Man in Dub“
Bin leider noch gar nicht so voll und ganz begeistert. Aber ich kann auch nix wirklich negatives finden. Nicht jeder Tune packt mich gleich so, wie der Erste. „Ion Man“ geht mit ordentlich Volumen und ner knckigen BiassLine, sowohl Vocal als auch als Dub sofort ganz tief ins Mark. Alle anderen Tunes empfinde ich zunächst als sehr solide, was ja nicht unbedingt ein großes Kompliment ist.
Aber inzwischen sind beide Scheiben als Vinyl beim Händler meines Vertrauens erhältlich und allein dafür werde ich sie mit einem Kauf belohnen. Was bei mir garantiert dazu führen wird, daß ich noch weitere HighLights finden werde.
Zwei sehr schöne Alben ! Die auf jeden Fall viel zu gut sind, um sie zu ignorieren oder gar nur zu streamen und dann zu vergessen.
Greetings ………….. lemmi
Mir geht es ähnlich… ich finde eigentlich alles top an diesen beiden Alben und trotzdem springt keine Begeisterung, kein Funke über und die Songs (abgesehen vom Opener) bleiben mir nicht wirklich hängen.
Und gerade kommt mir wieder eine Szene aus dem Film „One Love: Bob Marley“ in den Sinn zu diesem Thema… als Bob und seine Wailers in London im Studio waren, da fehlte ihm etwas, er wollte, dass die Musiker die Message richtig fühlen und er hat sie die Lyrics nachreden lassen, damit es bei ihnen in die „Soul“ übergeht… genau das fehlt meiner Meinung nach hier (und bei vielen anderen Aufnahmen).
Es ist ganz okay, das Songwriting auf höchstem Niveau, die Musiker top an ihren Instrumenten, die Tontechniker, Soundtüftler, Mischer und Masterer ebenfalls alle „la creme de la creme“, sie spielen und es passt zusammen, aber die Seele fehlt. Ist jetzt einfach gerade ein Bauchgefühl bei mir, nichts Nachweis- oder Messbares (so ähnlich wie Homöopathie, ha!)… aber wenn’s da ist und wirkt, dann fährt’s ein.
Keine Ahnung, ob diese Anekdote im Film real oder fiktiv ist, aber wenn es so war, dann war der Nesta wirklich ein Magier und ich stehe auf Menschen, die eben die Seele in ihr Werk brachten resp. bringen… das ist auch dem Mister Marles nicht ganz immer gelungen (meine Meinung), aber ziemlich oft!
Insofern, lass‘ ich die beiden Alben nochmals laufen… vielleicht kommt’s ja plötzlich noch (auch das habe ich schon erlebt… quasi keine Liebe auf den ersten Höreindruck, aber es entwickelte sich langsam was…).
Wie war der Film, Philipp? Ich wollte ihn mir unbedingt anschauen, habe aber dann diverse Trailer gesehen, die superschlecht waren. In so einem seicht-einfältigen Hollywood-Glanzlicht will ich Marley nicht sehen. Wie war Dein Eindruck?
Heyii gtk
ich machte vorgängig ähnliche Erfahrungen, habe mich aber entschieden mir selber ein Bild zu machen. Massgeblich hat mich wohl Stephen und Ziggy Marleys Werben für den Film ins Kino gelockt.
Klartext: Es ist unmöglich ein so intensives Leben auf die Leinwand und 2h Unterhaltung zu reduzieren.
Es kommen einige Aspekte (vor allem musikalische z.Z. der Entstehung von Exodus) näher zum Vorschein, vieles wird ausgeblendet (scheint als wurden einige persönliche Anekdoten aus dem engsten Umfeld eingebunden)… und trotzdem ich ging mit einem wohligen Gefühl aus dem Kino und bereue es nicht, dass ich den Film sah… allein schon der Soundtrack im Kino rechtfertigt den Besuch… am besten gehst du ganjageschwängert, wobei ich es paradoxerweise überhaupt nicht mag, wenn Bob Marley nur aufs Kiffen reduziert wird… da hat er doch einiges mehr auf dem Kasten, dass definitiv relevanter und wichtiger ist, als grünes Kraut.
Danke für Deinen Eindruck vom Film – gibt’s da die Originale zu hören oder neu eingespielte Tracks? Und falls Du den Film auf Deutsch gesehen hast… wie übersetzen die den jamaikanischen Patois?
duh… wahrscheinlich sollte ich den Film sehen um mir diese und noch mehr Fragen selbst zu beantworten :-)
Nun, für den Sound zeichnet sich jedenfalls Stephen Marley verantwortlich und ich muss gestehen, ich kann nicht sagen (und habe es nirgends nachgelesen), ob es Originalversionen oder nachgespielte Songs sind. Der Sound ist jedenfalls sehr gut und wenn er nachgespielt ist, dann sehr beeindruckend… Ich habe den Film auf Englisch gesehen.
Kingsley Ben-Adir macht meiner Ansicht nach einen guten Job. Krass fand ich wieder einmal, wie Bob eigentlich bei jedem Live-Auftritt in einer Art Trance war… und völlig neu war für mich, dass seine Freunde ihn Skip oder Skipper nannten… ja, geh‘ ihn schauen!
Mmmmmh, eigentlich dachte ich, ich kann warten, bis der Streifen ins Fernsehen kommt aber ihr macht mich hier schon ganz schön neugierig. Der Film würde selbstverständlich nur über Verstärker und Boxen zuhause bei mir laufen aber im Kino ist natürlich schon besser. Dazu müsste ich aber zu einer Zeit mit meinem Hintern hochkommen, in der ich normalerweise schon sehr „reduziert“ bin. Und wenn dann das Wetter auch noch so ist, wie es nunmal gerade wider ist, dann wird es richtig eng.
Die „Ion Man – Scheiben“ halte ich seit heute in meinen Händen.
Die Cover werden sich definitiv sehr gut auf meinem speziell für sie eingerichteten Thron machen. Die Musik wird mit Sicherheit nicht schlecht sein aber mal schauen, ob sie die Cover(s) noch übertrifft.
Freude sei mit euch ! …………………………… lemmi
Danke für die Infos und die Empfehlung, Philipp!