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Dub Boat: Dub Boat

Man möge mir verzeihen, dass diese Rezension ein Album featured, das bereits 2020 erschienen ist. Ich selbst bin erst kürzlich darüber gestolpert und fasziniert davon; es ist von atemberaubender musikalischer Brillanz, bietet herrlich weitläufige, durchgängig anspruchsvolle Arrangements und 1A Klangqualität. Ich sag’s offen heraus: Dub Boat, ein Quintett von der amerikanischen Ost-Küste, klingen mitunter wie ein Symphonieorchester – jeder Ton auf Ihrem titellosen, im Eigenverlag erschienenen Debuts zeugt von virtuosem Können – das gilt auch für die Arbeit des/der involvierten Tontechniker. Wohlgemerkt: Wir befinden uns immer noch im Reggae-Genre, und dort nahe am Dub-Bereich. Okay, wir wollen’s mal Instrumentals nennen:

An so einem Werk kann man sich natürlich herrlich aufreiben – denn mit den so vertrauten, schweren Riddims jamaikanischer Provenienz hat das Ganze herzlich wenig zu tun. Wer hier nach diesem typischen erdigem Vibe sucht, der auf Blut, Schweiß und Tränen aufgebaut scheint, wird ihn nicht finden. Es ist Reggae, wie er von Reggae nicht weiter entfernt sein könnte. Freilich lässt sich der  Bass auf ein paar wiederholende Notenfolgen ein – aber nur, um daraus wieder auszubrechen und den ausgefeilten Arrangements zu folgen. Drums, Gitarre, Keys und Trompete/Flügelhorn stehen dem in nichts nach und produzieren zusammen… ja, was eigentlich? Reggae goes Jazz-Rock-Funk’n‘Soul goes Tamtam? Reggae als Stadienrock oder Symphoniker-Freiluftkonzert? Chris Blackwell meets Jim Steinman meets Clive Hunt? Fahrstuhlmusik oder atemberaubende Darbietung?

Ich schlage vor, sich Zeit zu nehmen und die Musik auf sich wirken zu lassen. Es gibt viel zu entdecken, unvorhergesehene musikalische Überraschungen und den einen oder anderen Dub-Effekt. Assoziationen und Einordnung fallen schwer – würden Dub Spencer & Trance Hill so klingen, wären sie Amerikaner und hauptberuflich mit dem Einspielen von Hollywood-Soundtracks beschäftigt? Oder vielleicht Marcus Urani’s Groundation sans Harrison Stafford, einmal frisch gestärkt und glattgebügelt?

Ein Album – oder besser gesagt: Eine Rezension, die mehr Fragen aufwirft als dass sie Antworten gibt. Ich rate wie immer zur Auseinandersetzung mit solchen Erscheinungen vom Rande des Reggae-Universums – es könnte sich lohnen.

Bewertung: 4 von 5.

3 Antworten auf „Dub Boat: Dub Boat“

Du bist ja ein fleißiges „Bienchen“ gtk !

