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Sonstiges

Dubmix zur Dub Evolution August 2009

Tracklist:

Joe Gibbs & The Professionals: Love Me Girl Version aus dem Album Dub Serial/Evolution Of Dub Vol. 1 (Greensleeves/Groove Attack)

King Tubby: Mine Field aus dem Album Dub From The Roots/Evolution Of Dub Vol. 1 (Greensleeves/Groove Attack)

King Tubby: Stepping Dub aus dem Album Roots Of Dub/Evolution Of Dub Vol. 1 (Greensleeves/Groove Attack)

Observer All Stars And King Tubby: Casanova Dub aus dem Album Dubbing With The Observer/Evolution Of Dub Vol. 1 (Greensleeves/Groove Attack)

Tommy McCook And The Aggrovators: A Version I Can Feel With Love aus dem Album Brass Rockers/Evolution Of Dub Vol. 2 (Greensleeves/Groove Attack)

The Aggrovators: Two Face Rasta Dub aus dem Album Rasta Dub ’76/Evolution Of Dub Vol. 2 (Greensleeves/Groove Attack)

Aggrovators Meets The Revolutioners: The Dark Destroyer aus dem Album At Channel One Studios/Evolution Of Dub Vol. 2 (Greensleeves/Groove Attack)

Niney: Tribulation Version aus dem Album Sledgehammer Dub/Evolution Of Dub Vol. 2 (Greensleeves/Groove Attack)

The Revolutionaries: Rock Me In Dub aus dem Album Negrea Love Dub/Evolution Of Dub Vol. 3 (Greensleeves/Groove Attack)

The Revolutionaries: Survival Dub aus dem Album Green Bay Dub/Evolution Of Dub Vol. 3 (Greensleeves/Groove Attack)

The Revolutionaries: Fisherman Style aus dem Album Outlaw Dub/Evolution Of Dub Vol. 3 (Greensleeves/Groove Attack)

The Revolutionaries: Calico Jack aus dem Album Gold Mine Dub/Evolution Of Dub Vol. 3 (Greensleeves/Groove Attack)

Tommy McCook & The Supersonics: Rema Skank aus dem Album Pleasure Dub (Pressure Sounds/Groove Attack)

Noiseshaper: Big Shot aus dem Album Satelite City (Cat‘n Roof/Groove Attack)

Fat Freddy’s Drop: Wild Wild aus dem Album Dr. Boondigga & The Big BW (The Drop/Roughtrade)

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Dub (R)evolution Review

Dub Evolution Juni 2009


Mit höchsten Erwartungen sah ich dem Dub-Dokumentarfilm von Bruno Natal entgegen. Mit zu hohen Erwartungen, wie es scheint, denn statt die Musik, ihre faszinierende Art der Produktion und Aufführung zu portraitieren, erging sich der Film in der Aneinanderreihung oft nicht allzu substantieller Interviews. Vielleicht war das der Grund für Souljazz‘ Entscheidung, dem Film eine CD gleichen Titels zu widmen – die allerdings nicht im Bundle mit dem Film vertrieben wird, sondern extra gekauft werden muss. Ein Kauf, der sich durchaus lohnt, da die CD „Dub Echoes“ (Soul Jazz/Indigo) keineswegs den „Soundtrack“ der Doku enthält, sondern eine gänzlich eigenständige und zudem äußerst kompetente und geschmackssichere Zusammenstellung von Dubs aus der langen Geschichte des Genres. Das Spektrum erstreckt sich von Lee Perry-Produktionen über King Tubby-Mixen zu Sly & Robbie, Rhythm & Sound bis hin zu aktuellen Dubstep-Tracks von Kode9 oder Harmonic 313. Und wie es bereits die Dynamite-Kompilationen zeigen, hält man bei Souljazz nichts von Chronologie. Weshalb der C64-Sound von Disrupt hier nahtlos auf das Dub Syndicate mit Bim Shermans einschmeichelnder Stimme prallt, nur um danach von einem Dubstep-Wumms hinweggefegt zu werden, der schließlich von einem nicht weniger kraftvollen King-Tubby-Dub kontrastiert wird. Orthodoxe Musikhistoriker werden bei diesem Durcheinander Ausschlag bekommen. Einen Vollrausch hingegen dürften Musikhedonisten erleben, denn die ungewöhnliche Mischung der Tracks ergibt eine faszinierend ganzheitliche Dub-Experience, in der die spezifischen Eigenheiten und zugleich die Universalität von Dub ganz und gar evident vor Augen treten. Eine sinnliche Einsicht, die nur von dem Werk selbst und nicht durch eine sachliche Dokumentation geleistet werden kann. Vielleicht hatte der Film daher nie eine Chance, sein Thema in den Griff zu bekommen. Die CD schafft es hingegen mit traumwandlerischer Sicherheit. Ich würde mir eine ganze Kompilationsreihe nach diesem Muster wünschen. Und überhaupt: Eigentlich ist es doch mal wieder an der Zeit für Dub-Compilations – Dubstep sei Dank!

