Im Grunde müssten wir uns hier über den 31-jährigen Neuseeländer Christopher Martin James nicht weiter unterhalten. In frühen Jugendjahren war er ziemlich erfolgreich in Sachen Hip-Hop unterwegs. Als Christoph El‘ Truento hat er seit 2013 seinen musikalischen Wirkungskreis grundlegend geändert und macht nun hauptsächlich in: Ambient mit wabernden, kosmischen Klanglandschaften, Alternative, Experimental und Noise. Also eigentlich nichts für den Dubblog.
Wäre da nicht Christoph El‘ Truento: „Peace Maker Dub“ (Eigenproduktion), auf dem er sich wieder auf seine musikalischen Wurzeln besinnt. In einem Interview verrät er, dass Reggae die erste Musik gewesen sei, mit der er bewusst in Berührung kam. Sein wesentlich älterer Bruder – ein Reggae Kenner – hat(te) eine riesige Reggae-Sammlung und so lagen oft Alben von King Tubby, Lee Perry, Winston „Niney the Observer“ Holness, Errol (E.T.) Thompson oder den anderen Verdächtigen auf dem Plattenteller. Den Gedanken, ein Dub-Album zu machen, trug El‘ Truento viele Jahre mit sich herum. Vom Start des Dub-Projektes bis zum vorliegenden Endresultat dauerte es über zwei Jahre. Ein Grund dafür war auch, dass zwischen der Musik, die sich El‘ Truento im Kopf vorstellte und der, die letztendlich aufgezeichnet wurde, immer wieder Welten lagen. Nach eigener Auskunft scheiterte er bei den ersten Dub-Versuchen kläglich. Diese Problematik kann man heute beim Hören des Albums kaum noch glauben. OK, er hatte sich dann auch tatkräftige, versierte Verstärkung ins heimische Studio nach Auckland (NZ) geholt. Die wunderschön entspannten Saxofon- und Flöten-Passagen von JY wurden in nur zwei Stunden eingespielt! Als Unterstützung an den Perkussions wurde Lord Echo aus Wellington (NZ) angeheuert und Truentos großer Bruder durfte die „chinna-esken“ Gitarrenparts übernehmen.
In einem Interview mit dem Neuseeländischen Rundfunk erklärte Christoph El‘ Truento, dass einige Aufnahmen anfangs mit ziemlich dürftigem/billigem Equipment entstanden seien. Sein erklärtes Ziel war von Anfang an, den Sound nicht so crispy wie viele neue Produktionen erscheinen zu lassen. Viel mehr wollte er, dass das Album etwas mehr low-fi klingt, so wie (ganz) frühe Perry/Tubby Aufnahmen. „Pep’s Chant“, ein überzeugendes Upsetter Remake auf dem El‘ Truentos 7-jähriger Sohn den Part singt, der im Original von Lee Perrys Sohn übernommen wurde. Mit zwei Takes war Pep‘s Gesang im Kasten, den Papa Christoph dann zusammen frickelte. Ein Titel wie „Bush Walk Dub“ musste unbedingt sein. El‘ Truento war schon im kindlichen Alter immer extrem begeistert, dass Perry Ziegen- und Kuhgeräusche mit seinen Dubs verknüpfte. So lag es nahe, auch einige typische Tiergeräusche aus dem neuseeländischen Buschland in die Aufnahmen zu integrieren. Auch Klanglandschaften, die bereits einige Zeit im Archiv schlummerten, wurden jetzt mit den Dub-Tracks verwoben.
Insgesamt lesen sich die einzelnen Titel des Albums wie verschollene Aufnahmen aus längst vergangenen Zeiten. Reminiszenzen an die jamaikanischen Erfinder der ganz frühen Dub-Kunst sind unüberhörbar. Der Sound klingt stellenweise etwas dumpf, was aber lt. El‘ Truento durchaus so gewollt ist.
Mich überzeugt „Peace Maker Dub“ mit herrlichen Gitarrensoli, wimmerndem Orgelsound, Flying Cymbals, Nyahbinghi-Drumming, Flöte, Sax, wummernden Bässen, Xylophon, klassischen Dub-Effekten und analogem Sound. Erinnerungen an richtungsweisende Originale aus der Zeit werden sicherlich bei jedem Dub-Kenner geweckt.
Also: Es ist alles vorhanden, was das Herz eines Bud- ähm, Dubheads höher schlagen lässt.
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4 Antworten auf „Christoph El‘ Truento: Peace Maker Dub“
In der Tat ! Es ist alles Vorhanden, was das Herz eines DubHeads höher schlagen lässt. So wie es ja bei den Aufnahmen von Lee Perry auch schon war.
Ja, der Bass ist schon sehr dumpf aber die meisten Dubs hier, sind halt so gut, das man ( ich ) das in Kauf nehmen kann. Außerdem nehme ich bei
„Bush Walk“ eine gewisse Portion Hall auf dem Bass war. Ein Stilmittel aus dem Dub, was ich zuerst bei einigen ( vielen ) Aufnahmen von Mad Professor,
insbesondere bei einigen Dub Me Cracy aber vor allem auch bei „Dub De Goeblin“ von den Robotiks wahrgenommen habe und das hat mich schon immer sehr
fasziniert. Sowas gibt es nur im Dub !!!
