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Marcus I meets aDUBta: Cut A Wire Showcase

Nach 20 Jahren Vorarbeit wurde im April 2023 endlich das erste Album von „aDUBta & The Black Oak Roots Allstars: Sounds From The Attic“ fertiggestellt. Auch hier haben wieder zahlreiche illustre Gäste wie Earl 16, Var, Ranking Joe, Cedric Myton, YT, Brother Culture, Vin Gordon & Stepper sowie Umberto Echo ihr Können beigesteuert.
Alleine ein Blick auf die Website des Multiinstrumentalisten und Produzenten Andreas „aDUBta“ Bauer macht schnell deutlich, warum das Debütalbum erst jetzt erscheint. Dort findet sich eine beeindruckend lange Liste an Kollaborationen, in der sich Namen wie Headcornerstone oder die Grazer Roots Organisation wiederfinden. Auf den Punkt gebracht: aDUDta aus dem Süden Deutschlands ist ein Hansdampf in allen Gassen und tanzt auf vielen Hochzeiten.

Knapp ein halbes Jahr später, im Oktober 2023, wurde das Mini-Album „Marcus I meets aDUBta: Cut A Wire Showcase“ beim Straßburger Hornin‘ Sounds Label veröffentlicht. Die Riddims des Albums sind bereits im Vorfeld von aDUBta & The Black Oak Roots Allstars eingespielt worden. Im November 2022 kam der 1984 in Spanien geborene und seit 2020 in Südfrankreich lebende Marc „Marcus I“ Ibarz ins Attic Roots Studio nach Utting am Ammersee, um das Projekt mit aDUBta fertigzustellen. Mit dem Sing-Jay Marcus I und aDUBta haben sich zwei Musiker gefunden, die offensichtlich die Liebe zum Roots Reggae und dem analogen Sound der 70er Jahre verbindet. Marcus I ist längst kein unbeschriebenes Blatt mehr: Seit 2011 hat er an zahlreichen Produktionen mitgewirkt, von denen über 80 auf CD und/oder Vinyl erschienen sind. Auf dem vorliegenden Album finden sich (nur) vier schwergewichtige Roots Reggae Tracks im sogenannten Showcase-Format, auch Discomix genannt. Auf den Song folgt also direkt in einem Aufwasch der Dubmix. Eine schöne alte Tradition, die in den letzten Jahren wieder verstärkt an Bedeutung gewonnen hat.

Drei der vier Tracks sind länger als sieben Minuten und aDUBtas Erfahrung als Multiinstrumentalist und Produzent zahlt sich hörbar aus. Der satte Sound kann sich im Vergleich zu anderen namhaften und großen Studios durchaus hören lassen. Zudem klingt alles so wunderbar rund, dass keine Langeweile aufkommt. Der Einsatz von Live-Instrumenten ist organisch und unüberhörbar. Natürlich hat auch aDUBta mit diesen Showcase Tracks das Rad nicht neu erfunden, aber wozu auch, wenn ich einen schönen, soliden Dub zu hören bekomme? Die Hauptsache ist doch, dass diese perkussiven Riddims dynamisch, authentisch und glaubwürdig rüberkommen – und das tun sie voll und ganz. Was mich an „Cut A Wire Showcase“ am meisten begeistert, ist der Sound, der stellenweise an den typischen und legendären Black Ark-Sound eines Lee „Scratch“ Perry erinnert. Wenn man sich den Dub-Teil des Titeltracks „Cut A Wire“ ab 4:20 anhört, versteht man vielleicht am besten, was ich meine. Beim dritten Song „Perfect Collie“ erinnern mich die Backing-Vocals sehr an die Israel Vibrations.

Fazit: Um dem Ganzen den letzten Schliff zu geben, hat aDUBta die Mixe und Dubs komplett live & analog auf seinem TASCAM 388 Mischpult abgemischt. Das Album klingt klassisch und zeitgemäß zugleich – das gefällt mir.

