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Interview

Interview mit Paul Zasky (Dubblestandart)

Dein Name: Paul Zasky
Du lebst in: Wien und Los Angeles
Titel deines letzten Albums: Dubblestandart meets The Firehouse Crew Reggae Classics

Erzähle mal ein wenig von dir.

Ich würde mich grundsätzlich als die treibende Kraft hinter all den Themen Dubblestandart und bald The New Blade Runners Of Dub bezeichnen. ABER, ohne der Crew bin ich nichts, pflege ich zu sagen. Ali, unser Mann am Drum und Herb, der ja bei House Of Riddim ist, und Robbie Ost sind mein Backbone ohne die drei läuft gar nichts. Sie halten mir trotz schwieriger existentieller Bedingungen für eine Band wie der unsrigen seit Jahrzehnten die Stange. Das muss man auch mal bringen und das respektiere und schätze ich sehr. Das ist etwas, das kannst du nicht mit Geld zusammenhalten, das ist ein Spirit, der ist da oder eben nicht.

Ich war Anfang der 90er Teil der Urcommunity von Musikern hier in Wien, die sich für Klang an sich, Post New Wave, Psychedelic, Early Electronic Music und dann bald Dub & Reggae interessiert haben. Wir hatten und haben den Proberaum (er war auch unser erstes Studio) gegenüber vom Flex, den für uns damals wichtigsten Club des Wiener Universums, wo Suga B, Gümix & Sweet Susi Dub und alle dessen Spielarten auflegten – von 1990 onwards.

Viele Leute und Musiker ging bei uns ein und aus. Die meisten hatten gute Ideen, aber es musste auch jemanden geben, der sie in die Tat umsetzte und dafür sorgt, dass Musik entsteht, die sich auf Platte pressen ließ. Darum bin ich dann irgendwann los …

Robbie war dabei immer der Mann am Gerät und nachdem ich die ersten paar Alben in den 90ern ja noch alle selbst gemischt hatte (auf 4 und 8 Spuren), hat er dann übernommen und auf Hi Tech umgestellt.

Ich war außerdem immer für die Kontakte zu Label, Booking, Promo, etc. zuständig und bin in der Welt zwischen Wien, New York, LA und Kingston herum gereist. Dabei habe ich eine Menge Leute kennengelernt, woraus dann über die Jahre viele Freundschaften und Collaborations entstanden sind.

Speziell in Jamaica hat mir mein guter Freund Devon Denton viele Türen geöffnet, zu Sly & Robbie, Ken Boothe, Dillinger, der Firehouse Crew usw. Nicolai von Echo Beach hat uns mit Ariup, Adrian und der OnU-Sound Posse zusammen gebracht. David Lynch hab ich nach unserer Show im Elysee Montmartre in Paris bei seiner Ausstellungseröffnung einfach angesprochen. So gibt es noch viele Beispiele. Ich bin vielen Leuten sehr dankbar.

Wie lautet deine persönliche Definition von Dub?

Landschaftsmalerei mit Klängen.

Was macht einen guten Dub aus?

Eine Atmosphäre zu schaffen die inspiriert, wo akustische Phantasiewelten aufgehen und gleichzeitig auf den „distinct“ Rhythm, seinen Mix und die detaillierte klangliche Bearbeitung besonderes Augenmerk gelegt wurde.

Welche Aspekte von Dub-Music faszinieren dich am meisten?

Dass es ein offenes Stilspektrum ist und sehr viel ermöglicht.

Wie hast du deine Leidenschaft für Dub entdeckt und wie hast du dich und deine Musik seid dem entwickelt?