Während ich mich über Ostern hauptsächlich den kulinarischen Genüssen hingegeben habe, hast du darüber hinaus noch ein paar kulinarische MusikSnacks aufgetischt. Ich habe mir ganz nach deiner Empfehlung, richtig Zeit dafür genommen, obwohl die Zeit dafür bei weitem noch nicht ausgereicht hat. Entscheidend war aber auch, das ich diesmal richtig Lust drauf hatte, mich mit Musik „auseinanderzusetzen“ die ( vordergründig ) mal wieder mit einem Blasinstrument durchs „Vorabendprogramm“ führen möchte. Auch die in der Rezension beschriebene Art und Weise, das die BassNoten „nicht mit Blut, Schweiß und Tränen getränkt sind“ hat mich nicht davon abgehalten, mich intensiv und sorgfältig mit den Instrumentals zu beschäftigen. Es ist mir in keinster Weise schwergefallen, denn die Riddims / Instrumentals sind größtenteils fantastisch. Aber ja, es wird passieren, das mich die Trompete auf AlbumLänge hier und da doch mal nervt. So ist mir das GrundThema bei „Dub City“ schon wieder ein wenig zu bieder, müsste ich schreiben, damit es sich reimt. Nein bieder würde ich es nicht nennen aber es könnte durchaus auch eine neue Version vom Soundtrack zu Shaft oder Petrochelli sein. Was solls, „Shaft“ / „Petrochelli“ war ja immer ganz Ok, würde ich sagen.
Was mich aber viel mehr begeistert ist das excellente TrompetenSolo, welches im Hörbeispiel bei Minute 2:11 losgeht. Grandios !!! Nicht nur das WAS er da spielt bzw. improvisiert, sondern auch WIE die Trompete da auf einmal klingt. Plötzlich wird es ( ich hoffe nicht nur für mich ) reregelrecht horizonterweiternd. In der Spotify-Version setzt das Solo erst später ein und ist – aus meiner Sicht – nicht ganz so enthusiastisch gespielt, wie im Hörbeispiel von youtube. Aber als ob das noch nicht genug für ein gutes InstrumtalStück wäre, setzt nach dem TrompetenSolo der – wieder aus meiner Sicht – eigentliche Star dieses Albums noch einen drauf. Die Guitarre bzw. der Gitarist spielt hier und zum Glück auch an vielen anderen Stellen auf diesem Album wie von einem anderen Stern. Ok, ich habe im Reggae und vor allem im Dub schon öfter so einen genialen GuitarrenSound vernommen aber hierbei bekommt man sogar etwas mehr, als die oft nur kurz eingestreuten GuitarrenArrangements in vielen älteren Dubs. Es ist nicht nur der sphärische Klang, der mich erfreut, sondern auch die Fingerfertigkeit, bzw. das Können des Gitaristen. Ich gebs ja zu, meine Vergleiche kommen oft von weit her ( das liegt daran, das ich so einen riesigen Horizont habe ;-) ) aber ganz besonders bei der BassLine von „Dub City“ höre ich auch ziemlich doll DubbleStandart. Die Bassline ist keineswegs gleich aber ich musste unbedingt mal checken, wie groß die Ähnlichkeit zu „Not controled by the Artist“ ist. Ich würde sagen, zu mindestens 50 % ist sie nahezu identisch, wobei sie hier bei „Dub City“ sogar noch etwas virtuoser daherkommt. Zunächst hatte ich arge Bedenken, beim Lesen der Rezension, was die BassLines betrifft aber wie das so oft ist, trifft es nicht so hart zu, wenn man vorbereitet ist. Die meisten Bassmelodien haben eine sehr positive Wirkung auf mich.
Ganz besonders auch „Solid“ hat eine sehr tragende Bassline, in der ich mich sehr geborgen fühle. Und überhaupt schmelze ich bei „Solid“ dahin. Da ist einfach jeder Ton von jedem Instrument genau auf meinem „G-Punkt“. ( „G“ steht hier für Genuss ). Ähnlich ist das auch bei „Projekt 13“ und den meisten anderen.
„SoundWaves“ und „Dog Water“ sind keinesfalls schlecht aber die haben mich bis jetzt noch nicht so richtig gepackt. Dann gibt es da diese Momente bzw. Passagen wie z.B. bei „Sinister Duke“ wo ein sehr charmanter Riddim mit einer schönen BassLine, die einen aus dem tiefen Keller abholt und bis ins oberste Stockwerk trägt, bevor der ganze Riddim dann in eine Art Latin Jazz übergeht. Hab´keine Ahnung, ob man das so nennen kann aber für mich ist das jetzt halt mal sowas wie „Latin Jazz“. Auch nicht schlecht aber richtig genial wird es für mich erst durch den Übergang zu „King Tut“. Obwohl ich auch mit LatinoMucke durchaus etwas anfangen kann, fühlt sich der Übergang in den gewohnten Wohlfühlrhythmus fast genauso an, als ob man irgendwo in der sybirischen Tundra ( oder Taiga ) nach einer Frühgeburt wieder zurück in den wohlig warmen MutterLeib zurückkrabbeln konnte. Gegen Ende verfällt der Tune dann leider in den „OutBeat“. ( Wenn Reggae OffBeat ist, dann ist Rock für mich OutBeat ) Den Schagzeugrhythmus gegen Ende finde ich vollkommen neben der Spur. damit kann ich nix anfangen.
Dann ist da ja auch noch „Into The Dub“. Ich weiß echt nicht, was da für mich gefühlsmäßig überwiegt. Is das noch bayerisches Nordalpenflair oder schon fast jamaikanisches Upliftment ?!
Der Tune erzeugt jedenfalls eine angenehme Fröhlichkeit in mir, bervor der Tune bzw. das Album dann tatsächlich ein wenig „Into The Dub“ übergeht, um dann gegen Ende nochmal pure Fröhlichkeit zu verbreiten. „Sunken Ship“ rundet dieses fantastische Album dann auch noch perfekt ab.

Mehr fällt mir momentan nicht ein ………………….. lemmi

„Übrigens“ :

Die EP „Moonlight Radio“ ( sehr schön bei „deep in dub“ zu hören ) haut mich ja gerade noch mehr um. Klingt irgendwie noch ein bischen „deeper“ für mich. Ich mag das Wort „irgendwie“ eigentlich überhaupt nicht aber ich empfinde die Dubs hier „irgendwie“ noch ein bischen „müstischer“. Die BassLines finde ich noch besser als auf „Dub Boat“. Leider ist die super Guitarre nicht oder nur ganz selten mit am Start aber egal ……… und dieser SOUND ! Einfach nur FETT !!!
„Irgendwie“ klingt die Scheibe viel DUBBIGGER !!! Its a Bigger Dub ! Was auch auf die „DUbSingle“ zutrifft. Da ist auch die Guitarre wieder „voll“ dabei ! Kurzfristig hat sich auch „Dean Frazer“ mit eingemischt aber zum Glück geht das Saxophon nur kurz in den anaeroben Bereich.
( Und diese „International Rude Boy Dubs“ von Lotek verdient meiner Meinung nach auch eine 5 Sterne Rezension ).

So long and have a nice Time, when „the right time come“ ……………………… lemmi

Ganz recht, lemmi… mitunter stolpert man so mir-nix/dir-nix über Juwelen… diesmal nicht die nach der Holzhammer-Art, sondern jene von der fein ziselierten Sorte.

Auch mich hat das verfremdete Flügelhorn-Solo fasziniert… mehr von der Sorte gibt’s auf dem Dub Guerilla-Album zu hören, dort kommt’s allerdings von der Posaune.

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