Wo wir gerade von Dubstep reden. Die Doppel-CD „I Love Dubstep“ (Rinse/Groove Attack) ist mit einem Jahr Verspätung auch in Deutschland gelandet. Rinse bürgt nach Compilations von Skream und Plastician für ausgesuchte Dubstep-Qualität. Mit „I Love Dubstep“ hat das Pirate-Radio nun eine Sammlung des Best Of der letzten 5 Jahre des jungen Genres versammelt. Die 23 Tracks der Disc 1 wurden vom vielleicht meist beschäftigten Compilation-Mixer Youngsta zusammengestellt und präsentieren das Who Is Who des Dubstep: Skream, Caspa, Loefah, Skream, Benga, Distance und – hatte ich ihn schon erwähnt: Skream. Wobble-Bass-Tracks haben hier die Oberhand, schön technoid und minimalistisch. Der Disc 2 hat sich hingegen Geeneus angenommen und führt uns eher zur dunklen Seite des Dubstep. Bezeichnenderweise beginnt er seine Kollektion mit Shackleton und beendet sie mit Burial. Dazwischen versammelt er Digital Mystikz, The Bug, Fat Freddy‘s Drop (die man hier eher nicht erwartet hätte) und natürlich Skream. Wer dein Einstig in Dubstep wagen möchte, ist mit den 45 Tracks bestens bedient.

Weiter geht‘s mit dem zweiten Dubstep-CD-Release des Monats: Caspa, „Everybody‘s Talking – Nobody‘s Listening“ (Sub Soldiers/Rough Trade). Gleich beim Intro wurde es mir so richtig warm ums Herz: Die Stimme des guten alten David Rodigan, der hier zu einem Lobgesang auf Caspa anhebt, hatte ich schon lange nicht mehr im Radio gehört. Die 12 Tracks, die dann folgen, haben mit Reggae allerdings nichts zu tun. Dafür umso mehr mit einem Großraumdisco-Rave. Verglichen mit den Produktionen auf „I Love Dubstep“ sind Caspas Dubs häufig gnadenlos überproduziert, pendeln zwischen Techno und Pop und nerven nicht selten durch ausufernde Grime-Raps und Voiceovers (wie passend bei dem Albumtitel). Es gibt aber auch reduziertere – und dafür umso schlagkräftigere – Tracks wie z. B. „Terminator“, der ganz von einem bestialisch brutalen Wobble-Bass dominiert wird, oder „I Beat My Robot“ – mechanisch kalt, rücksichtslos und böse.

Da wünscht man sich die warmen Beats des klassischen Reggae-Dubs zurück. Und wer liefert sie uns? Natürlich wieder unser heimatliches Lieblingslabel Echo Beach. Dieses Mal wird ein extraterrestrisches Dub-Artefakt präsentiert: Dubblestandart, Lee Scratch Perry & Ari Up, „Return From Planet Dub“ (Collision/Groove Attack). Zurück vom Planeten Dub, packen die vier Wiener Jungs von Dubblestandart aus, was sie uns von dort mitgebracht haben: Fundstücke, Trophäen und die akustischen Aufzeichnungen zweier Aliens mit den Namen Lee „Scratch“ Perry und Ari Up. Okay, Alien Nr. 1 hat eine abschreckende Wirkung, ich weiß! Perrys Gebrabbel ist in der Tat kaum erträglich. Aber die Dubblestandarts haben seinen Redeschwall wohltuend auf einen Bruchteil beschnitten, so dass seine Songs eher Dubs mit eingesampelten Vocals ähneln. Nur beim „Fungus Rock“ darf Perry nach Belieben über Pilzerkrankungen der Vagina fabulieren – diesen abgefahrenen Text zu kürzen, brachte wohl niemand übers Herz. „Fungus Rock“ ist aber aus einem weiteren Grund interessant, denn hier experimentieren die Wiener Dubheads ganz virtuos mit Dubstep. Überhaupt muss man konstatieren, dass die Dubblestandarts wahrlich auf der Höhe der Zeit sind. Jeder Song steckt voller guter Ideen, der Mix ist spannend, die Basslines swingen und der Sound ist überwältigend. Und damit sich diese Virtuosität auch richtig auskosten lässt, bietet CD 2 des Doppelalbums alle Tracks noch einmal als Dub-Versions – was nach einer absurden Idee klingt, da jedes Stück auf CD 1 ja schon ein Dub ist. Egal, ich würde auch noch eine dritte CD mit Remixen der Remixe begeistert anhören. Zumal es hier von unsterblichen Melodien nur so wimmelt. So gibt es sehr, sehr coole Neuinterpretationen von „Chase The Devil“ und „Blackboard Jungle“ – warum ist bei Lee Perry als Studiogast sonst noch niemand auf diese grandiose Idee gekommen? Mein persönlicher Favorit ist jedoch die Jean-Michel Jarre-Hommage „Oxygen pt. 4“ mit Regisseur David Lynch am Mikrophon. Da kann man nur sagen: Welcome back! Wir sind froh, dass ihr wieder da seid!

Nicht vom Planeten Dub sondern aus dem schönen Norditalien erreichte mich das neue Album der R. B. Stylers, „Indubstria“ (Alambic Conspiracy/Import). In bester Old School-Manier präsentiert es 12 Tracks als Showcase, also je ein Song gefolgt von seinem Dub-Mix. Handgespielte, wuchtige Rhythms prägen den Sound, der irgendwo zwischen Zion Train und Draedzone liegt. Besonders erwähnenswert sind die melodiösen und zugleich kraftvollen Songs von Sängerin Michela Grena, die einerseits einen schönen Komplementär zu den Rhythms bildeen, andererseits aber – wie auf Startsong „Let The Shine“ gut zu hören – in perfektem Einklang mit der Musik stehen. Nahtlos gehen die Vokalversionen in den Dub-Mix über, so dass ein Stück fast 8 Minuten dauert. Das Beste an dem Album ist aber, das es – kaum zu glauben – kostenlos (und legal) auf der Homepage der B. R. Stylers (www.brstylers.com) heruntergeladen werden kann.

