Wenn ich Dublerone lese, assoziiere ich unweigerlich „die zarteste Versuchung, seit es »Dubolade« gibt“. Dass die Schweiz mehr zu bieten hat, als Tresore, Banken, Franken, Berge, Käse, Rösti, Uhren und Schweizer Offizierstaschenmesser – um nur einige Klischees zu nennen – wissen wir Dubheads spätestens seit Hazer Baba, Dubment und allen voran Dub Spencer & Trance Hill. Nun kommt aus der Schweizer Hauptstadt Bern eine weitere zarte Dub-Versuchung mit dem schönen Namen „Dublerone“. Ein Projekt, das uns laut Infotext „the finest handcrafted Swiss chocolate dub music“ präsentiert. Mit dieser Formulierung haben die beiden Berner Multiinstrumentalisten Voni Rollins (Sax, Keys, Dub FX, Mix & Editing) und David Boumi (Drums, Bass, Guitar, Keys, Compositions) die Messlatte schon ziemlich hoch gelegt. Bereits der Titel des Albums „Dub For Kailash“ (PhaPha Records) weckte mein Interesse und steigerte meine Erwartungen. Dieser Berg fasziniert mich schon mehr als die Hälfte meines Lebens. Der Kailash im Transhimalaya, zu Deutsch „kostbares Schneejuwel“, gilt als der heiligste Berg der Tibeter und Hindus. Auch Buddhisten und Bön verehren ihn gleichermaßen. Hier ist das Quellgebiet der vier größten Flüsse des indischen Subkontinents. Aus Respekt vor seiner religiösen Bedeutung ist der Berg bis heute nicht bestiegen worden. Obwohl Reinhold Messner 1985 die erste Besteigungsgenehmigung erteilt wurde, verzichtete er glücklicherweise aus Rücksicht auf die Durchführung.
Doch zurück zu diesem wunderbaren Album, das mit einer Gesamtspielzeit von 27 Minuten für meinen Geschmack leider etwas kurz ausgefallen ist. Ehrlich gesagt, hatte ich bis vor ein paar Tagen noch nie etwas von Dublerone gehört. Doch bereits der Titeltrack und Opener „Dub For Kailash“ bietet alles, was das Dub-Herz begehrt. Auf den Klang einer Gebetsglocke und Mönchsgesängen folgt ein fetter, rollender Bass, eine satte Bläsersektion, zarte Klänge einer sirrenden Tanpura, die dann in ein richtig fetziges Rockgitarrensolo münden. Überhaupt sind die Soundeffekte auf dem ganzen Album durchdacht und wirkungsvoll eingesetzt. Eine ganz andere Stimmung vermittelt der zweite Track des Albums, „Oblingada“. Hier klingt alles eher nach Bossa Nova und erinnert durch die mit Streichern unterlegte Bläsersektion an den soulig, funkigen Acid Jazz der späten 80er Jahre. Auch „Badman & Robadub“ besticht durch ein kräftiges Bass- und Schlagzeugfundament, auf dem sich die Gastmusiker Marco Wäspi an der Trompete und Maro Widmer an der Posaune so richtig austoben können, bevor sich ein paar jazzig angelegte Gitarrenläufe ihren Weg bahnen. „Just Bees and Dub and Flowers“ erinnert mit seinen sanften Gitarrenläufen an Wes Montgomery, bevor sich ein jazzig schräges Saxofon wellenförmig in den Vordergrund schiebt. Besonders positiv fällt mir bei „Dub For Kailash“ auf, dass sich die Tracks immer mehr in jazzige Gefilde begeben und die Blue Notes die Oberhand gewinnen. Wobei die üblichen Reggae- und Dub-Muster erhalten bleiben.
Alles in allem ein äußerst kurzweiliges Album, welches uns das Duo Dublerone mit seinen Mitstreitern hier präsentiert. Es würde mich nicht wundern, wenn David Boumi, Voni Rollins und die anderen beteiligten Musiker ebenfalls Absolventen der Musikhochschule Luzern wären. Egal, viel wichtiger ist doch, dass wir wie gewohnt ein sehr feines, hochwertiges Produkt aus der Schweiz geboten bekommen, das darüber hinaus als besonderes Schmankerl auch auf Vinyl erhältlich ist.