Bewertung: 4 von 5.
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Andru Branch & Halfway Tree: Weather The Dub

Asche auf mein Haupt, manchmal gelingt es Musikern und Künstlern, jahrzehntelang unbemerkt unter meinem Reggae- und Dub-Radar zu segeln. Ein solches Phänomen ist der vielfach ausgezeichnete Andru Branch mit seiner insgesamt siebenköpfigen Band Halfway Tree.
Der kanadische Keyboarder, Sänger und Bandleader Andru Branch (*27. Juni 1968) ist das Mastermind der Reggae-Band Andru Branch & Halfway Tree, die bereits über 28 Jahre Bestand hat. Aufgewachsen ist er inmitten einer lebendigen Rastafari-Gemeinde in Toronto, wo er die feinen Nuancen des Reggae von einigen jamaikanischen Musikern lernte, die sich in der kanadischen Metropole niedergelassen hatten. Im Jahr 1995 gründete Andru Branch seine Band Halfway Tree, die er nach dem lebendigen Musikviertel in Kingston benannte, wo er zudem das große Glück hatte, mit einigen der berühmtesten jamaikanischen Musikern zu spielen und aufzunehmen. Obwohl die Band-Mitglieder im Laufe der Jahre wechselten, hat er immer versucht, seinen unverwechselbaren Band-Sound beizubehalten, der lt. Interview auf der Philosophie von Peter Tosh basiert: „Reggae ist spirituelle Musik mit spirituellen Zutaten für spirituelle Zwecke.“

Das erste Album, das schlussendlich auch meine Aufmerksamkeit erregte, war das mit Spannung erwartete dritte Dub-Album „Andru Branch & Halfway Tree: Weather The Dub“, das schon im Januar 2023 erschien und im Dubblog Release-Radar leider ohne Resonanz blieb. So blieb meine Rezension mangels Interesse zunächst in der Warteschleife.
Bereits 2021 veröffentlichten Andru Branch & Halfway Tree das dazugehörige Songalbum „Weather The Storm“, das während der COVID-19-Pandemie entstand und diese trostlose Zeit sowohl musikalisch als auch textlich reflektiert. Dabei gelingt es Andru Branch & Halfway Tree immer wieder, einen Hoffnungsschimmer durchscheinen zu lassen – die Botschaft der Liebe. Das von der Kritik hochgelobte Studioalbum wurde von dem amerikanischen Soundtüftler und Toningenieur Dartanyan ‚GreenLion‘ Winston aus Ohio einer kompletten Dub-Bearbeitung unterzogen. Produziert wurde diese Sammlung geradlinigen Roots-Reggaes mit üppigen Bläsersätzen und seidigen Gesangsfragmenten von Guillaume Bougard bei TABOU1.

Der erste Track des Albums, „We Are Dub“, baut sich langsam, eher schleppend auf, wobei die anfänglichen Klänge durch einen satten Bläsersatz erstklassig ergänzt werden. Der Track war bereits auf dem zweiten Dub-Album der Band „We Are Dub“ zu hören. „We Are Dub“ ist eine Sammlung von Dubs aus der damals 25-jährigen Karriere von Andru Branch & Halfway Tree. Mit von der Partie waren drei der besten jamaikanischen Reggae-Bassisten aller Zeiten: „Family Man“ Barrett, Chris Meredith und die Studio One-Legende Brian Atkinson, der ursprüngliche Bassist und Gründungsmitglied der weltberühmten Studio One Band „The Soul Vendors“. Diese Band aus Allstars entstand infolge der Auflösung der Skatalites im August 1965 und nannte sich nacheinander auch (Roland Alphonso &) The Soul Brothers (1965–67), The Soul Vendors (1967–68) oder Sound Dimension.
„Dancehall Dub“ ist eine schöne Version des vom Ska geküssten Songs „The Storm“, bei dem jedes Instrument nacheinander eine Führungsrolle übernimmt.
Der satte, vorwärtsdrängende Reggae-Beat von „Dub Times“ wird durch den Einsatz einer Djembe akzentuiert und gewinnt dadurch an Exotik.
Im darauf folgenden Stück „Dubtima“ vermitteln die Akkorde und Melodien einen Hauch von Orient.
Das düstere, fast schon dramatisch angelegte Stück, „The Dub Is Coming In“, ist eine Auseinandersetzung mit unseren innersten Dämonen, aber auch mit den Folgen des drohenden, vom Menschen verursachten Klimawandels.