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Sonstiges

Dubmix zur Dub Evolution Juni 2009

Tracklist:

King Tubby & The Aggrovators: „Ruffer Version“ aus dem Album “Dub Echoes” (Soul Jazz/Indigo)
Dubblestandart: „Blackboard Jungle Dub (Featuring Lee „Scratch“ Perry)“ aus dem Album „Return From Planet Dub“ (Collision/Groove Attack)
Skream: „Dutch Flowerz“ aus dem Album „I Love Dubstep“ (Rinse/Groove Attack)
Caspa: „I Beat My Robot“ aus dem Album „Everybody‘s Talking – Nobody‘s Listening“ (Sub Soldiers/Rough Trade)
B. R. Stylers: „Let Them Shine“ aus dem Album „Indubstria“ (Alambic Conspiracy/Import)
B. R. Stylers: „Let Them Shine Dub“ aus dem Album „Indubstria“ (Alambic Conspiracy/Import)
Dubblestandart: „Chrome Optimism – Oxygen Pt.4 Dub (Featuring David Lynch)“ aus dem Album „Return From Planet Dub“ (Collision/Groove Attack)

Download mp3 (27 MB): dubmix_6_2009

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Dub (R)evolution Review

Dub Evolution April 2009

 

Dass Dub in Deutschland überlebt hat, haben wir einzig und allein einem Label zu verdanken: Echo Beach. Gegründet während der Blütezeit des UK-Dub, hat es die Fahne des Dub in all den Jahren der Dürre und Entbehrungen hoch gehalten und feiert heute seinen unglaublichen 15. Geburtstag. 1,5 Dekaden First Class-Dub aus Deutschland und dem Rest der Welt (mit bahnbrechenden und Dub-Geschichte schreibenden Alben u. a. von Black Star Liner, The Groove Corporation, Manasseh, Seven Dub, Dubblestandart, Noiseshaper, Cool Hipnoise und den More Rockers), da hätte man mit gutem Recht einen Best Of-Sampler erwarten können. Doch nein, Mr. Beverungen from outta Hamburg überrascht uns mit einer neuen Ausgabe seiner legendären King Size Dub-Serie – der dreizehnten, wenn ich richtig gezählt habe (Echo Beach/Indigo). Und weil das ein schlechtes Omen ist, hat man einfach zu einer anderen Zahl gegriffen, deren Symbolgehalt weitaus vielversprechender ist, der 69! Darauf hat unser hanseatischer Dub-Ritter (und -Retter) 14 exklusive Tracks von seinen Lieblings-Label-Artists versammelt und den Mark Viddler-Dubmix von Martha & The Muffins Song „Echo Bach“ programmatisch an den Anfang gestellt. Es folgt ein reichlich spaciges Dub-Cover des Special-Hits „My Rasist Friend“, dargeboten von Deepchild feat. Andy B. Hohe Dub-Mix-Kunst! Dann ein Track, mit dem man nie und nirgends etwas falsch machen kann: „Peace & Love“ von Dubmatix feat. Linval Thompson (vom aktuell bei Echo Beach erschienenen Album „Renegade Rocker“). Geht es um die New School des Old School-Dub, dann macht Dubmatix aka Jesse King zurzeit niemandem etwas vor. (Ich höre aktuell zwei großartige neue Dubmatix-Singles, die in Kürze bei irieites.de erhältlich sein werden – nicht Echo Beach, aber trotzdem klasse). Ebenfalls groß: Junglehammer vs. Daktari, ein kraftvoller, schneller Dub. Die perfekte Wahl nach dem Dubmatix-Kracher. Weiter geht‘s mit Smoke (vom aktuellen Album „Addicted“), dann (zum x-ten Mal – aber beim Jubiläumssampler drücken wir mal ein Ohr zu) mit The Ruts DC. Es folgen vier grandiose Dub-Cover: „House Of The Rising Sun“ (Animals), „Walking On The Moon“ (Police), „Private Life“ (Pretenders) und „Jeanny“, eine richtig deepe Dub-Version von Falcos kontroversem 80er-Hit. Den Abschluss bilden Dubblestandart mit Lee Perry, das Dub Syndicate, Sugar Sugar (von Seven Dub) und Ari Up vs. X. A. Cute, die einen interessanten Crossover von Cutty Ranks und Dubstep fabriziert haben. Mit anderen Worten: Ein richtig gutes, fettes Jubiläumspräsent, das Echo Beach uns und sich selbst zum Geschenk gemacht hat. Auf die nächsten 15 Jahre!

