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Five Star Review

Aldubb & Mr. Glue: Der Mensch

„Ich mag einfach Alben.“, konstatiert Aldubb. »Die Entwicklung, dass die meisten Artists nur noch Singles zu produzieren, gefällt mir nicht. Für mich ist einAlbum mehr als die Summe seiner Singles. Die logische Fortführung des Gedankes, mehrere Einzelstücke zu einem Gesamtwerk zusammenzufassen ist das Konzeptalbum. Eigentlich ist „Der Mensch“ aber kein klassisches Konzeptalbum, das Konzept besteht eher in der ungewöhnlichen Kombination aus Dub und Deutschunterricht.« Da untertreibt der seit „A Timescale of Creation – Symphony No. 1 in Dub minor“ ungeschlagene Konzeptalben-Großmeister Aldubb aber gewaltig. Sein neues Werk „Der Mensch“ macht doch schon im philosophisch anmutenden Titel klar, dass es hier keineswegs nur um ein Duzend ordinärer Dubs gehen kann. Ein Konzept besteht in einer übergeordneten Idee, an der sich das Werk ausrichtet, eine Idee, die ihm Form und Sinn verleiht. Diese Idee ist bei Aldubbs neuem Album „Der Mensch“: deutsche Lyrik. What?? „Die Idee entstand so:“, erklärt er, „Mr. Glue gefiehl es, wenn während unserer Dubherz-Radio Shows gerade Instrumentals liefen, immer mal wieder 1-2 Sätze Literatur zu zitieren. Anfangs waren das nur Vierzeiler, bis ich mir dann einen Dub schnappte und ihn mit einem längeren Text zu einem Song arrangierte. Das war der Song „Die Liebe“. Inhaltlich haben wir uns dann relativ schnell die beiden Schlagworte „Der Mensch und die Liebe“ als Leitfaden gegeben. Innerhalb weniger Wochen hatten wir dann 9 Texte aufgenommen.“ Was Aldubb hier schildert, hört sich so selbstverständlich und naheliegend an, ich frage mich allerdings, warum niemand zuvor auf diese grandiose Idee gekommen ist. Tagein, tagaus setzen wir uns geduldig der Beschallung mit Langweil-Texte über Religion, Gras und Sex aus – ein Grund übrigens, warum ich kaum noch „normalen“ Reggae hören mag. Dabei gibt es so wunderschöne Lyrik, die es nur mit so wunderschöner Musik zu kombinieren gilt, um ein so wunderschönes Hörerlebnis zu erschaffen wie „Der Mensch“. Aldubb und Mr. Glue haben Dub Poetry soeben neu erfunden. Gott sei Dank, sind die beiden nicht der Versuchung erlegen, deutschsprachige Lyrik mit atonaler oder sonst wie verkopfter „Kunstmusik“ zu unterlegen. Nein, wir hören hier superb produzierte, handgemachte Dubs, kraftvoll und zugleich sensibel, akribisch arrangiert und gemixt, perfekt gemastert und vor allem ungemein musikalisch: „Ein glücklicher Zufall führte dazu dass Toni Farris, der übers Wochenende mit der Evolution-Band im Studio zu tun hatte, Zeit fand, die damals fast fertigen Songs mit ein paar seiner genialen Piano-Melodien zu würzen und damit gewaltig auf zu werten.“, verrät Aldubb.

Ich habe in letzter Zeit selten ein Album mit so viel Genuss gehört. Von wegen „Deutschunterricht“! Dub und Lyrik gehen hier eine Verbindung ein, die viel, viel mehr ist als die Summe aus den beiden beiden Komponenten. Die Worte bekommen zusätzliche Kraft durch die Musik und die Musik wird durch sie noch mehr zum bewussten „Hörerlebnis“. Lasst uns doch ein neues Dub-Genre daraus machen! Ich wäre dabei.

Wer allerdings unter – vom real existierenden Deutschunterricht seiner/ihrer Kindheit zugefügten – Konditionierungsschäden gegen Lyrik leidet, findet auf „Der Mensch“ übrigens auch alle Dubs ganz nüchtern ohne Poesie. Auch schön.

Bewertung: 5 von 5.