Alle Tracks wurden von Dartanyan ‚GreenLion‘ Winston gekonnt dekonstruiert und mit einer Tonne Energie, Studio- und Mischpultmagie wieder zusammengesetzt. GreenLion zieht wieder alle Register und liefert ein wunderbar sprudelndes Klangbad aus Vocals, Echo, Hall und Delay. Alles in allem eine richtige Entdeckung eines sehr feinen, entspannten Albums mit satten Bläsersätzen und treibenden Gitarrenriffs, bei dem alles am richtigen Platz ist.

Bewertung: 4 von 5.
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I-Man Cruz: In A Mission (Showcase)

Ferrán Cocera Cruz alias I-Man Cruz, hat schon als Kind sehr gerne gesungen. Ende der 1990er Jahre sang er in einer Reggae-Band namens The Red Ones. Die Band coverte vor allem Studio One Klassiker. Als I-Man Cruz nach Santander umzog, begann er mit Roberto Sánchez zusammenzuarbeiten. Im Jahr 2009 nahm er im Studio A-Lone Ark Muzik seinen ersten Song „To The Light“ auf, der jedoch unveröffentlicht blieb. Fünf Jahre später gründete er eine neue Band mit dem Namen Rice & Peas. Mit den Rice & Peas entstand der Song „Everything’s Possible“, der jetzt in leicht abgewandelter Form auf dem Showcase-Album „I-Man Cruz: Man In A Mission“ (A-Lone Ark) zu hören ist. Zuvor wurden unter dem Namen Papa Cruz bereits zwei Songs veröffentlicht: „Crisis“ aus 2013 wurde mit Linval Thompson und „Nuff A Dem“ aus 2017 mit den Viceroys eingesungen. Mit Roberto Sánchez nahm er den gemeinsamen Song „We’re Going To Zion“ auf und veröffentlichte anschließend die Solo-Single „Tek A Look“, die ebenfalls auf diesem schönen Album zu hören ist.

Auch für I-Man Cruz liefert Roberto Sánchez knackige Roots-Reggae-Riddims mit exquisiten Old-Skool-Vibes, wie sie für viele seiner Produktionen typisch sind. Der Gesangsstil von I-Man Cruz, ist unüberhörbar von jamaikanischen Größen wie Dennis Brown und Delroy Wilson inspiriert. Mit insgesamt sechs Showcase-Tracks stellt das Album die stimmlichen und lyrischen Fähigkeiten des spanischen Roots-Reggae-Sängers meisterhaft unter Beweis. Jeder Dub fügt sich nahtlos an den Gesangspart und schafft so mühelos eine ansprechende akustische Reise, die sowohl Reggae- als auch Dub-Liebhaber gleichermaßen in ihren Bann ziehen wird. Das Album beginnt mit dem Titeltrack „In A Mission“, mit dem I-Man Cruz einen unglaublich eingängigen und einprägsamen Opener mit markanten Bläsersätzen und abwechslungsreicher Instrumentierung präsentiert. Das folgende „Inity“ ist die perfekte Fortsetzung und man freut sich regelrecht auf die Dub-Version. Sowohl musikalisch als auch textlich hält der Song mit Leichtigkeit den Spannungsbogen. Bei „Tek A Look“ harmonieren Cruz‘ Vocals perfekt mit den treibenden Riddims. Gefolgt von „Follow Unfollow“, das sich nach mehrmaligem Hören immer mehr in die Gehörgänge schraubt. Mehr oder weniger dasselbe lässt sich über „Joyful Song“ sagen, ein Stück, das das Potenzial hat, einem depressiven Menschen neuen Lebensmut zu geben.

