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Zion Train: Versions

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Und ewig fährt der Zug nach Zion. Unbeirrbar seinem Gleis folgend, durch Klang-Stürme und Bass-Gewitter, durch unendlich ausgedehnte Echo-Räume und dicht getaktete Zeitschleifen. Tak, tak, tak, tak – die Gleisschwellen geben stoisch den Rhythmus vor. Ein Mann am (Steuer-)Pult treibt die Lokomotive an: Neil Perch. Dub-Veteran der neuen Zeitrechnung. Seit über 25 Jahren lenkt er den Zion Train, ist sich und seiner Musik stets treu geblieben und hat Dub mit unzähligen cleveren und wegweisenden Produktionen über die Maßen bereichert. Doch ganz so hoch greift Neil Perch mit dem neuen Zion-Train-Album nicht: „Versions“ (Universal Egg) versammelt einige herausragende Remixes der letzten Jahre – einige bereits auf anderen Alben und EPs veröffentlicht, andere neu. Ein „Best of Remix“ gewissermaßen. Unter den Remixern befinden sich Steve Vibronics, Dubmatix, Early Worm, Illbilly Itech und Radical Guru – um nur die prominentesten zu nennen. Entsprechend divers ist der Sound: klassischer Dub, Hardcore-Steppers, Dubstep und sogar Drum & Bass ziehen hier wie unterschiedliche Landschaften am Zugfenster vorbei. Eine höchst abwechslungsreiche und aufregende Reise.

Rating 5 Stars

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Five Star Review

AMJ Meets RSD: Sky Blue Love

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Für eine Reggae-Band ist AMJ ein denkbar uncooler Name. Hier allerdings passt er tatsächlich ziemlich gut, denn die Band hinter dem Namen ist ebenfalls recht uncool. Es handelt sich um das Drum & Bass-Duo Andy Clarke und Mark Spence sowie den Produzenten John Hollis, die bereits in den 1980er Jahren in der Bristoler Band Restriction zusammen spielten. Drei ältere Herren also, die einen sehr gepflegten Reggae mit Jazz-Flair spielen. Interessanterweise angereichert mit Gastmusikern aus Kuba, dem Senegal, Burkina Faso und Kolumbien. Rodigan mag es und für einen trägen Sonntagnachmittag kann ich es mir auch sehr gut vorstellen. Nun aber kommt das zweite Akronym und dadurch wird die ganze Angelegenheit obercool: RSD. Die wahren Dubheads wissen natürlich, dass diese drei Buchstaben für Rob Smith stehen, jenes musikalische Genie, das unter den Namen More Rockers und Smith & Mighty in den 1990er Jahren, ebenfalls von Bristol aus, den Sound des UK-Reggae ins Hier und Jetzt katapultierte, um anschließend die Foundation dafür zu legen, was heute Dubstep und UK-Bass heißt. Seit einigen Jahren zeichnet er für fantastisch radikale Remixes verantwortlich, die von gewaltigem Bass-Sound und stoisch-repetetiven Beats geprägt sind. Verrückt, was dann passierte: Ausgerechnet dieser Rob Smith nahm sich der eher sanften Sounds von AMJ an und remixte deren Oeuvre: AMJ Meets RSD, Sky Blue Love (Astar Artes). Das Ergebnis ist streckenweise atemberaubend. Aus dem braven Instrumental „Heartbeat“ mixte Smith eine pure Druckwelle aus Bass. Noch unglaublicher: „Serious Signs“ beginnt mit lieblichen Klängen einer spanischen Gitarre, bevor auf Takt 32 unvermittelt eine Bass-Attacke einsetzt, die alles andere mit einem Handstreich hinwegfegt. Ein 20 Hertz-Tsunami. Der Großteil des Albums ist aber deutlich gemäßigter, gibt außer dem Bass auch den anderen Instrumenten Raum, modelliert die doch ganz guten Arrangements heraus und beweist damit, dass AMJ letztlich doch gar nicht so uncool sind. Smith pimpt den Sound, gibt ihm Ecken und Kanten und macht ihn bereit für den Dancefloor – aber auch für das geneigte Ohr des sachkundigen Dub-Connaisseurs. Da zeigt sich doch mal wieder, was ein talentierter Dub-Handwerker zu erreichen vermag, wenn er die richtigen Knöpfe zu drehen weiß.