Ich lebe in dem sehr befriedigenden Bewusstsein, mich zumindest in einem musikalischen Kosmos wirklich gut auszukennen: Dub. Doch in letzter Zeit mache ich immer wieder die – allerdings keineswegs unangenehme – Erfahrung, dass es noch einige unentdeckte Winkel und mir unbekannte Protagonisten gibt. Wie z. B. Sideshow, deren Debut-CD „Admit One“ (Aus Music/Alive) letztens auf meinem Schreibtisch landete. Der Name sagte mir gar nichts und ein Blick ins Presseinfo nährte den Verdacht, dass diese CD womöglich nur fehlgeleitet worden war. Die Rede war dort nämlich vom Singer/Songwriter Fink, der seit 2003 Alben auf Ninja Tune veröffentlicht, auf denen er sich beim Singen mit der akustischen Gitarre begleitet. Also so ungefähr das Gegenteil von Dub. Egal, ich beschloss die Musik sprechen zu lassen und legte die CD in den Player. Immerhin hörte ich nicht einen Mann mit seiner Gitarre, sondern einen waschechten Indi-Popsong mit weiblicher Sängerin (Cortney Tidwell, wie sich später herausstellte) – aber letztlich auch nicht meine Tasse Tee. Fast hätte ich die CD schon gestoppt, als der zweite Track begann und mir eine Bassline entgegenschallte, die meine Eingeweide erbeben ließ. Wow – was war das? Four to the floor stampfte der Beat durch Raum und Zeit und hinterließ Spuren lang nachhallender Echos. Dabei – und das passte perfekt zu dem ungewöhnlichen Einstiegssong – klang alles so wunderbar analog und menschlich, hatte Wärme und Atmosphäre. Beim dritten Track dann erklang die vertraute Stimme von Paul St. Hilaire, womit dann auch klar war, wohin die Reise bei den verbleibenden sieben Tracks gehen sollte: Zu einer der schönsten und spannendsten Dub-Exkursionen der letzten Monate. Fink aka Fin Greenall hat dieses Album mit seiner Tour-Band live eingespielt, gewissermaßen zur Entspannung: „Im Dub geht es für mich nicht um rationales Denken, sondern eher um emotionales Handeln, um Freiräume, eine gewisse Beschaffenheit,“ sagt Greenall: „Dub ist für mich wie die Kirche der Musik, eine gewisse Unschuld mit riesiger Kraft.“ Sehr schön poetisch – und man glaubt es ihm spätestens, wenn auf „If Alone“ die klagenden Streicher ertönen, in denen der Weltschmerz über unablässig heranströmenden Bass-Wogen ausgebreitet wird, nur um dann in einer höchst eigenwilligen Version von Kraftwerks „Modell“ zu münden. Wer so etwas als Entspannungsübung betreibt, muss schon ein begnadeter Musiker sein – von denen es in den verschiedenen musikalischen Genres ja eine Menge gibt. Bleibt nur zu hoffen, dass sie ihr Herz für Dub entdecken und dafür sorgen, dass noch so manche obskure CD auf meinem Schreibtisch landet.

Das genaue Gegenteil von „handgespielter“, analoger Musik liefert das Label Jahtari, das sich – wie der Name vermuten lässt – dem 8Bit-Sound früher Computer wie Atari und vor allem dem C64 mit seinem (damals) überragenden Soundchip verschrieben hat. Labelchef Disrupt legt nun mit „The Bass Has Left The Building“ (Jahtari/Cargo) sein zweites, „echtes“ Album vor, auf dem er die Verbindung von Dub und 80er-Jahre Computergame-Sounds weiter auslotet. Damit tritt er unweigerlich in die Fußstapfen von King Jammy, der 1985 mit Sleng Teng den ersten vollsynthetischen Reggae-Sound produzierte. Doch während Jammys Epigonen heute mit modernster Software wie Logic und Cubase arbeiten, beschränkt sich Disrupt bewusst auf das minimale Soundrepertoire des dreistimmige SID-Chips, der seinerzeit im C64 steckte. Was lässt sich mit diesem beschränkten Instrumentarium anstellen? Ehrlich gesagt: nicht sehr viel – obwohl, andererseits, auch wieder mehr als gedacht. Im schlechtesten Fall klingen die Stücke nach den simpel gestrickten Soundtracks alberner Jump & Run-Spiele, im besten Fall gelingt es Disrupt komplexere Shuffel-Beats zu komponieren, die gelegentlich sogar in die Nähe von Rhythm & Sound-Tracks kommen. Letztlich lässt sich diese Musik mit gewöhnlichen Qualitätskriterien aber nicht fassen. Dubs aus C64-Sounds sind ein Experiment, das, egal ob es scheitert oder gelingt, unseren musikalischen Horizont erweitert – und damit seine Berechtigung hat.

Wahre Reggae-Buffs kennen Clinton Fearon. Auch wenn sie ihn in dieser Kolumne nicht erwartet hätten, denn Fearon ist als Mitglied der Gladiators und somit als Sänger bekannt. Doch nun hat der Reggae-Veteran, der nicht nur Sänger sondern auch Bassist ist und bereits im Studio One und im Black Ark-Studio spielte (und mittlerweile in Seattle (USA) lebt), ein waschechtes Dub-Album aufgenommen. „Waschecht“ bedeutet, dass es nicht nur der Dubmix eines vorliegenden Vokal-Albums ist. Nein, „Faculty Of Dub“ (Boogie Brown/Import oder iTunes) ist ein originäres, „handgespieltes“ Dub-Album. Und ein sehr gutes dazu, mit wunderbarem Old School-Flair, klassischer Besetzung, sanften, harmonischen Rhythms und einfachem, aber sehr angenehmen Mix. Solche Musik kann man wunderbar im Büro laufen lassen. Sie verbreitet Wärme und Wohlbefinden, wirkt beruhigend aber keineswegs langweilig. Die Faculty Of Dub ist schlicht und ergreifend das, was man ein „solides Dub-Album“ nennt. Und genau davon gibt es in den letzten Jahren viel zu wenig. Auch jenseits musikalischen Engagements scheint Mr. Fearon aktiv zu sein. Eine Google-Suche nach seinem Namen fördert einen Blog mit dem Titel „Boogie Brown and the Baby Notes“ zutage, in dem Fearon Geschenkideen (meist Geschenkkörbe) anpreist. Die Geschenkkörbe gibt es dann auf einer kanadischen Shopping-Site. Na ja, seit mit Musik kaum noch Geld zu verdienen ist, müssen Musiker auch alternativen Einnahmequellen gegenüber aufgeschlossen sein.