Bush Walk ist hier eh meine klare Nummer eins ! Die GuitarrenSchnipsel ( ok, nennen wir sie Solos bzw. Soli ) haben diesen surrealistischen Sound, der mich unweigerlich an Bilder von
Salvador Dali erinnert und das, obwohl ich wahrscheinlich nicht mehr, als so zwei drei Bilder von Dali kenne. Egal, hauptsache surreal !
Die Scheibe geht aber mit „Fishermans Dub“ schon gleich richtig gut los und mit „Bath Tub Skank“ gleich sehr gut weiter. „Stormy“ packt mich irgendwie gar nicht, was wohl wieder mal hauptsächlich an der Bassline liegt. Aber auch das „rumgequirle“ vom Keyboard catcht mich überhaupt nicht. Alle Instrumente wirken da doch ein wenig langweilig auf mich.
„Give Me Dub“ hat so eine RiddimGuitar, die so schön verzaubert wurde, das ich manchmal denke, ich mache gerade einen Ausflug in die Blaue Grotte. Es klingt so schön nach Wassertröpfchen, die in den verschiedenen Bereichen einer Höhle ins Wasser fallen und dabei einen herrlich natürlichen Effekt erzeugen. „Night Train“ klingt dann am ehesten nach King Tubby für mich. Da ragen auch die Flying Cimbals ein wenig aus dem Wasser aber ich finde, das die hier richtig schön dezent zum Einsatz kommen. Der Dub vemittelt ein DubFeeling, was so richtig schön „Underground“ bzw. ja, ich nenne sowas Hard Core bzw. Art Core, rüberkommt. Wenn dann noch die Nyabinghy-Trommeln einsetzen, geht der „Rumble In The Jungle“ richtig los, wobei das Ganze nicht vordergründig spektakulär erscheint, sondern eben hintergründig und untergründig bis hin zu abgründig nach Revolution schreit.
„First Side Dub“ fängt eigentlich auch sehr gut an aber das Saxophon und die Querflöte sind da nicht gerade in Topform würde ich sagen. Ja und ein wenig flattern da ja auch wieder die Becken.
„Can´t stand the pressure“ ist auch auf meiner Wellenlänge aber „Don´t Rock The Boat“ hat auch wieder ein quälendes Saxophon zwischendurch. Dafür kommt hier das Xylophon gar nicht mal so schlecht . Also alles in allem eine gelungene DubScheibe, wo man ( ich ) auch wieder nach jedem weiteren Durchlauf ein bischen schlauer ist.
Leider ist meine Zeit für heute schon wieder abgelaufen und eigentlich bin ich noch gar nicht zu meinem springenden Punkt gekommen. Ich stelle mir nämlich doch die Frage, warum man
im Jahre 2020 erneut versucht, die alten Heroes zu kopieren. Es ist hier mal wieder sehr gut gelungen aber im Grunde können wir uns die Musik doch schon seit über 40 Jahren von King Tubby bis zu Lee Perry genau so anhören und uns daran erfreuen. Ich habe nix dagegen aber wenn man so wie hier speziell bei „Peps Chant“ und „BushWalk“ nahezu versucht exakte Kopien herzustellen, frage ich mich, ob das nicht doch ein wenig überflüssig ist. Und eigentlich bin ich auch froh, das man heute nicht auf besonders billiges und veraltetes Equipment angewiesen ist. Warum also mit dem ganz alten Fahrrad fahren, wenn man doch ein schönes neues E-Bike hat ? Ok Ok, Bushwalk ist keine Kopie und ich finde das Teil wirklich super und die kleinen Tierchen, die da mitsingen sind wirklich eine Bereicherung. Von daher, kann man über meine Frage wohl auch streiten.
Bis denne ……………….. lemmi ( keine Zeit für rechtschreibKontrolle )
Hi lemmi,
meine Rede, weshalb sollte man sich ein Album kaufen, das klingt wie vor 40 Jahren? Die treffendste Antwort, die ich bisher gelesen habe, hat René in seiner Riddim-Kolumne im „Mafia & Fluxy remembers King Tubby’s“ Review gegeben. Und damit hat er verdammt recht.
El‘ Truentos Album hat mich dazu veranlasst, mal wieder die alten Schätzchen rauszukramen. African Dub I – III von Joe Gibbs, Keith Hudson, die Upsetters, Niney… es fehlt überall gewaltig an Klangdynamik. Viele haben sich bestimmt schon gefragt, warum heute alte Reggae-Aufnahmen von Platte gezogen und digitalisiert werden. Die Antwort ist ganz einfach. Auf Jamaika waren noch in den 70ern qualitativ hochwertige Tonbänder Mangelware und deshalb wurden diese immer und immer wieder überspielt. Und somit waren erstens die Originalaufnahmen ein für alle Mal gelöscht. Ich selbst war mal stolzer Besitzer eines Revox-Tonbandgerätes und kann aus eigener Erfahrung sagen, dass zweitens mit jedem erneuten Überspielen, auch die Klangqualität und Brillanz immer mieser wurde.
A few weeks ago i discovered this blog for the first time and i’m very happy about it. This classic dub style album is really fantastic. Thanks for recommendation, every single track is a pearl in itself. Love it!
[…] Martin James alias Christoph El‘ Truento ist für uns im Dubblog seit seinem Album „Peace Maker Dub“ kein unbeschriebenes Blatt mehr. Inzwischen hat sich Christoph El‘ Truento zu einem […]