Wie ihr wisst, schreibe ich die Dub-Kolumne in der Riddim. Soeben ist die hundertste Ausgabe der Riddim erschienen. Unglaublich! Ich habe somit hundert (!) Dub Evolution-Kolumnen geschrieben. Das sind hochgerechnet an die 900 bis 1000 rezensierte Dub-Alben. Ich wundere mich selbst, wie sich über Dub so viel schreiben lässt. Immerhin handelt es sich um ein kleines Sub-Genre, weitgehend ohne Stars, ohne Skandale, Tratsch oder Crime-Stories. Ja sogar ganz ohne Lyrics. Es bleibt die bloße Musik, meist sogar herunter gestrippt auf Drum, Bass und Effekte. Kein Wunder, dass sich für nicht Eingeweihte bei Dub alles gleich anhört. Aber wenn sich über Briefmarken oder Zierfische ganze Kompendien füllen lassen, dann ist es doch wohl auch möglich, 100 Kolumnen über Dub zu schreiben! Immerhin haben wir es mit einem der faszinierendsten Musikstile der Welt zu tun. Dub ist purer Rhythmus und Sound – ganz um seiner selbst willen und nicht nur als Hintergrund für einen Song. Kein Text, (fast) keine Melodie, nichts außer Klang: pure Musik. Würde man ihn mit der Malerei vergleichen, dann wäre Dub abstrakte Kunst. Sie steht nicht im Dienste einer Darstellung, sondern ist reine sinnliche Erfahrung (wer je ein Dub-Soundsystem erlebt hat, weiß, dass Dub eine maximal sinnliche Erfahrung ist). Dub ist wie ein Bild von Barnett Newman: Eine riesige Farbfläche, die den Betrachter vollständig einnimmt. Oder, um es neudeutsch zu formulieren: Dub ist immersiv. Man taucht ein, versinkt, wird vollständig eins mit Dub. Warum? Weil Dub einen Raum aufspannt, dessen gewaltige Dimension sich an reflektiertem Hall und Echo nur erahnen lässt. Outer-Space, gefüllt mit dunkler Bass-Materie. Aber – und das liebe ich sehr – Dub ist nicht nur immersiv: So wie die Hochtöner an der Spitze eines Lautsprecherboxenberges, gibt es eine helle, rationale, bewusste Kopfstimme über der Bass-Materie. Sie ermöglicht es, Dub bewusst zuzuhören, seine Form zu analysieren und dem Soundengineer virtuell über die Schulter zu schauen. Es ist so, als würde man in einem Film für einen Moment aufhören, der Story zu folgen und die Aufmerksamkeit auf die Form lenken, darauf, wie die Story inszeniert ist. Dieser analytische Blick drängt sich bei Dub geradezu auf. Das ostentative Spiel mit Arrangements und Effekten lässt Zuhörern keine andere Wahl – insbesondere wenn experimentierfreudige Engineers wie Adrian Sherwood oder Mad Professor am Werk sind.
Ja, Dub ist klein, aber tief. Ich könnte den ganzen Dubblog damit füllen, über das Wesen von Dub nachzudenken, die Mutter aller Remixe, den Pionier der Bass-Music – überhaupt: die erste Musik, die alles dem Primat von Rhythm und Sound untergeordnet hat. Eine wahrlich revolutionäre Musik, über die sich gar nicht genug schreiben lässt.
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10 Antworten auf „100 x Dub Evolution“
Gratulation und beide Daumen hoch für Dich und die Musik!
Dub rulez…. ich danke dir fürs Schreiben über Dub, gelingt dir sehr gut und „einmal Dub, immer Dub“!
Bitte weiter machen und danke für deine Mühe!!
Unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht!
René Wynands, Die Dub-Koryphäe Deutschlands, ach was sag‘ ich, der Welt, feiert die Veröffentlichung seiner 100sten Riddim-Dub-Kolumne. Von Dub-Revolution zur Dub-Evolution und das seit fast 20 Jahren, wenn das kein Grund zum Feiern ist!
