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Thriller featuring Augustus Pablo

Fakt ist: Reggae-Visionär und -Pionier Augustus Pablo war mit seinem einzigartigen Sound maßgeblich an der Entstehung der aufkeimenden Dub-Reggae-Szene beteiligt. Von einem frühen Album soll Augustus Pablo gar nicht begeistert gewesen sein. Es erschien 1975 in England auf dem Label Nationwide und auf dem Cover stand: „Thriller featuring Augustus Pablo“, produziert von Enos McLeod. Im Laufe der Jahre gab es mehrere fragwürdige Veröffentlichungen des Albums. Bei allen verschwand das »Featuring« und es wurde daraus „Augustus Pablo: Thriller“ oder „Augustus Pablo: Pablo Nuh Jester“, mit veränderter Trackreihenfolge und fünf zusätzlichen Titeln – auf die ich am Ende noch kurz eingehen werde. Bei der Wiederveröffentlichung durch das kanadische Label Abraham/Clocktower wurden sowohl der Originaltitel des Albums als auch alle Tracks umbenannt. Also aufgepasst: „Augustus Pablo: Dubbing In A Africa“ ist „Thriller“.
Bei der Vinyl-Wiederveröffentlichung am Black Friday (25.11.2022), die durch ORG Music am Record Store Day (RSD) ermöglicht wurde, waren 1.400 Exemplare zum Preis von je 25,99 Dollar in den Vereinigten Staaten in kürzester Zeit ausverkauft. Ausgerechnet mit dieser längst überfälligen Neuauflage gelang Augustus Pablo posthum erstmals der Sprung in die Billboard Reggae Album Charts.

Auch wenn Augustus Pablo anderer Meinung war: „Thriller“ ist ein herausragendes Album, das einige der besten Arbeiten des viel zu früh verstorbenen Ausnahmemusikers und Produzenten außerhalb seiner gemeinsamen Projekte mit King Tubby enthält. Ein Werk, auf das Enos McLeod als Produzent stolz sein kann. Wobei noch unklar ist, was er davon tatsächlich produziert hat. „Last Of The Jestering“ hat er jedenfalls nicht produziert, das geht eindeutig auf das Konto von Leonard Chin. Dasselbe gilt für „Pablo Nuh Jester“, ein weiteres Stück im gleichen Rhythmus. Von den restlichen acht Stücken kann man „Fat Girl Jean“ definitiv als Pablos Werk abhaken. Der Klang des Klaviers lässt mich das vermuten, denn nur Pablo scheint es zu schaffen, dass ein Piano diesen Sound erzeugt. Die Melodica Tracks lassen sowieso keinen Zweifel daran.

Die A-Seite des Vinyls beginnt mit dem Titeltrack »Thriller«, der mit einem großartigen Posaunenpart aufwartet, während eine superlangsame Bassline über einem Cymbal-lastigen Schlagzeug schwebt.
Bei »Pablo in Red« steht Augustus’ Melodica im Mittelpunkt und ein felsenfester Bass bahnt sich seinen Weg durch die Lautsprecher.
»Pablo Style« ist eine langsame, Melodica geführte Instrumentalversion des Ken Boothe-Klassikers »Everything I Own«.
»Last of the Jestering« ist eine schwere Dub-Version mit schepperndem Schlagzeug, und Augustus spielt auf seiner Melodica die Hauptmelodie einfach großartig. Patti Smith spielte bei ihren Konzerten gerne eine etwas abgespeckte Version des Songs.
Mein ganz persönlicher Favorit ist seit jeher die B-Seite dieses Sammlerstücks. Sie beginnt mit »Pablo Nuh Jester«, einer wesentlich geradlinigeren Version von »No Jestering«, einem Song von Carl Malcolm aus dem Jahr 1973.
Es folgt »Fat Girl Jean«, ein wummernder Bass und ein schleppendes Schlagzeug werden von einer sanften Melodica umschmeichelt.
»Marcus Garvey« macht den alten Burning Spear Klassiker mit seinem deutlich schnelleren Rhythmus zu einem echten Sahnestückchen und Augustus Pablo begeistert mich bei jedem Hören mit dieser vom Piano geführten Instrumentalversion.
In »Rocky Road« zeigt Augustus, welch‘ wunderbare Klänge er seiner Melodica entlocken kann, während die Gitarre gelegentlich zum Einsatz kommt. Zwei weitere Versionen des Burning Spear Studio One Klassikers »Foggy Road« heißen »Rocky Road« und »Skibo Rock«. Beide Stücke können meines Erachtens ebenfalls Pablo zugeschrieben werden. Diesmal aufgrund der sehr ausgeprägten Clavinet-/Keyboardarbeit in »Skibo Rock«. Das schnellere, fast tanzflächentaugliche »Skibo Rock« bildet den krönenden Abschluss eines längst vergessenen Killer-Albums.
Der Sound ist wie bei vielen Alben aus dieser Zeit etwas dumpf, aber der Bass wummert und das Schlagzeug scheppert so unglaublich schön. In meinen Ohren erzeugt der warme, fast sanfte Sound des Albums ein luftiges und zugleich hypnotisches Hörvergnügen.