Aber da wir gerade im Netz herum surfen, muss ich noch einen Tipp für einen richtig guten Dub-Podcast loswerden: thedubzone.blogsome.com. Produziert wird er von Pete Cogle, der bis zu drei mal monatlich eine ca. halbstündige Show ins Netz stellt. Dafür greift er ausschließlich auf im Netz frei verfügbare Downloads zurück und nimmt somit seinen Hörern die Mühe ab, selbst Musik-Community-Sites wie reggaedubwise.com nach gutem Material zu durchforsten. Ich bin jedenfalls immer wieder sehr erstaunt, welch gute Dubs Mr. Cogle sich so zusammen klickt (und vor allem bin ich darüber erstaunt, welch gute Qualität „Hobby“-Dub-Produzenten so ins Netz stellen).

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Sonstiges

Dubmix zur Dub Evolution April 2009

Tracklist:

Deepchild feat. Andy B: „Racist Friend“ vom Album „King Size Dub Chapter 69“ (Echo Beach/Indigo)

Sideshow: „Sequential Dub“ aus dem Album „Admit One“ (Aus Music/Alive)

Disrupt: „Impossilbe Mussion III“ aus dem Album „The Bass Has Left The Building“ (Jahtari/Cargo)

Clinton Fearon: „Kingston Walk“ aus dem Album  „Faculty Of Dub“ (Boogie Brown/Import oder iTunes)

Download mp3 (17MB) dubmix_4_2009

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Dub (R)evolution Review

Dub Evolution, Januar 2009

 

Dub ist ein internationaler Style und die besten Dub-Produktionen kommen schon lange nicht mehr allein aus dem UK (ganz zu schweigen von Jamaika). Doch haben wir hier je über Kanada als Dubbin-Ground gesprochen? Abgesehen von Dubmatix, der hier lebt und arbeitet, schallten aus dem Norden des amerikanischen Kontinents bisher keine Echos zu uns herüber. Doch wie sich nun zeigt, lag das daran, dass wir nicht aufmerksam genug hingehört haben, denn bereits seit einigen Jahren veröffentlicht das kleine Label „Balanced Records“ eine hoch interessante musikalische Mixtur, in der Dub einige Volumenanteile ausmacht. Im Wesentlichen geht es bei „Balanced“ um Downtempo, Nu Jazz, Electro und Dub, das Ganze zusätzlich mit globalen Sounds gewürzt. Doch nun –  wahrscheinlich weil der Dub-Virus sich unaufhaltsam ausbreitet, hat er sein Opfer erst einmal infiziert – ist der Label-Sampler „Nothern Faction 4“ (balanced-records.com) ausgesprochen dublastig ausgefallen. Die Labelmacher haben sich dazu nicht nur ihres eigenen Musiker-Stalles bedient, sondern passende Tracks rund um den Globus lizensiert. Dabei sind 14 Artists zusammen gekommen, von denen ich bisher nur Noiseshaper, Dubmatix und das Subatomic Sound System kannte. Die meisten anderen sind im engeren Sinne auch keine Dub-Artists, was die Sache aber umso interessanter macht. Denn so finden sich die straighten Dubs eines Dubmatix z. B. in spannungsvollem Kontrast zu einem melancholischem Nu Jazz-Stückes oder einem harten Elektro-Track. Statt 70 Minuten stoisch im Offbeat-Tackt zu wippen, eignet sich „Nothern Faction 4“ eher zum aufmerksamen Hinhören und zum Einlassen auf unterschiedliche Stimmungen. Mit anderen Worten: Es ist ein etwas intellektuelleres, dafür aber gerade besonders erlebnisreiches Album, das sich mit Bauch und Kopf gleichermaßen genießen lässt.

Statt gradliniger, hypnotischer Dub-Alben, häufen sich diesmal eher etwas ungewöhnliche und vertrackte Werke auf meinem Tisch, Alben, die mehr am Rande des Genres, statt in dessen One-Drop-Zentrum zu operieren. Da wäre zum Beispiel das neue Album „Visions In Sonic Sense“  (Malicious Damage/Cargo) von Analogue Mindfield, das – wenn man es als physischen Datenträger kauft – mit psychedelischem Cover und beiliegender grün-roten 3D-Brille kommt. Während man im Raum fliegende 3D-Augen betrachtet, gibt es eine Musik zu hören, die sich dem Leftfield-Spektrum zuordnen lässt und ein wenig wie unveröffentlichte Dreadzone-Tracks klingt. „Akustische Klanglandschaften bestehend aus herausvordernder, aber trotzdem zugänglicher Musik“ sind das Ziel der irischen Band. Was sich hier so abstrakt anhört, lässt sich auch als eine Mischung aus Reggae-Dub (auch Old-School), Pop und Elektronik bezeichnen. Dabei gibt es (übrigens auch wie bei Dreadzone) überaus eingängige, fast schon chartstaugliche Stücke, aber auch experimentelle und schräge Dubs zu hören. Kennzeichnend sind stets mal kleine, mal große Melodien, die sich in den Gehörgängen einnisten. Dazu kommen schnelle und vielfach synkopierte Beats und ein ganzes Universum diverser kleiner Sounds, kleiner Synthie-Melodiefolgen und Vocal-Samples – manches grenzt schon an Überproduktion. Insgesamt herrscht eine leichte, gut gelaunte Stimmung und es macht unzweifelhaft Spaß, sich auf die „Visions In Sonic Sense“ einzulassen.

