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The Elovaters: Defy Dub

The Elovaters – wieder eine dieser schablonenhaften West Coast-Reggae-Rock-Pop-Outfits möchte man meinen. Und in der Tat, zumindest musikalisch kommt das so ungefähr hin: Leichtfüßiger Reggae, der noch ein paar Mys mehr in Richtung elaboriertes Songwriting geht und mit etlichen Hooklines aufwarten kann. Das mag sich wie ein musikalisches Todesurteil im Dub-Universum lesen, wo Melodien geradezu vaporisiert werden und mitunter nur mehr in homöopathischen Dosen wie Geister durch den Klangraum schweben; wo die Bassline und nichts als die Bassline die Bühne bildet, auf der wir uns gerne ein multidimensionales Hörerlebnis vorgaukeln lassen. Ich warne allerdings vor vorschnellen Urteilen, die man durchaus fällen könnte, wenn man das Album „Defy Gravity“ und das Video zu Single-Auskoppelung „Meridian“ auf sich wirken lässt:

Penisprothesen, Skate- und Surfboards gibt’s also auch an der East Coast, wie die Bostoner Elovaters in ihren Promo-Videos betonen. Das scheint zu greifen und der Erfolg gibt ihnen recht: Langen und erfolgreichen Tourneen folgt die Einspielung des obgenannten Albums mit Produzent Danny Kalb, der eher für seine Arbeiten mit Beck oder Ben Harper geschätzt wird als für seine vereinzelten Reggae-Produktionen. Für die Band ist die Zusammenarbeit mit dem Produzenten-Kapazunder offenkundig ein Glücksfall; er legt den Fokus auf Melodie und Texte, straffe Arrangements und einen leicht bekömmlichen, hippen Sound. Dass der Sänger einst ein Stipendium für Operngesang hatte, merkt man vordergründig (gott-sei-dank) nicht; aber so eine Ausbildung ist zweifellos hilfreich um sich dermaßen leicht und treffsicher durch Höhen und Tiefen ausgefeilten mehrstimmigen Gesangs zu bewegen. Insgesamt ein rundes Album also, dass von der anvisierten Zielgruppe sehr gut aufgenommen wurde und die Elovaters in neue Popularitätshöhen katapultiert hat.

Und damit könnte diese Rezension schon zu Ende sein, wenn… ja wenn da nicht kürzlich der Dub-Counterpart zum Vocal-Album auf den Markt gekommen wäre: „Defy Dub“ (The Elovaters) erscheint erst satte zwei Jahre nach „Defy Gravity“ und überrascht tatsächlich mit Basslines, die im Dub-Mix ausgegraben und freigelegt wurden. Dazu braucht’s Spezialisten – das sind hier unter anderem Gaudi und Victor Rice, die dem leichtfüßigen Pop-Reggae eine gewisse Erdung verleihen. Den Vogel schießt aber ein gewisser E.N Young ab, der in seine Dub-Mixes aktuelle und angesagte Soundeffekte einbringt – so packt er die Vocals schon mal in die muffige Box um ihre Echos anschließend von den Hochtönern zerschneiden zu lassen. Den Jungen sollte man im Auge behalten – als Dub-Mixer, wohlgemerkt; seine eigenen Versuche als Interpret im Reggae-Genre sind noch… nun ja, entwicklungsfähig.

Insgesamt sechs Dub Mixer gestalten „Defy Dub“ abwechslungsreich und verpassen so dem Vocal-Album ein 2020er-Update – wobei die junge Generation eindeutig den Ton angibt und Haudegen wie Gaudi und Victor Rice etwas hinter sich lässt. Das Gesamtresultat ist frisch, eingängig und beißt sich im Rezensenten-Ohr fest – das mag am außergewöhnlichen Sommer 2020 liegen, an der unerfüllten Sehnsucht nach Sonne, Meer und lauen Abenden am Strand; vielleicht auch am Wunsch nach Leichtigkeit in fordernden Zeiten. Wer hätte gedacht, dass der Soundtrack dazu ausgerechnet ein Dub-Album sein könnte…

Bewertung: 3.5 von 5.