Anmerkung: Die letzten fünf Dubs auf der CD haben nichts mit „Thriller“ zu tun und werden Lloyd Parks & We The People Band zugeschrieben.

Bewertung: 4.5 von 5.

8 Antworten auf „Thriller featuring Augustus Pablo“

Grossartiges Album! Danke Ras Vorbei für die vielen Hintergrundinfos.
Für mich ist der einzige Wermutstropfen, dass praktisch alle Songs ausgeblendet werden (habe nicht kontrolliert, ist so einfach gefühlt). Irgendwie mag ich das einfach nicht und schätze es, wenn ein Song zu einem Schlusspunkt kommt.
Und im Gegensatz zu lemmi mag ich durchaus Stücke mit viel Melodica (und Saxophon), auch wenn es mal ein bisschen jazzy Reggae ist, feiere ich das (wobei ich nicht meine, dass ich dieses Album jazzy finde)… so hat jeder seine Vorlieben…

Ja, wo wir schon mal dabei sind, gebe ich gleich mal meine abweichenden Eindrücke wieder.
Zunächst muss ich aber sagen, daß ich das Album ebenfalls großartig finde. Aber „natürlich“ nicht wegen dem Saxophon und auch nicht wegen des kleinen Kinderspielzeugs. Das Instrument empfinde ich ein bischen so, als ob man „mit nem Messer zu einer Schießerei kommt“.
Und somit empfinde ich das fette „Everything I Own“ von Ken Boothe hier doch eher wie ein Schlaflied für Kinder. Vielleicht sollte es das ja auch sein. Das Saxophon oder ist das eventuell sogar ne Klarinette (?)
driftet für meine Ohren beim „Always Dub“, wider mal, in fast schon tödliche Frequenzen ab. Da muss ich meine Fußnägel mit nem Hammer fixieren, damit die nicht wegfliegen. Das mag auch daran liegen daß das ganze Album „Thriller“ ziemlich „dreckig“ und manchmal auch richtig knatzig klingt. Sowas gefällt mir aber im Grunde sehr gut, wenn es nicht all zu sehr verzerrt. Ist hier aber auch, mal mehr mal weniger, der Fall. Besonders beim „cymbeln“ und bei der von mir ebenfalls – oft abfällig bewerteten raschel – die Style Scott, aus mir völlig unverständlichen Gründen, auch so oft vorgekramt hat. ( Raschel bzw. Tamborin oder ich weiß nicht so genau … mir fehlt einfach der Respekt für dieses Teil )
( Ok,lemmi ….. jetzt komm mal zum Punkt ! Warum ist das Album großartig ?! )
Es sind die richtig tiefen Riddims,die mir mal wieder bis ins Mark gehen.
Allen voran, natürlich und aus meiner Sicht selbstverständlicherweise, der Riddim von „Foggy Road“. Für mich einer der magischsten Riddims, die jemals von der Insel gekommen sind. Auch wenn es davon sehr viele gibt. Und noch großartiger finde ich es, daß man hier auf meine speziellen Befindlichkeiten eingegangen ist und zum „Rocky Road
( Dub )“ auch noch den „Skibo Road ( Dub )“ eingespielt hat. Bei „Rocky Road“ könnte ich „das melodica“ auch leicht ignorieren, da der Riddim mich komplett in seinem Bann hat. So geht es mir mit Augustus Pablo und seiner Melodica eigentlich fast schon immer. Ok, es hat natürlich eine Zeit gebraucht, bis ich überhaupt gemerkt habe, daß ich dieses Instrument eigentlich gar nicht so toll finde. Ja und „Skibo Road“ ist für mich dann sowas wie ein echter Geheimtip ! Hier übernimmt das Klavier
und „klimpert“ eine fantastische Melodie, wobei es sich selbst noch durch geniale Improvisationen ergänzt.
Ok, ich habs grad nochmal gecheckt. Das saxophon hat ja dann nix mit dem Album „Thriller“ zu tun. ( Hat er „Maikel“ wohl auch den Titel geklaut …. ).
Es freut mich sehr, daß ich hier mal wieder Lloyd Parks & We The People Band hören darf. Auch wenn sie nicht zu „Thriller“ gehört. Ich habe die in Berlin mal als Backing Band für U-Roy, Gregory Isaacs und Barrington Levy erleben dürfen und ich kann nur sagen, SO GEHT REGGAE !!! Besonders bei U-Roy wollten sie dem Publikum wohl mal „zeigen“, was im Reggae so alles geht. Jedenfalls haben sie es mir mal wieder gezeigt. Ich habe U-Roy niemals wieder mit so einer geilen Band erleben dürfen.
Und hier liefern sie, meiner Meinung nach, auch eine mehr als nur solide Grundlage für sehr gute Dubs. Lloyd Parks am Bass ist eine ganz sichere Bank, würde ich sagen. Hat er auch beim Dub Syndicate schon öfter mal zeigen dürfen.
Wie immer hast Du uns noch viele andere kleine aber spannende Infos mit dazu geliefert Ras Vorbei !
Ich kann mir jetzt einen kleinen, neckenden Spruch wieder nicht verkneifen. Daß Patty Smith in ihren Konzerten nur eine abgeschwächte Version bieten konnte liegt wahrscheinlich hauptsächlich daran, daß die Band den Reggae mal wieder nicht so richtig hinbekommen hat.
Ich bin ja von Natur aus sehr auf Bequemlichkeit ausgerichtet und so mache ich es mir mal wieder ganz einfach und frage mal, ob du eventuell einen Link zu einer dieser Liveinterpretationen hast ;-)
Den Kritikpunkt von Philipp, daß die Tunes/Dubs alle ausgeblendet werden kann ich sehr gut nachvollziehen. Eigentlich habe ich mich im Laufe der Jahrzehnte auch daran gewöhnt aber ich wusste es auch schon immer sehr zu schätzen, wenn die Tunes ein klares Ende haben.
Das ist tatsächlich mal etwas, was sich auch für mich, merklich zum besseren entwickelt hat. Eigentlich darf ich mich da gar nicht so tief reindenken, denn ich mag weder Einschränkungen noch, wenn irgendetwas abgeschnitten wird. Sei es auch auf die sanfte Art in Form von Ausblendung und nicht „schönen Tag noch, Cut und tschüss“.