Kurz: Ein weiteres Debütalbum aus dem A-Lone Ark Studio, das mit seinen sechs über sieben Minuten langen Showcase-Tracks einen guten Einstieg in die musikalische Schaffenswelt von I-Man Cruz bietet. Grundsolide klassische Riddims und Dubs – was will man mehr?

Bewertung: 3.5 von 5.
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Masamune: Mirage

Musikstile entwickeln sich, mäandern durch die musikalische Landschaft, nehmen musikalische und generell kulturelle Einflüsse auf, verändern die Richtung bei technischen Innovationen, schwellen zum Mainstream heran, werden zu schmalen Bächlein oder versiegen nicht selten sogar ganz. Dub hat sich seit seiner Erfindung in den späten 1960er Jahren stets verändert. Eine wichtige Neuausrichtung bewirkte der Sprung nach Europa und die Entwicklung des UK-Dub. Seither ist Dub zu einem internationalen Stil geworden und hat in seiner Vielfalt enorm zugelegt. Doch versuchte man einen generellen Trend auszumachen, so scheiterte das stets. Zu pluralistisch ist das Genre. Doch nun wage ich mal die These, dass der Fluss des Dub sich immer mehr dem Strom der elektronischen Musik nähert. Ja, ja, ich weiß, Moritz von Oswald and Mark Ernestus haben schon in den 1990er Jahren Dub und Techno verschmolzen, aber was damals eine Ausnahmeerscheinung war, scheint jetzt an Volumen und Frequenz zuzunehmen. Ich meine damit ausdrücklich nicht Dub Techno, was ja reiner Techno mit Dub-Effekten ist, sondern das Pendant auf der Reggae-Seite: Dub mit Techno-Appeal. Puristen werden das natürlich rundheraus ablehnen, ich glaube aber, dass hier ein interessantes Potential liegt. Der Franzose Masamune (der sich offensichtlich nach einem berühmten japanischen Schwertschmied des 13. Jahrhunderts benannt hat) lotet dieses mit seinem Album „Mirage“ (ODGPROD) vorsichtig aus. Dabei geht er geschickt vor, indem er mit Track 1 in bekannten Gefilden des elektronischen Dub startet und sich dann langsam in Richtung Techno bewegt, wo er schließlich bei Track 4 ankommt – nur um dann bei Track 5 die Kurve zu Drum & Bass zu nehmen. Das ist ziemlich schlüssig und macht zudem Spaß. Wer keine Angst hat, sollte diese kurze Einführung in Techno Dub und darüber hinaus durchaus mal anhören.

Bewertung: 4 von 5.
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Dub Syndicate: Fear of a Green Planet (2023)