Lieber René, heute ist mir erst bewusst geworden, wie lange du bereits mit deiner Kolumne mein Leben begleitest. Deine Kolumne ist auch heute noch das Erste, was ich in einer neuen Riddim-Ausgabe lese. Vielen Dank für deine wertvollen Tipps, ohne deine Kolumne wäre mir vieles verborgen geblieben. Weiter so und alles Gute in den nächsten (Minimum) 20 Jahren!
Hi Rene! Das ist wirklich alle Achtung wert! An viele Scheiben bin ich erst über Deine Kolumne herangekommen. Der Tiefgang von Dub bereichert mein Leben, who feels it knows it!
Danke. Euer Feedback freut mich sehr.
Danke. Weiter. Mehr., mehr , meh, me,m
als leser der ersten stunde erstmal alles gute zum jubilar und alles gute auch für die zukunft.bleib gesund und…IN DUB WE TRUST !!…
Lieber René,
Danke! Danke! Danke! Durch dich (bzw. durch euch: lemmi, gtkriz, ras vorbei etc. pp) habe ich den Dub zwar nicht entdeckt. Fühle mich aber immer wieder bestätigt, gut informiert und bestens unterhalten. Weitermachen. Alle. Danke.
Oh, hier gibt es was zu feiern !!!
Herzlichen Glückwunsch zum 100 sten René ;-) !!!
Wenn ich deine Jubiläumsrede hier so lese, wird mir schon wieder ganz warm ums Herz. In jedem Satz und auch dazwischen kommt dein Enthusiasmus und deine ganze Liebe für DubMusic zum Ausdruck. Dein ( hoffentlich nicht ) letzter Satz „Eine wahrlich revolutionäre Musik, über die sich gar nicht genug schreiben lässt“ bringt es nochmal zusammengefasst auf den Punkt !!!
Und wenn man – so wie ich – das Vergnügen, die Ehre oder auch die Gnade hatte, den Dubforschern Adrian Sherwood und Mad Professor Live and Direct über die Schulter zu schauen, weiß man genau, welch Faszination diese Musik auslösen kann. Es kann natürlich nicht schaden, wenn man „von Haus aus“ schon eine gehörige Faszination für Dub mitbringt.
Ich finde es auch immer wieder schön, wenn ich gewisse Parallelen zu anderen Reggae / Dub Fans finde. So ging es mir von Anfang an wie Ras Vorbei. Ich habe die „riddim“ immer von hinten nach vorn gelesen ;-) ……… allerdings musste ich doch immer zu allererst die Leserbriefe lesen, da ich mich auch dort mit meinen Kommentaren nicht zurückhalten konnte ;-)
Als ich auf der Suche nach DubMusic deinen DubBlog gefunden habe, war ich überglücklich und ich dachte zunächst, sowas gibt es doch eigentlich gar nicht. Unsere Übersinstimmung was den Musikgeschmack betrifft fand ich schlichtweg mystisch. Ich dachte, hier hast du einen Bruder im Geiste gefunden. Auch wenn wir im Detail dann doch hin und wieder nicht genau das Selbe empfinden, ist unser geinsamer Enthusiasmus für Dub eine schöne und vor allem für mich, eine echte Bereicherung für mein Leben.
Und wie du ja selbst im „Dub fe Dub“ about DubBlog geschrieben hast, wird der DubBlog durch die beiden anderen Musketiere
RasVorbei und gtkriz ja noch besser. Vielleicht politisch nicht ganz „knigge“ aber ich kann es mir nicht verkneifen, für alle Suchenden, die Deep In Dub und Deeper In Dub Playlisten von gtkriz bei Spotify zu empfehlen. Es geht hier schließlich um den
DubBlog von René Wynands und sein Jubiläum aber die Playlist von gtkriz ist eine sehr umfassende direkt einsehbare, bzw. hörbare DubBibliothek. Da steckt auch sehr viel Liebe und Enthusiasmus drin und inzwischen müsste die Liste eigentlich auch im Guinness Buch der Rekorde stehen. Jedenfalls will ich denjenigen sehen, der mir eine längere Liste von brillianten Dubs,so schön
an der Goldschnur aufgereiht, irgendwo im Internet, zeigt.
Tja und wo lernt man solche Leute kennen ?
IM DUBBLOG !!! ……………………. lemmi