Apropos „Cut“ ….. ich denke es wird Zeit für mich, hier mal einen „Cut“ zu machen …….

So long …………… lemmi

Patti Smith war ein großer Fan von Tappa Zukies „MPLA“-Album, und sie war es auch, die Zukie auf ihrer UK-Tournee als Vorgruppe auftreten ließ. Das 1973er-Album „Man a Warrior“ wurde auf Pattis Label Mer wiederveröffentlicht, und Patti Smith steuerte die Cover-Notes zu dem 1977er-Album „Man From Bosrah“ bei.
Im November 1976 stand Tappa Zukie mit der Patti Smith Group im ehrwürdigen Hammersmith Odeon auf der Bühne, um „Ain’t It Strange“ aus „Radio Ethiopia“ zu singen.
Diese Fakten lassen den Schluss zu, dass Patti Smith schon immer eine starke Affinität zum Reggae hatte.

»Last of the Jestering« – Hier kommt die Patti Smith Group Version:
https://www.youtube.com/watch?v=-UjPHeq36Ak

Leider ist das Video in Deutschland nicht verfügbar, aber in vielen anderen europäischen und außereuropäischen Ländern problemlos zu sehen. Deshalb lasse ich den Link hier.

„Leider ist das Video in Deutschland nicht verfügbar, aber in vielen anderen europäischen und außereuropäischen Ländern problemlos zu sehen. Deshalb lasse ich den Link hier.“

Boah ey ! Und sowas gleich am Montag Morgen !
Der Vergleich hinkt bisher zum Glück noch sehr aber mir viel trotzdem gleich nordkorea ein. Oder china oder irgendeine andere diktatur.
So geht also Internet hier in d-land.
Schade Ras „Over“ ;-) Du hast es versucht. Danke dafür !

Bis denne ……………… lemmi

„He probably stole the title from “Maikel” too ……“
„Hat er „Maikel“ wohl auch den Titel geklaut …. ).“

Mal wieder ein „wenig“ offtoppisch´ aber ich finde nicht so ganz unwichtig, weil es zu einem Missverständnis führen muss, wenn man kein deutsch kann. Ich kann den Übestzungsfehler aus Sicht der k.I. gut nachvollziehen, denn allem was künstlich ist, fehlt es an Intuition. Naja und ich gebe zu, daß ich bei meiner Formulierung nicht an diese wörtliche Übersetzungsmöglichkeit gedacht habe.
Ansonsten bin ich aber auch echt begeistert, wie gut das schon klappt. Ich wusste gar nicht, daß ich so fließend Englisch sprechen, bzw. schreiben kann.

„Die Vergangenheit interessiert mich nicht ! Mir ist die Zukunft wichtig,denn in ihr gedenke ich zu Leben.“

Is, glaube ich, vom Albert. Erfüllt hier keinen tieferen Sinn aber is mir gard so eingefallen.

Bis denne …………….. lemmi

Man achte auf die Feinheiten !

„Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“

Is schon wichtig, denn so ganz vergessen sollte man die Vergangenheit ja doch nicht ……………. lemmi

Thank you so much for clarifying the information on the „Dubbing in a Africa“ album, Ras! This is a real musical treasure from master Pablo

When I’ve read »Agustus« on the „Dubbing in a Africa“ cover, I could have freaked out. The titles are totally different and A and B side are reversed — another Abraham/Clocktower ripoff.

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