Als ich ca. 16 oder 17 Jahre alt war – Mitte der 80er Jahre – hab ich mir Taxi Gang: „The Sting“ und „A Dub Experience“ von Sly & Robbie im damaligen „Hand In Hand“-Reggae-Laden in Wien gekauft. Die Crew dort waren Rastas aus Kingston und Addis Abeba und ein Quäntchen cooler und relaxter als der Rest der Stadt. Zudem hatten sie viel Fachwissen hinsichtlich der damaligen Produktionen, dem Vertrieb und der internationalen Szene. Das hat mich fasziniert und angezogen. Kurz darauf „Megaton 1“ von Lee Perry. Mich haben die nach vorn geschobenen Bass- & Drum-Linien, sowie die psychedelischen Flanger- und Phaserloops auf den Sounds von Lees 8-Spur-Produktionen fasziniert. Kurz darauf habe ich dann die Singers & Players und Creation Rockers auf OnU-Sound entdeckt und das wars dann. Dub war für mich die logische Weiterentwicklung von allem was mich bis dahin musikalisch interessiert hatte.

Wie sieht der Entstehungsprozess eines typischen Dub-Tracks von euch aus?

Meist schwirrt irgend ein Groove oder Basslinie in meinem Kopf herum, lange bevor wir eine Session mit der Band machen. Irgendwann gehen wir dann ins Studio und bauen darauf Instrumental-Livesessions auf. Da kommen dann nochmal Ideen vom Rest der Crew. Dann selektieren wir die Jams aus und spielen die Best-Offs präzise mit Klick ein.

Die Zeit danach verbringe ich mit Robbie im Studio wo die tatsächlichen Tracks entstehen. Oft nimmt das eine ganz andere Richtung als bei der Session. Ab und an holen wir die Jungs retour für einzelne Overdubs oder machen Collaborations mit Artists. Alle Keyboardparts, Analogsynthsounds, Samples etc. machen ausschließlich Robbie und ich, da das unseren Sound definiert. Insofern ist Dubblestandart ein Zwei-Stufen Projekt: Es gibt die Produzententätigkeit von Robbie und mir und die Band, die diesen Sound dann live umsetzt, aber im Entstehungsprozess eben auch für die Ursuppe verantwortlich ist.

Bevor es zu einem Mixdown kommt schrauben wir lange an Klang und Arrangement.Vor einer finalen Version wird an Sounds, Effekten, am eigentlichen Klang von Schlagzeug und Bass sowie echten und elektronischen Instrumenten getüftelt. Für mich ist ein Dub nicht der freegestylte Livemix einer Version. Für mich ist ein Dub ein kompletter eigenständiger Song mit Stimmen, Soundsamples und Realworld-Geräuschen, der einer eigenen Struktur und Dramaturgie folgt. Robbie zieht dann von diesen sehr konkreten Klangwelten oft noch Dubs für Vinylauskoppelungen, etc.

Wann bist du mit einem von dir produzierten Dub-Track zufrieden?

Ich produziere die Dubs nie alleine. Wenn wir beide sagen, das isses, dann isses das. In words not 2 be defined.

Was ist beim Produzieren von Dub am wichtigsten?

Authentizität. Es gibt beim Musikmachen keine Gesetze. Es gibt halt Schubladendenken. Musik ist aber frei und das gilt auch für die Ideen. Die Leute sollten sich wesentlich mehr trauen. Ich würde mir von den nachfolgenden Generationen mehr Experimentierfreudigkeit wünschen.

Was ist deine besondere Stärke?

Ich bleib dran, vor allem wenn’s ungemütlich wird.

Welches Album hältst du für euer bestes?

„Immigration Dub“, „Marijuana Dreams“ und „Dub Realistic“.

Gelingt es dir, mit Musik deinen Lebensunterhalt zu bestreiten?

Nein, hat es nie und wird es wohl auch nie. I keep my feed on the ground. Das was ich mit Musik verdiene, investiere ich ausschließlich wieder in Produktionen.

Welche Aspekte deines Jobs machen dir am meisten Spaß?

Musikmachen ist weder Hobby noch Job. Irgendwann fängst du damit an und es wird zur wichtigsten Sache in deinem Leben, um die herum du alles baust: Beziehungsleben, Familie, Moneybusiness.

Wovor graust es dir im Studio?

Zeitdruck und wenn zu viele Leute da sind. Das lenkt ab.

Wenn du gerade nicht an Dubs schraubst, was machst du dann am liebsten?