Weiter geht‘s mit einer Expedition an die Grenzen des Dub. Unser Guide heißt Harmonic 313 und unser Forschungsgebiet ist die Zeit, „When Machines Exceed Human Intelligence“ (Warp/Roughtrade). Jene futuristischen Sphären sind nämlich das Lieblingsbeschäftigungsfeld vom Marc Pritchard, jenem Elektro-Künstler, der sich seit Beginn der 1990er Jahre der so genannten „UK-Bass-Music“ verschrieben hat. Damit dürfte klar sein, worin der Bezug zum Dub hauptsächlich besteht: im Bass. „Bass! How Low Can You Go?“ fragte Public Enemy vor 20 Jahren. Pritchard liefert mit seinem neuen Album nun eine beeindruckende Antwort auf diese Frage. Seiner Auffassung nach wird die Tanzmusik Englands seit fast 20 Jahren vom Bass regiert: Dub, Jungle, Drum & Bass, Garage, Dubstep – und bei allen Styles hatte er ein Wörtchen mitzureden gewusst. Und so verwundert es nicht, dass die futuristisch-düsteren, aber auch harten und rationalen Sounds auf „When Machines Exceed Human Intelligence“ am ehesten an Dubstep erinnern (mit deutlichen Referenzen an Detroit Techno und 80er-Elektro). Reggae sucht man hier (abgesehen vom Intro-Sample) vergeblich, aber das Übermaß an Bass dürfte trotzdem jeden Freund des Dub in einen glückseligen Zustand versetzen. 

Da wir uns gerade schon so weit vom klassischen Dub-Terrain entfernt haben, bleiben wir noch ein wenig in diesem Grenzgebiet und hören mal in das Album „Underground Wobble“ (Jarring Effects/Alive!) von High Tone. Unter diesem Titel firmiert eine Gruppe von Dub-Alchemisten aus Lyon, die eine eklektizistische Musik aus Dub, Industrial, Hip-Hop, Trip-Hop und Ethno Samples zusammen basteln und das Ganze „Novo-Dub“ nennen. Zu hören gibt es teils schwere, teils wilde Break- und Offbeats, kreischende Synthies, orientalische Melodieornamente und hypnotische Keyboardsounds. Das richtige Material, um sich die vom Harmonic 313-Bass zugedröhnte Ohren freipusten zu lassen. Wer genau hinhört und den vollen, reichen Sound der Tracks durchdringt, der entdeckt faszinierende Details, wie z. B. sanfte Jazz-Einlagen, die von wildem Sirenengeheul kontrastiert werden, Synthie-Eskapaden (die ebenso gut Samples von Oper-Gesang sein könnten), sowie stets undeutliche, geheimnisvolle Funksprüche (in denen wahrscheinlich eine Verschwörungstheorie diskutiert wird). Statt eines durchgehend brachialen Sounds, folgen die einzelnen Stücke einer ausgeklügelten Dramaturgie voller Kontraste und Überraschungen.

Zum versöhnlichen Abschluss gibt‘s noch mal richtigen Reggae: „Infinite Dub“ von Midnite/Lustre Kings (Lustre Kings/Import). Dabei handelt es sich um die Dub-Version des Albums „Infinite Quality“, einer Zusammenarbeit von Midnite-Sänger Vaughn Benjamin mit dem Lustre-Produzenten Digital Ancient. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist – zumindest in Dub-Form – einigermaßen langweilig. Die Riddims doch recht durchschnittlich, der Gesang ist nur in winzigen Fetzen zu hören (ist ja Dub!) und die Produktion ist, nunja, sagen wir: wenig inspiriert. Irgendwie hört sich der Sound merkwürdig dumpf an. Tja, man sieht, das ich dem Album wenig Positives abgewinnen kann. Die Vocal-Version war gewiss besser, denn die wenigen Melodiefetzen, die das Dub-Treatment überstanden haben, hören sich vielversprechend an.

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Sonstiges

Dubmix zur Dub Evolution Januar 2009

Tracklist:

Solidaze: „Panorama Dub“ aus dem Album „Nothern Faction 4“ (balanced-records.com)
Analogue Mindfield: „Need A Leader (Dub)“ aus dem Album „Visions In Sonic Sense“  (Malicious Damage/Cargo)
Harmonic 313: „Dirtbox“ aus dem Album „When Machines Exceed Human Intelligence“ (Warp/Roughtrade)
High Tone: „X-Ray“ aus dem Album „Underground Wobble“ (Jarring Effects/Alive!)
Midnite & Lustre Kings: „Reala Dub“ aus dem Album „Infinite Dub“ von Midnite/Lustre Kings (Lustre Kings/Import)