1998 gründete Style Scott in Zusammenarbeit mit dem Berliner Vertrieb EFA sein eigenes Label Lion And Roots. Die ersten beiden Releases waren gleich zwei Dub Syndicate-Alben: „Mellow and Colly” und „Fear of a Green Planet“. Konzipiert als „Soundclash“ zwischen London und New York basierten sie auf den selben acht Riddims, die Scott wie üblich mit den Bassisten Flabba Holt und Bagga Walker in Kingston eingespielt hatte. „Mellow and Colly“ wurde in New York von Scientist gemixt. „Green Planet“, mit zwei zusätzlichen Riddims und zwei Versions etwas länger, war zu 360° eine On-U-Sound-Produktion, entthielt aber auch ein Souvenir aus New York: Bill Laswell fügte dort per Overdub eine Bassline ein. Ich bin bis heute nicht sicher, welche. In den USA erschien das Album mit alternativem Cover, das recht plump auf Public Enemy’s „Fear of a Black Planet“ verwies. Und damit etwas in die Irre führt, denn auf den ersten Höreindruck setzten DS auf „Green Planet“ den Kuschelkurs fort, den sie 1996 mit Ital Breakfast etabliert hatten, ihrem vorerst letzten Album auf On-U Sound. Dort trieben mittlerweile die japanischen Punk-Kids von Audio Active ihr Unwesen, und Style Scott hatte just zuvor mit Bill Laswell ein anbetungswürdiges atomar-apokalyptisches Album auf Word Sound eingespielt, das fast ohne Harmonik und Melodik auskam. Dagegen ging es auf „Green Planet“ ein bisschen zu wie im Hippie-Camp. Tablas, Violinen, schmachtende Melodien und Sprüche aus dem Rasta-Poesiealbum, die Riddims bis auf einen („Wake Up“) allesamt näher am Lovers Rock als an der Dancehall-Gegenwart, das erschienen mir in dieser Lebensphase alles etwas unterwältigend. Trotzdem bin ich immer wieder zu diesem Soundclash-Doppel-Album zurückgekehrt, habe die Versions einzeln oder als Album back to back gespielt und mich an den unterschiedlichen Mixansätzen erfreut. Während „Mellow & Colly“ sparsam und schlank ausgestattet war, lernte ich auch immer mehr die Gemütsruhe und Souveränität zu schätzen, die die Produktion von „Green Planet“ bestimmen. Das neu gemasterte Re-Release von „Fear of a Green Planet“ (Echo Beach) zum 25jährigen Jubiläum lässt diese Stärken, wenn überhaupt, noch deutlicher hervortreten. Die Produktion ist, wie die Engländer sagen würden, „lush“, das heißt im landschaftlichen Sinne im vollen Saft. Alles fließt, tropft, blüht auf und bestäubt einander in dieser pastoralen Idylle, in der es keinen Überlebenskampf zu geben scheint, nur Harmonie. Garten Eden statt Dschungel. Die Känge clashen nicht, sie umschwingen einander respektvoll in einem ozeanischen Offbeat-Strom, ohne je die Grenzen zum Kitsch wegzuspülen. Auch wenn da jeder seine eigenen Grenzen ziehen mag. Spiritueller Höhepunkt ist das tatsächlich wortlose „Not a Word“ mit seiner Gänsehaut-Violine, danach wird das Tempo mit einem Steppers- („Dubbing Is a Must“) und einem Dancehall-Riddim („Wake Up“) geringfügig angezogen. Ab hier wird es nur noch deeper und minimalistischer: „Hey Geoff“ erinnert mit seinen Stimm-Samples an die Kollegen von Tackhead und Little Axe, und in seiner extremen Luftigkeit an „Stoned Immaculate“. Die Versions von „Higher and Higher“ und vor allem „Emmanuel“ beeindrucken durch mixtechnische Reduktion. Diese fantastische Schlusstrecke wird auf dem Re-Issue noch ergänzt durch drei Extended Loop Mixes, die das Vergnügen noch ein bisschen in die Breite ziehen. Hier wurden offenbar Passagen vom Master geloopt und noch mal mehr oder weniger kreativ gedubbt, es passiert also nicht viel neues, nur noch ein bisschen mehr. Viertes und aussagekräftigstes Supplement ist ein Remix von „Dubvionist“ Felix Wolter. Basierend auf „Greater David“ fällt es mit viel Tapesättigung ein bisschen aus dem Soundbild, bildet aber einen würdigen Abschluss. Diese vier neuen Versions ändern aber nichts am Impuls, gleich danach „Mellow and Colly“ aufzulegen. Denn durch die schlanken Scientist-Mixe, die mit weniger Overdubs auskommen und im Discomix-Verfahren auch den Vocals (u.a. Junior Reid und Big Youth) mehr Platz einräumten, wird die komplette Soundclash-Experience so richtig dreidimensional. Das wissen sie auch bei Echo Beach. Das Re-Issue soll im neuen Jahr kommen.