Ich bin in dem einen oder anderen Kulturprojekt involviert, fange im Herbst auch als Schauspieler in einer Theaterprodutkion an, bisschen Deejaying, setze mich zudem mit AI und psychotherapeutischen Themen auseinander. Habe außerdem in LA ein neues Bandprojekt begonnen.

Was hörst du außer Dub?

Alternative Music, Reggae, Electronic Music, Drum ’n‘ Bass, Industrial, Downtempo, HipHop, Avantgarde, Jazz, Singer Song Writer.

Wenn Geld und Zeit keine Rolle spielten: Welches Projekt würdest du gerne verwirklichen?

„Sade in Dub“ und „Nine Inch Nails in Dub“.

Gibt es Sound System-Events, die du besonders gerne besuchst? Warum?

Aktuell Corona-bedingt nada. Ansonsten ist alles, was Bassmusik angeht hier im Fluc in Wien meistens sehr cool!! Ansonsten: Subaudio.Basstrace, RAW, Donnerdub, Treasure Isle, der legendäre Dub Club im Flex back in the day. Truly missed!

Was bevorzugst du: Studioarbeit oder Sound System-Performance?

Studioarbeit, dann Live-Performance mit der Band, dann Selector at a Sound System. So ist die Reihenfolge.

Wer ist für dich der größte Dub-Artist aller Zeiten?

Adrian Sherwood

Und wer der aktuell interessanteste Dub-Artist?

Jah 9

Welches Sound System schätzt du am meisten?

Jah Shaka und OnU-Soundsystem.

Was sind deine persönlichen Top 5 Dub-Alben?

Dub Syndicate: „Stoned Immaculate“
Sly & Robbie: „A Dub Experience“
Burning Spear: „Living Dub Vol 1“
I- Roy: „Dread Baldhead“
Lincoln Sugar Minott: „Ghetto-ology Dubwise“

Eine Antwort auf „Interview mit Paul Zasky (Dubblestandart)“

Manchmal fühlt man sich als DubFan ja echt ziemlich allein auf der Welt.
Aber solche Interviews können mein Herz und mein Gemüt nahezu genauso erfrischen
und meine Lebensfreude, in das für ReggaeFreunde, gut bekannte FYAAAH FEELING
immer wieder aufs Neue entfachen.
„Kurz darauf habe ich dann die Singers & Players und Creation Rockers auf OnU-Sound entdeckt und das wars dann. Dub war für mich die logische Weiterentwicklung von allem was mich bis dahin musikalisch interessiert hatte.“
Dieser satz könnte ja 1:1 genau so von mir stammen. Keine Ahnung warum aber als ich diesen Satz gelesen habe, bekam ich sofort eine Gänsehaut. Dabei isses hier gerade überhaupt nicht kalt. Ich weiß nur nicht, wer die Creation Rockers waren oder sind aber eventuell kenne ich die auch als Creation Rebel.

Wer ist für dich der größte Dub-Artist aller Zeiten?

Adrian Sherwood

Auch darauf hätte ich keine andere Antwort geben können !!!!

Und auch bei den Top 5 habe ich schon überlegt, ob ich die „Stoned Immaculate“ als erstes nennen würde, wenn mich jemand
danach gefragt hätte. Aber im Grunde könnte ich gar keine Top Five Dub Alben nennen, da sich meine LieblingsDubs auf allen
DubAlben der Welt, verstreut befinden. Außerdem würde ich mich schon eine halbe Sekunde nach „Kommentar absenden“
ärgern, das ich nicht meine anderen Top Five Dub Alben genannt habe.

In einer Sache habe ich dezente Widerworte oder ich habe es nicht richtig verstanden. „Schubladendenken“ !

Ich könnte ja eventuell in die Schublade der Schubladendenker gesteckt werden, weil mir einige Dubexperimente
zu weit gehen oder doch zu sehr vom Reggaegroove abweichen. Das würde ich aber dann nicht akzeptieren,
weil Geschmack und Feeling nix mit Schubladendenken, geschweige denn mit Schubladen zu ntun haben.

Erst mal Middach machen ( da hat einer gerade frische Döner geholt ) ………………….. lemmi

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