Download mp3 (23MB): dubmix_1_2009

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Charts Review

Meine Dub Top 10 des Jahres 2008

1. Dubmatix: „Renegade Rocker“ (7 Arts/Echo Beach/Indigo)
2. Dubxanne: „Police In Dub“ (Echo Beach/Indigo)
3. Clive Hunt: „Clive Hunt & The Dub Dancers“ (Makasound/Rough Trade)
4. Prince Fatty: „Survival Of The Fattest” (Mr. Bongo/Cargo).
5. Various: „Dub-Anthology“ (Wagram/SPV)
6. Kasbah Rockers: „Kasbah Rockers with Bill Laswell“ (Barraka)
7. Vibronics & Friends: “UK Dub Story” (Scoop/Import)
8. Hi Fi Killers: „Turf War Dub“ (Mossburg/Import)
9. Lars Fenin: „Been Through“ (Shitkatapult/mdm)
10. Jimmy Radway & The Fe Me Time All Stars: „Dub I“ (Pressure Sounds/Groove Attack)

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Dub (R)evolution Review

Dub Evolution, November 2008

„… One of the hardest dub albums ever released“, steht im Rough Guide To Reggae über das Album „Dub I“ von Produzent Jimmy Radway & The Fe Me Time All Stars (Pressure Sounds/Groove Attack). Über dieses Statement ließe sich vorzüglich streiten – darüber, dass „Dub I“ one of the hardest albums ever TO GET“ war, braucht es jedoch keine Diskussion. 1975 mit einer Auflage von nur 300 Stück in Jamaika veröffentlicht, war „Dub I“ als eines der ersten Dub-Alben überhaupt – und zudem noch ein Frühwerk von Meister-Engineer Errol Thompson – so etwas wie der heilige Gral der Reggae-Sammler. Die wenigen Auserwählten, deren Sammlung von einer der raren, verbliebenen Vinyl-Scheiben dieses Albums gekrönt wurden, müssen nun einen herben Kurssturz ihres Anlagevermögens hinnehmen, denn Pressure Sounds wiederveröffentlicht das Dub-Album nun perfekt remastert mit fünf Bonus-Tracks, dem Original-Cover und ausführlichen Linernotes. Als Dub-Connoisseur des Jahres 2008, mit Kenntnis der langen Geschichte des Dub (auch nach 1975), mag sich das revolutionär Neue und vor allem die „Härte“ des Albums nicht mehr erschließen. Zu viel von dieser an Innovationen nicht armen Musik hat man schon gehört, hat sich tonnenschwere Bässe um die Ohren hauen lassen und ist durch so manche Echo-Kammer gewirbelt worden. Aus heutiger Sicht wirkt der Sound und das Arrangement von „Dub I“ einigermaßen konventionell. Retrospektiv betrachtet lässt es sich jedoch nachvollziehen, warum der trockene, von kraftvollen Bläsern dominierte, klare und schnörkellose Sound damals als revolutionär wahrgenommen wurde. Wäre Radways Micron-Label zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Albums nicht bereits pleite gewesen, dann hätten eine höhere Auflage und ein paar Promos in den Briefkästen von Virgin- oder Island-Records, Mr. Radway gewiss einen Platz in der Reggae Hall Of Fame gesichert. So ist es nicht gekommen, weshalb wir uns das Album nun mit über dreißigjähriger Verspätung anhören und ihm die Anerkennung zugestehen, die ihm so lange versagt geblieben ist.

Wie innovativ Dub sein kann, lässt sich an dem Album „Kasbah Rockers with Bill Laswell“ (Barraka) (zu beziehen z. B. über Amazon oder iTunes) zeigen. Unter diesem Titel hat der in Basel lebenden Musikers Pat Jabbar mit einigen Artists seines Barraka-Labels ein Album veröffentlicht, das Trip Hop Beats, „Rai’n’B“, Dub und progressive Dance-Sounds mit traditionellen marokkanischen Einflüssen verbindet. Bill Laswell, der auf 11 Tracks Bass spielt, groovt hier zusammen mit Musikern und Sängern wie Youssef El Mejjad von Amira Saqati, Abdelaziz Lamari und Abdelkader Belkacem von Maghrebika oder Kadir & Erdem von der schweizerisch-türkischen Hip Hop-Crew Makale. Gesungen wird auf türkisch und arabisch über das Leben junger Muslime in der westlichen Welt – oder genau umgekehrt – die Konfrontation der islamischen Welt mit westlichen Einflüssen. Zwei Stücke des Albums, „Bledstyle“ und „Shta“, wurden übrigens von Ridley Scott für den Soundtrack seines neuen Films „Body Of Lies“ ausgewählt. Ausgewiesene Reggae-Beats sucht man bei den Kasbah Rockers zwar vergeblich, doch die Elemente des Dub sind allgegenwärtig. Vor allem Laswells schwer rollender Bass zieht eine direkte Verbindung zum Dub. Instrumentierung, Mix und Arrangement tun ihr übriges. Die Stimmung der Musik ist düster, psychedelisch und nicht zuletzt fremd und exotisch. Eine erlebnisreiche, akustische Exkursion in unbekanntes Gebiet.