Bewertung: 4 von 5.
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Protoje & Zion I Kings: In Search of Zion

Review René

Es ist ja schon etwas befremdlich, dass ein jamaikanischer Artist sich an Musiker außerhalb Jamaikas wenden muss, wenn er Roots Reggae-Rhythms haben möchte. Aber okay, Jamaica is moving forward – während wir hier im „Westen“ konservativ am Erbe der 1970er Jahre festhalten. Da wir hier aber immer noch einige Kaufkraft besitzen (mal sehen, wie lange das noch gilt), ist Protoje auf die Idee verfallen, sein Album „In Seach of Lost Time“ von 2020 für unseren Hörgeschmack „remixen“ zu lassen und als „In Search of Zion“ (RCA Records) heraus zu bringen. Remix bedeutet hier, dass die drei Zion I Kings-Produzenten eigentlich ein gänzlich neues Roots-Instrumentalalbum komponiert und aufgenommen haben – das allerdings lediglich als Backing für die Voclas von Protojes vorhandenem Album „In Seach of Lost Time“ dient. Das ist wirklich ein verrücktes Konzept: Einfach mal die Musik austauschen, um das Album besser an europäische und nordamerikanische Zielgruppen verkaufen zu können. Tja, ist halt Business. Allerdings waren die Zion I Kings stolz genug, um auf ein Doppelalbum mit Dub-Versions ihrer Produktionen zu bestehen. Und die hören wir uns jetzt mal an. Was direkt auffällt: Das Spektrum reicht stilistisch vom Lovers-Rock-Backings bis zu (verhaltenem) Roots-Steppers. Die Lovers-Rhythms streiche ich jetzt mal wohlwollend, denn mit Schlager kann ich absolut nichts anfangen, egal in welchem musikalischem Gewand er daher kommt. Die Backings von Schlager sind nicht weit von Fahrstuhlmusik entfernt – eine Ausgeburt an Langeweile. Was bleibt sind die Roots-Dubs auf dem Album. Doch die sind, gemessen am State of the Art-Dub der Gegenwart, unfassbar blass und unscheinbar geraten. Wo bleibt die Power von Roots? Wo die Dynamik, wo das rebellische Statement? Wie kann ein Roots-Album eines großen Artists so seicht, unoriginell und mutlos daher kommen? Gleiches gilt für den Dubmix: Absolut generisch. „In Search of Zion“ ist leider eine riesige vertane Chance, modernen Dub einer breiten Zielgruppe von Protoje-Fans schmackhaft zu machen.

Bewertung: 3 von 5.

Review gtk

Zugegeben, Protoje ist mir – vor allem in den letzten Jahren – eher durch beiläufiges Weghören bekannt: Ich steh‘ nicht auf HipHop, ich steh‘ nicht auf Sprechgesang. Vielleicht mag man das in diesem Fall als Conscious HipHop, Progressive Rap, Sing-Sang oder wie-auch-immer benennen; jedenfalls lassen Musik und Text meine Hörnerven ziemlich unbeeindruckt zurück – und das obwohl ich mich, wenn auch nicht mit der üblichen Intensivität, mit Protojes Alben durchaus beschäftigt habe: Schlussendlich hat jeder Kunstschaffende eine Chance verdient.