Rating 5 Stars

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Five Star Review

Radikal Guru: Dub Mentalist

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Wer radikale Dub-Sounds mag, der sollte sich mal Radikal Gurus neues Werk „Dub Mentalist“ (Moonshine Recordings) anhören. Es ist das inzwischen Dritte Solowerk des polnischen Dubbers und zweifellos sein reifstes. Wieso? Weil es weniger radikal ist als die beiden Vorgänger. Während vor allem sein Debut „The Rootsstepa“ kompromisslos harter Steppas mit gelegentlichen Exkursionen in Dubstep-Gefilde war, und das nachfolgende Werk „Subconscious“ auch noch recht ruppig daher kam, ist „Dub Mentalist“ ausgewogener, differenzierter, ideenreicher und soundtechnisch weniger klischeehaft. Vor allem hat Radikal Guru seine Produktionen entrümpelt. Weniger ist jetzt mehr, die Rhythms sind reduzierter, mehr auf den Punkt, vertrauen auf Drum & Bass, statt Soundlayer über Soundlayer zu stapeln. Wer jetzt weichgespülten Intellektuellen-Dub erwartet, liegt trotzdem komplett falsch. Der radikale Guru ist seinem Namen schon noch treu geblieben. Jeder der Dubs würde im Soundsystem eine gute Figur machen. Die Basslines sind massiv, an Hall und Echo besteht kein Mangel, Bläser schmettern ihre Melodien in die Düsternis des Sounds, und auch die obligatorische Melodika erklingt. Eigentlich die perfekte Form von Steppas, die auch auf Albumlänge funktionieren soll. Wie beim Guru gewohnt, sind wieder Vokalisten mit an Bord: Jay Speaker, Echo Ranks, Solo Banton und Earl 16. Ihre Beiträge fügen sich aber wunderbar in den Dub-Flow des Albums. Besonders nett: Violinbwoy garniert einen der sanfteren Tracks mit süßem Violinenspiel. Auch das macht auf diesem abwechslungsreichen Album Sinn.

Rating 5 Stars

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Quantic Presenta Flowering Inferno: 1000 Watts

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Nicht selten sind es gerade Genre-Außenseiter, von denen die spannendsten Genre-Alben kommen. Das liegt oft daran, dass sie aufgrund ihres musikalischen Backgrounds gewisse Konventionen entweder nicht kennen oder schlicht nicht akzeptieren. Ihr Sound- und Rhythmusverständnis ist nur teilkompatibel mit dem jeweiligen Genre, weshalb ihre Musik oft eigenwillig neu und ungehört klingt. Das gilt auch für Quantic, aber in sehr subtiler Weise. Hinter dem Namen verbirgt sich Will Holland, geboren in England, 2007 ausgewandert nach Kolumbien, ein Vollblutmusiker mit Hang zu Jazz, Soul & Funk, Afrobeat und Tropical Sounds. Vor allem im Bereich von Salsa und Cumbia tobte er sich aus und veröffentlichte wegweisende Alben. Mit „1000 Watts“ (Tru Thoughts) hat er sich nun unter dem Namen ”Quantic Presenta Flowering Inferno“ dem Reggae und Dub zugewandt – und das mit unfassbarer Akribie und Hingabe. Denn anders wäre er nicht in der Lage, diese großartigen Old School-Rhythms zu bauen und den jamaikanischen Sound der 1970er Jahre so originalgetreu zu reproduzieren. Seine Produktionen lassen unwillkürlich an Prince Fatty denken, der einen ähnlichen Ansatz pflegt. Eine offensichtliche Verbindung zu diesem ist auch Hollie Cook, die als Gastsängerin auf dem Album vertreten ist und den wunderbar melancholischen Song „Schuffle Them Shoes“ beisteuert. Außer ihr, gibt es noch U-Roy auf einem anderen Stück zu hören und Christopher Ellis auf zweien. Der Rest der 14 Tracks sind Dubs, meist garniert mit großartigen Bläser-Melodien. Alles perfekt ausgeklügelt und so verdammt authentisch. Oder auch nicht? Zwar sind Arrangements und Sound unglaublich oldschool, aber irgendwie schwingt da doch noch etwas anderes mit: Eine besondere Leichtigkeit, eine spielerische Qualität, vielleicht eine Feinheit bei den Bläser-Arrangements, die fremd anmutet und den Geist von Latin anklingen lässt. Beim Stück „Chambacú“ wird dann die Verbindung zur Cumbia offensichtlich, und mit „Macondo“ schleicht sich zwei Tracks später ein lupenreiner Cumbia-Titel in die Playlist. Welch schöne Synthese karibischer Sounds.