3 Antworten auf „The Elovaters: Defy Dub“

Ich werde mich hüten, dir nochmal zu widersprechen gtkriz. Jetzt wo ich die „Rebelution In Dub“ zuhause ein paar mal durchgehört habe, vestehe ich erst so richtig, wie du das alles gemeint hast. Ich hatte ja schon geahnt, das ich mich etwas vom Sound und den Vordergründigen DubEffekten habe blenden lassen. Ich verstand zunächst nicht so richtig, was Du damit meinst, „er – der DubMixer – würde sich nicht richtig trauen.“ Ich fand immer, wieso Hall und Echo sind doch zur genüge vorhanden, was fehlt denn da !? In erster Linie fehlen mir da inzwischen auch jede Menge DubEffekte, die über das normale Hall und Echo hinausgehen. Da sind überhaupt keine verrückten Ideen dabei. Das ist echt öde. Mich nerft aber noch viel mehr, das hier der ganze Groove und der Flow, falls die „Originale“ überhaupt jemals sowas hatten einen Platten hat. Das bremst auf ganzer Linie. Dazu diese lieben freundlichen Gesangsschnipsel, die mich schon fast an die rosamunde pilcher tunes von Münchner Freiheit erinnern. Ich verstehe jetzt auch endlich, was René mit sperrigen amerikanischen Riddims meint. Beim nächsten mal nehme ich mir fest vor, eine Scheibe, mehr als einmal anzuhören, bevor ich hier wieder einen Kommentar abgebe.
Beim nächsten mal ;-)
Dieses mal, bei The Elovaters habe ich das Ding wieder nur kurz überflogen. Ich mag Reggae immernoch zu sehr, so das ich auch das Hörbeispiel „Meridian“ durchaus sympathisch finde.
Aber und nun mache ich den Fehler doch wieder, bei mir wird sich da nix festbeißen. Ich habe keinen Bock auf solche Riddims. Meine Tagesform und eventuell meine ganze Gesundheit
lässt solche Riddims einfach nicht mehr zu. Ich kann es auch rational nicht erklären, warum mich die Riddims nicht erreichen aber aufgrund der Fülle von Dubs, die weltweit so möglich sind, muss ich noch mehr auf mein Bauchgefühl achten.
So bleibt mir also erst mal nix anderes übrig, als zunächst mal deine Rezension zu loben. Ob Victor Rice und Gaudi tatsächlich ein wenig hinter der jungen Generation zurückbleiben kann ich jetzt noch nicht bestätigen aber in diesem Fall werde ich mich definitiv hüten, dir zu widersprechen ;-)
Ich mache das im Grunde immer noch genau so, wie früher. Ich höre in die Scheiben rein und wenn der Funke nicht sofort überspringt, lege ich die Scheiben ( inzwischen sind es ja meistens nur Daten ) zu den Akten und widme mich wieder „Rapso Music“ ……….. Sorry, wenn ich damit „etwas“ rumnerve aber von mir aus soll die ganze Welt wissen, das dieser Dub gerade „Das Maß Aller Dinge“ für mich ist. Das Gegenteil, das Gegengift gegen leicht bekömmliche aber schwer verdauliche Dubs.

In diesem Sinne …….. „Rapso Music“ …………………………. lemmi

Irgendwie widerstrebt es mir, im Falle von „Defy Dub“ von Riddims zu sprechen – weil die in der Produktion imo eine untergeordnete Rolle spielen; hier steht das Songwriting im Vordergrund… und das macht sich selbst bei den Dubs bemerkbar wo der Gesang immer noch eine sehr prominente Rolle spielt.

“ Ich höre in die Scheiben rein und wenn der Funke nicht sofort überspringt, lege ich die Scheiben … zu den Akten“

Geht mir genauso, lemmi – aber ich nehme mir die abgelegten Akten dann doch noch drei, vier mal zur Brust. Geht mir übrigens auch bei Filmen so – so hatte ich kürzlich den Film „Mother“ wegen unerträglicher Langeweile in den ersten 10 Minuten ad acta gelegt. Beim zweiten Versuch habe ich länger durchgehalten und wurde mit einem sich permanent verdichtenden, furiosen, unglaublichen Film belohnt, der zu den besten zählt die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Auch so kann’s kommen.

„Irgendwie widerstrebt es mir, im Falle von “Defy Dub” von Riddims zu sprechen“

Hehe ;-) da bist Du ja dann noch konsequenter als ich. Sorry Mann ! Soll nicht wieder vorkommen ;-)

„Mother“ ……. is Ok ! Filmtips nehme ich auch immer wieder gern an. Aber auch da bin ich von der ganz alten Sorte. Fernsehen ist meine ganz große Krankheit. Zapp,
Zapp, Zapp und nix läuft. Ein Kumpel von mir hat Netflix. Mal schauen, ob da was geht.

„Mother do you think they´ll drop the bomp ?“ ………………. lemmi

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