Der Fairness halber sei bemerkt, dass man im Oeuvre Protojes – oder sollte man besser sagen: im Oeuvre seiner Produzenten – durchaus gelungene Hooklines entdecken kann. Die konnte man schon in den ersten (international erschienenen) Alben finden – Produzent Don Corleon sei Dank, der Protoje quasi das damals noch Reggae/Conscious Dancehall/R&B-lastige Material bis hin zu den Lyrics auf den Leib geschrieben hat. Mit den darauf folgenden Alben & Singles konnte sich Protoje mit eigenem Label & Management und vor allem der Unterstützung von Produzent/Keyboarder Phillip James als feste Größe in seinem ReggaeHipHopR&B-Hybridgenre etablieren. Live ein wenig mehr Roots, im Studio etwas mehr R&B – jedem das seine. Da war’s nur mehr eine Frage der Zeit, bis sich ein Major-Label mit Protoje schwarze Zahlen ausgerechnet und ihn vertraglich vereinnahmt hat. Sony Music bzw. dessen Sub-Label RCA Records lenkt seit 2020 mehr oder weniger die Geschicke Protojes, obwohl der sich von dem Deal „a certain level of creative control“ (=> Wikipedia) erwartet. Man möchte ihm das wünschen, wiewohl man weiß, das Majors nicht gerade zimperlich im Umgang sind, wenn ihr finanzieller Input nicht die erwarteten Früchte trägt.

Zwei durchaus erfolgreiche Alben auf RCA Records später, sehen wir uns dieser Tage mit einer Überraschung konfrontiert: Da hat doch glatt jemand die (Vocal-)Bänder des 2021er-Releases „In Search of Lost Time“ den Zion I Kings-Team überreicht – um nichts weniger als drum herum das Roots-orientierte Reggae-Album „In Search of Zion“ (RCA Records) zu basteln (RCA nennt’s gar ein „Remix-Album“). Wessen Idee das war, sei dahingestellt; es mag Protoje selbst sein um in der Reggae-Community wieder etwas Credibility zu erlangen; es mag Sony/RCA Records sein, dass in seinem Roster auch das Sunshine-Reggae-Segment abgedeckt wissen will. Dass es gerade Zion die I Kings getroffen hat, mag deren guten Ruf oder aber auch einer ersten Zusammenarbeit auf Protojes letztem regulären Release „Third Time’s the Charm“ zu verdanken sein.

Nun wissen wir bereits, was wir von den Zion I Kings erwarten können: Einwandfreies Handwerk, gediegene Arrangements und feinster Sound, umgesetzt in klassisch anmutenden Roots-Tunes. Da kann man wirklich nicht meckern, das ist ein solides Backing das jedem Sänger Raum gibt, sein Ding umzusetzen. Das funktioniert sogar, wie in vorliegendem Fall, wenn der Sänger gar nicht neu einsingt. Wunderbar und maximal erhellend: Das Original und die Reggae-Version back-to-back hören, zwei Welten vergleichend. So ein Rap geht doch nicht auf Roots… doch, das geht. Und es hört sich gut an!

Als unerwartete Draufgabe liefern uns Protoje/RCA Records/Zion I Kings auch noch die Dub-Tracks dieser vor zwei Jahren eingespielten Reggae-Versionen. Auch das können die Zion I Kings, wie sie mit den Dub-Alben unter eigenem Namen bewiesen haben – insbesondere mit dem Vol. 1 ihrer Dub-Series, mit dem sie Style Scott einen exzellenten Tribut zollen. Nun wissen wir – und haben es hier auch schon besprochen -, dass man von den Mannen rund um Laurent Alfred keine Wahnsinns-Innovationen erwarten darf – entsprechend gediegen wummern die Dubs bass-lastig aus den Boxen; entsprechend punktgenau und niemals übersteuernd werden die Effekte eingesetzt. Nichts Neues unter der Virgin Islands-Sonne – „nur“ die übliche Verlässlichkeit mit Qualität.