Rating 5 Stars

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Matic Horns: Spanish Town Rock

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Es braucht immer mal wieder Alben, die keine Experimente wagen, die keine Hörgewohnheiten irritieren wollen, die weder sozialkritisch noch provokativ sind, die sich nicht für den Nabel der Welt halten und auch keine Superstars versammeln, sondern einfach nur schlicht und ganz bescheiden, gute Musik bieten. Ein solches Album ist „Spanish Town Rock“ (H.A.T.) von Matic Horns. Im Widerspruch zum Plural des Namens, verbirgt sich hinter Matic Horns nur ein Mann: Henry Tenyue, Posaunist mit Wohnsitz in London. Sein Spiel ist auf unzähligen Reggae-Produktionen zu hören und nicht selten auch auf Live-Konzerten durch Europa tourender jamaikanischer Artists. Nun legt er mit „Spanish Town Rock“ eines seiner raren Soloalben vor. Produziert wurde es von Mafia & Fluxy und gemischt u. a. von Gussie P und Bitty McLean – Garanten für starke Rhythms und tighten Sound. Die meisten Stücke des Albums basieren auf existierenden Riddims und Songs, so dass sich Henry Tenyue und seine Crew einfach auf das Spielen ihrer Instrumente konzentrieren konnten. Und das ist superb. Die Backings (an denen außer Mafia & Fluxy u.a. auch Carlton „Bubblers“ Ogilvie mitgewirkt hat) sind supertight, crisp & rock solid. Ihr Sound ist fantastisch und der zurückhaltende Mix über jeden Zweifel erhaben. Darüber erklingt Tenyues Posaunenspiel – warm, majestätisch und zeitlos. Einfach schön.

Rating 5 Stars

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Studio One Dub Fire Special

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Wie schon 2004 und 2007 haben die Coxsone Dodd-Nachlassverwalter von Soul Jazz das Studio One-Archiv nach Dub-Versions durchsucht, die im Laufe der 1970er Jahre meist unter dem Artist-Namen „Dub Specialist“ auf diversen Alben veröffentlicht wurden. Und sie sind natürlich fündig geworden. Erstaunlich: Obwohl die beiden früheren Alben schon insgesamt 35 Tunes aus dem Fundus gefischt haben, blieben noch satte 18 weitere, großartige Dubs für das Album „Studio One Dub Fire Special“ (Soul Jazz) übrig – was mal wieder eindrücklich beweist, welch unglaublich kreativen Output dieses kleine Studio in der Brentfort Road in den 1960er und 1970er Jahren hatte. Eingespielt wurden die Stücke von der eigentlich immer gleichen Inhouse-Band, die aber stets andere Namen trug wie z. B. The Sound Dimension, New Establishment, Soul Defenders und natürlich Brentford All-Stars. Den Dub-Mix absolvierte im Wesentlichen Sylvan Morris, aber auch Clement Dodd soll selbst gemischt haben sowie auch ein junger Scientist. Allerdings darf man hier nicht allzu große Dub-Kunst erwarten. Die technischen Mittel des Studios waren bescheiden und die verwendet Aufnahmen oftmals ziemlich alt, weshalb so mancher „Dub“ eigentlich eine bessere „Version“ ist. Aber nichts desto trotz: der Flow der hier versammelten Musik ist einfach wunderschön. Nahezu jeder Rhythm ist ein Klassiker und es macht Spaß (oder raubt den letzten Nerv), den jeweiligen Riddim zu identifizieren.