3 Antworten auf „Aldubb & Mr. Glue: Der Mensch“

Hi René,

was für ein sagenhaft schöner Tipp. Aldubb, der Meister des Außergewöhnlichen hat wieder einmal bewiesen, dass Poesie und Musik/Dub sehr wohl in der Lage sind, eine Liaison einzugehen. Die Novalis Texte waren mir auch sofort wieder im Ohr. Übrigens gab es Mitte der 1970er eine (Krautrock)Band gleichen Namens, die ebenfalls diese Texte mit Musik verquickte. Besser gefallen mir natürlich die gesprochenen Texte von Mr. Glue, dessen Stimme ich so gut finde, dass er mir auch ein Telefonbuch vorlesen könnte, was er de facto mit dem Vorlesen des Korvapuustit/finnische Ohrfeigen-Rezepts überzeugend unter Beweis stellt. Das Album verdient das Prädikat besonders wertvoll!!!

Uff !

Jetzt habt ihr mich aber richtig in der Mangel. Konditionierungschäden durch deutschunterricht ?!? ….. Ich habe heute noch Spätschäden von jeder Form des Unterrichts. Egal ob deutsch,english, französisch, mathematik ( igittigit ), chemie ( „oh geh mir ab“ ) biologie ( das pure grauen ) ……. machen wir es kurz, außer Sport war alles „Mord“ .
Es ist also nicht nur die Lyrik, die da bei mir auf der Strecke geblieben ist. Obwohl ich die Lyrik von Bob Marley, Bunny Wailer, Peter Tosh, Burning Spear …….. doch recht gut zu schätzen weiß. „One of my good friend said, dont jump in the water if you cant swim.“ Genau das tue ich aber, wenn ich über Lyric fasele ! Also sollte ich da lieber meine Finger von lassen. Aber es hat auch bei mir noch nie gereicht, mich davor zu warnen, in eine brennende Kerze zu fassen, weil man sich da die Fingerchen verbrennt. Da musste ich schon selbst mal ran und ich weiß, das das fast bei allen Kindern so gewesen ist. Deswegen wage ich doch mal ein bischen rumgezicke, gegen diese LyrikFetzen, die hier über die Dubs drüber gelegt wurden.
Erstens mal, sind die ziemlich schlecht zu verstehen, weil der „Lürizist“ hier so nuschelt oder eben – für mein Gehör – zu schlecht aufgenommen wurde. Zweitens bringen mir solche „Weisheiten“ wie „wer schmetterlinge lachen hört, weiß wie Wolken schmecken“ nicht so viel und auch „Backrezepte“ muss ich mir nicht unbedingt ins Bewusstsein rufen, wenn ich eigentlich gerade mal wieder einen Ausflug ins DubLand, „hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen“, irgendwo zwischen Babylon und Dubylon machen möchte.
Das Konzept gab es so ähnlich auch schon von Dub Spencer und Trance Hill. Einerseits mag ich die Stimme von William S. Burroughs aber auf Albumlänge geht es mir dann doch hier und da mächtig aufs Skrotum, muss ich gestehen. Das Ganja, kann man meinetwegen nicht nur in jedem Tune aufs neue „praisen“ sondern mit jedem einzelnen Zug ;-)
So halte ich mich also lieber an die Riddims oder Instrumentals, wie sie hier heißen. Insgesamt sind die Riddims solide bzw. ganz nett ! Oh, oh, wir wissen was „ganz nett“ in Wahrheit bedeutet ……. Jedenfalls nicht …. „Schlecht“ ! Aber auch nix umwerfendes.
„Die Liebe“ ist allerdings auch ein Beispiel für guten Steppers, der durch das hüpfende Keyboard im SkaRhythmus extrem aufgewertet wird und durch die sphärischen Klänge der Syntghesizer mein DubHeart mit Freude und Upliftment massiert. Bei den „lachenden Schmetterlingen“ gefällt mir das Klavier ( Keyboard ) extrem gut und bei der „gefärbten Wiese“ reißt es die Trompete voll raus. Die spielt hier eine sehr gelungene Melodie und hat – für meine Ohren – genau den richtigen Sound. Und beim „Lied vom Kindsein“ spielt das „Xylophon (?)“ wirklich schon fast virtuos und erzeugt bei mir doch so etwas wie einen Zauber von „instrumentaler Lyrik“.
Mein Gesamteindruck ist also eher durchwachsen, was dieses Album betrifft.

Tschüss erst mal …………….. lemmi

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