Um wieder sicheres Terrain zurück zu gewinnen, hören wir jetzt mal in die neue EP der Abassi All Stars, „No Answer“ (Universal Egg/Import). Basis von drei der vier Tracks ist Mr. Perchs „No Answer“-Rhythm – ein ausgesprochen schneller Steppers-Beat mit den bekannten Synthie-Sounds. Doch Neil Perch versteht es trotz des nun wirklich mehr als abgenutzten Sounds, immer wieder gute Rhythms zusammen zu schrauben und – vielleicht sein größtes Verdienst – ordentliche Melodien zu entwickeln. So finden sich auf „No Answer“ mit Minoo, Omar Perry und Carlton Livingston gleich drei Vokalisten, von denen ein jeder einen richtig schönen Song beizusteuern weiß. Vor allem der Refrain des letzteren „I don‘t have the answers to all those questions“ hat eine heimtückische Ohrwurm-Qualität.

Bleiben wir kurz im Bereich des wohl bekannten: Alpha & Omega legen mit „Songs From The Holy Mountain“ (Alpha & Omega/Import) ein neues (neues?) Album vor. Ehrlich gesagt, habe ich bei den beiden Briten den Überblick verloren. A&O bleiben ihrem Stil seit den 1990er Jahren so konsequent treu, dass man nicht unterscheiden kann, ob man neues oder wohl bekanntes Material hört. Irgendwie klingt hier alles nach tiefstem Dschungel. Neu sind aber auf jeden Fall die Vocals, die von Paul Fox und Jonah Dan beigesteuert werden. Viel eingefallen ist den beiden aber kaum, so dass der zweite Teil des Albums mit den Dub-Versions, der eigentlich interessante ist. Obwohl ich wahrscheinlich alle A&O-Alben der letzten 15 Jahre besitze und sie auch schon viele Male gehört habe, verzückt mich der mystisch, düstere Sound jedes Mal von neuem. So erklärt sich, warum sich über die „Songs From The Holy Mountain“ nichts wirklich Gutes sagen lässt, ich das Album aber trotzdem von Herzen empfehle.

Auf dem in Berlin gewissenhaft gepflegten Wackies-Label ist mit „Black World Dub“ (Wackies/Indigo) ein neues altes Werk der Bullwackie‘s All Stars erschienen. Erstveröffentlicht im Jahre 1979, bietet es uns Dub-Versionen von Reworkings alter (Studio One-)Hits wie „Heptones Gonna Fight“, „Guiding Star“,„Skylarking“ oder „This World“. Zu verdanken haben wir diese Auswahl Leroy Sibbles, der die meisten Aufnahmen des Albums leitete und natürlich auch das Bassspiel beisteuerte. Der Sound ist typisch Wackies: warm, weich und ziemlich unscharf. So manche Tracks halten kleine Überraschungen bereit, wie etwa die atemberaubenden Percussions auf „Skylarking“ oder die eingestreuten Syndrums auf „Morning Star“, die seinerzeit das Aufsehen erregende Produkt modernster japanischer Technik waren.

Ein schönes Album für die Revival Selection hat Heartbeat Records soeben veröffentlicht: Dub Specialist, „Dub“ (Heartbeat/in-akustik). Hier finden sich Dub-Versions klassischer Studio One-Aufnahmen – was natürlich immer schön ist. Mit dabei sind diesmal u.a. „African Beat“, „Mojo Rocksteady“, „Swing Easy“, „Mean Girl“ und viele mehr. Schön schrammeliger Sound, wundervolle Basslines, tolle Melodien und das alles selbstverständlich remastert und schön verpackt. Was will man mehr?

Werfen wir abschließend noch einen kurzen Blick auf ein Album aus Jamaika: Penthouse All-Stars, „Dub Out Her Blouse & Skirt“ (VP/Groove Attack). „Dub aus Jamaika“ klingt zunächst gut, ist in diesem Fall aber wenig spektakulär. Zu hören gibt es auf diesem VP-Release nämlich lediglich Studio One-Reworkings, die Donovan Germain in den 1980er und 1990er Jahren für sein Penthouse-Label produziert hat. Digitales Material in einem Sound, der sich leider ziemlich überlebt hat und heute, ob seiner Simplizität, nicht mehr recht zu überzeugen weiß. Zu hören gibt es Steele & Clevie, Robbie Lyn, Dave Kelly, die Firehouse Crew und Steven „Lenky“ Marsden. An dem Album lässt sich übrigens unmittelbar nachvollziehen, warum mit dem Einzug der digitalen Musik in Jamaika der Dub seinen Abschied nahm.

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Sonstiges

Dubmix zur Dub Evolution, November 2008

Tracklist:

Fe Me Time Stars: „Wicked Have To Feel It“ aus dem Album „Dub I“ (Pressure Sounds/Groove Attack)
Bullwackie’s All Stars: „Skylarking“ aus dem Album „Black World Dub“ (Wackies/Indigo)
Dub Specialist: „Dubbing Lecturer“ aus dem Album „Dub“ (Heartbeat/in-akustik)
Dub Specialist: „Dub Me Girl“ aus dem Album „Dub“ (Heartbeat/in-akustik)
Dub Specialist: „Dub It Easy“ aus dem Album „Dub“ (Heartbeat/in-akustik)
Penthouse All-Stars: „Swinging Dub“ aus dem Album Dub Out Her Blouse & Skirt (VP/Groove Attack)
Kasbah Rockers: „Hellou Al Biban“ aus dem Album Kasbah Rockers (Barraka)
Kasbah Rockers: „Kafaka Mina Raks“ aus dem Album Kasbah Rockers (Barraka)
Abassi All Stars Feat. Carlton Livingston: „No Answer“ von der EP „No Answer“ (Universal Egg/Import)

Download mp3 (24 MB): dubmix_11_2008