Rating 5 Stars

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Vin Gordon & The Real Rock Band; Heavenless

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Wer kann bei diesem Namen und Titel widerstehen: „Heavenless“ (Roots Garden) von Vin Gordon & The Real Rock Band? Wer den ersten Track startet, fragt sich sofort, ob er es hier mit dem Original von 1968 zu tun hat. Der Sound schrammelt Studio One-mäßig, die Heavenless-Bassline pumpt und darüber Vin Gordons majestätische Jazz-Posaune. Aber nein, die Aufnahmen sind brandneu! Niemand geringeres als Master-Producer und Dub-Veteran Nick Manasseh bat Mr. Gordon zu sich ins Studio, um neben der Neuinterpretation von „Heavenless“ und „Revenge“ (ein Track, den er im Original 1974 für Yabby You aufnahm) fünf weitere, neue Kompositionen aufzunehmen. Und wie bei allen Pflanzen im Roots Garden, ist auch diese wunderschön. Historischer Sound in der technischen Perfektion des Jahres 2016. Ganz nebenbei: Prince Fatty und Nick Manasseh scheinen sich momentan überbieten zu wollen in der Kunst, den perfekten Reggae-Retro-Sound zu kreieren. Mit „Heavenless“ hat Mr. Manasseh jedenfalls wieder die Nase vorn. Der Ordnung halber sei erwähnt: Statt mit regulären Dubs, haben wir es auf diesem kurzen, aber starken Album erwartungsgemäß natürlich mit Instrumentals zu tun.

Rating 5 Stars

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Alpha Steppa: Rooted & Grounded

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Neben seinem Projekt „Dub Dynasty“, das Alpha Steppa zusammen mit seiner Tante Christine Woodbridge betreibt, publiziert er auch Solo-Alben unter seinem eigenen Namen. Der Name ist ein anderer, doch der Sound unterscheidet sich nicht sonderlich vom Dub Dynasty-Sound (so wie dieser sich wiederum nicht viel vom Alpha & Omega-Sound unterscheidet) – was aber eigentlich eine gute Nachricht ist. Sein neustes Werk trägt den Titel: „Rooted & Grounded“ (Steppas Records) und folgt einem einfachen und gerade deshalb starken Prinzip: Dub ist das Standbein, exotische Sounds das Spielbein. Ersteres steht fest auf dem Bass-Fundament, letzteres überschreitet die Grenze des eigenen, vertrauten Kulturkreises und tritt ein in fremde Klang-Kosmen, in alte, tief verwurzelte Musiktraditionen. Es lässt sich nicht anders sagen: Dub harmoniert einfach perfekt mit Worldmusic. Nicht zuletzt deshalb sind die Dubs von Alpha Steppa schlichtweg magisch. Was Papa und Tantchen früher schon gelungen war, wird vom Sprössling mit seinen besten Tunes noch einmal gesteigert. Doch leider packte er auch nicht ganz so gelungene Stücke auf’s Album, was die Qualität etwas verwässert. Schade, hier hätte er etwas kritischer auswählen können (12 statt 24 Tracks hätten es auch getan). Das hätte ihm dann noch das Sternchen hinter der ohnehin mit Bravour erzielten Einsplus eingebracht.

Rating 5 Stars

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Dub Dynasty: Holy Cow

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Die UK-Dub-Pioniere der 1990er Jahre werden alt und reichen den Staffelstab an ihren Nachwuchs weiter: Mad Professor, Aba Shanti I, Jah Shaka und auch Alpha & Omega. Bei letzteren übernimmt Sohn Ben die Position von Vater John Sprosen, während seine Tante Christine Woodbridge unverdrossen weiter den Bass spielt. Das neue, alte Duo gab sich dazu den passend programmatischen Namen „Dub Dynasty“. Im April hat die Dynastie mit „Holy Cow“ (Steppas Records) ihr neues, drittes Album vorgelegt. Ein mächtiges Werk, das einem Bass-Tsunami gleicht, der sich unaufhaltsam durch den Küstendschungel eines exotischen Landes wälzt. Die Bassdrum marschiert, der Bass dröhnt und darüber erklingen mystische Urwald-Sounds und Melodien fremder Länder. Ein magischer, hypnotischer Sound, der unverkennbar dem Konzept von Alpha & Omega folgt, letztlich aber klarer und differenzierter und zweifellos auch dynamischer ist. Ein echter Evolutionsschritt. Doch die Holy Cow lässt sich nicht nur auf Sound reduzieren, denn das Album bietet auch richtig starke Kompositionen, nicht selten markante Melodien und gelegentlich sogar sehr schöne Vocal-Beiträge. Insgesamt gibt’s 19 Tracks zu hören, wovon acht Dub-Versions der vorangegangenen Dubs sind. Also: Dub galore und das auf höchstem Niveau.

Rating 5 Stars

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Scientist: Sechs klassische Alben

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Wenn es im Reggae je eine Phase gab, die geradezu zwingend nach Dub verlangte, dann waren das – nein, nicht die 1970er, sondern die frühen 1980er Jahre. Eine Ära, die vom Sound der Roots Radics und ihren Aufnahmen im Channel One Studio geprägt war. Nie zuvor war der Bass so dominant, der Rhythmus so langsam und das Arrangement so minimalistisch. Eigentlich bestand die Musik aus nicht viel mehr als Drum & Bass und die Slow-Motion-Beats ließen reichlich Raum für Dub-Effekte. Es war die Zeit der Produzenten Juno Lawes und Linval Thompson sowie ihrem Dub-Wissenschaftler Hopeton Overton Brown, aka. Scientist. Ihr gemeinsames epochales Werk wird auf fünf Greensleevs-Dub-Alben aus den Jahren 1980 bis 1982 meisterhaft dokumentiert: „Scientist vs. Prince Jammy: Big Showdown“, „Heavyweight Dub Champion“, „Scientist Meets The Space Invaders“, „Scientist Rids The World Of The Evil Curse Of The Vampires“, „Scientist Encounters Pac-Man“ und schließlich „Scientist Wins The World Cup“ (Greensleeves). Alle fünf Alben erschienen seinerzeit unter dem Namen von Scientist. Nun wurden sie wiederveröffentlicht – allerdings unter dem Namen der Produzenten und – ganz verrückt – sogar mit veränderten Covern, auf denen der Kopf von Scientist gegen den des jeweiligen Produzenten ausgetauscht wurde. Hintergrund dieser, an die Zensurpraxis totalitärer Regime erinnernden, Maßnahme ist höchstwahrscheinlich ein Rechtsstreit, den Scientist und Greensleeves 2005 führten, bei dem der Dub-Mixer das Copyright an fünf Tracks einklagte, für die Greensleeves Lizenzen an das Spiel „Grand Theft Auto 3“ vergeben hatte. Scientist unterlag und seitdem scheint das Verhältnis der Kontrahenten zerrüttet. Das Richterurteil gibt allerdings zu denken: der Dub-Engineer besitzt kein Urheberrecht an seinem Werk. Offenbar wird zwischen einem einfachen Toningenieur und einem Dub-Mixer, der durch seine kreative Arbeit am Mischpult selbst zum Musiker wird, nicht unterschieden. Wäre ich Jurist, würde ich den Fall allzu gerne noch einmal aufrollen. Doch auch wenn Scientist nicht auf dem Cover steht, so ist auf jeden Fall Scientist drin – und zwar in superber Sound-Qualität. Sehr netter Bonus: Zu allen Dubs gibt es die passende Vocalversion, wodurch die Alben auf 20 Tracks anwachsen. Im Falle von „Wins The World Cup“ gibt’s sogar „Extra Time“, was sich letztlich auf sagenhafte 37 Tracks summiert. Jedem Dub-Enthusiasten sei diese exzellente Scientist-Retrospektive empfohlen.

Rating 5 Stars