Bewertung: 4 von 5.
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Subdub: Digital Africa

Subdub ist ein bekanntes Venue in Leeds (UK), das sich seit 1998 Dub, Roots, Dancehall, Jungle, D&B und Dubstep verschrieben hat. Wie wunderschön wäre es, so einen Club in meiner Stadt zu haben! Statt dessen gibt es hier Clubs, die mir jeden Samstag die Wahl lassen zwischen Techno, Hardcore Techno und Tech House. Mainstream statt Dub zu mögen, würde mein Leben definitiv angenehmer machen. Aber irgendwie hat Mutter Natur mir das Dub-Gen spendiert und mich dann auf eine einsame Insel ausgesetzt, wo Dub nur als Konserve verfügbar ist. Genau in dieser Hinsicht wollten die Macher:innen von Sub Dub mir und unzähligen Leidensgenoss:Innen überall auf der Welt etwas Linderung verschaffen und planten 2001 die Veröffentlichung eines Subdub-Compilation-Albums mit dem Titel „Digital Africa“. Doch als die „Digital Africa“-Testpressungen endlich eintrafen, wurde das Projekt auf Eis gelegt. Warum? Tja, liebe Vinyl-Freunde, ihr seid schuld, denn Vinyl zu pressen und zu distribuieren war damals noch so teuer, dass Subdub nicht das nötige Geld dafür aufbringen konnte. Also verschwand die Kompilation erst mal im Regal – bis 22 Jahre später das Dubquake-Team von Frankreich nach Leeds pilgert und dort die Testpressungen entdeckte: Unveröffentlichte und exklusive Titel von Iration Steppas, Jah Warrior, Vibronics, The Disciples, Tena Stelin, Nucleus Roots, The Bush Chemists und Freedom Masses. 12 UK-Dubs aus den 90ern, hartes, kompromissloses Sound System-Zeugs, kuratiert von Simon Scott und Mark Iration. Da die finanzielle Lage von Dubquake auskömmlich ist (und eine digitale Veröffentlichung heute zudem nahezu kostenlos zu haben ist), stand der Entschluss fest, „Digital Africa“ (Dubquake) pünktlich zur Feier des 25. Geburtstags von Subdub zu veröffentlichen (natürlich auch auf Vinyl ;-). „Und“ – stellt sich nun die Frage – „hat die Musik den Test of Time bestanden?“ Ich muss gestehen: Verdammt, ja, hat sie. Warum „verdammt“? Weil es doch einige Fragen aufwirft, wenn die vor einem Vierteljahrhundert entstandene Musik, heute nicht historisch, sondern immer noch up to date klingt – und das in einem Genre, das von sich behauptet, progressiv zu sein. Okay, Sound System-Mucke repräsentiert nicht gerade die Avantgarde des Dubs, aber die beträchtliche historische Distanz sollte schon deutlicher hörbarer sein, als das bei „Digital Africa“ der Fall ist. War die Kompilation ihrer Zeit weit voraus, oder könnte es sein, dass sich der UK-Dub nicht wirklich weiter entwickelt hat und in den frühen zweitausender Jahren stecken geblieben ist? Ganz so hypothetisch ist die letzte These nicht, denn der Dub im UK wird ja heute noch von den Akteuren jener Zeit geprägt. Aber zum Glück gibt es ja viele Dub-Musiker:innen, die zwar auf den Schultern des UK-Dub stehen, ihn aber stilistisch überwunden haben und neue Wege gehen. Nur auf Sound Systems lebt er noch, der gute, alte UK-Dub-Sound – und dort ist er unübertroffen. Gutes bleibt!

Bewertung: 4 von 5.
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Dub Foundation: The Good The Bad & The Dubby

Als ich vor ein paar Tagen meine Rezension des neuen Chuck Foster Albums „Dub Journey“ verfasste, schrieb ich folgenden Satz: „Mit dem Gitarrensound von „Riding In The Wind“ sind wir bei der Westernfilmmusik angelangt, mit der auch ein Lee „Scratch“ Perry gerne experimentierte“. Passend dazu kam mir das vor fünf Jahren erschienene Album „Dub Foundation: The Good The Bad & The Dubby“ in den Sinn. Das Album ist eine Hommage an den römischen Komponisten, Dirigenten und Oscarpreisträger Ennio Morricone, der im Juli 2020 verstorben ist.
Morricone hat die Musik für mehr als 500 Filme komponiert. Da er die Musik für zahlreiche Italowestern schrieb, wird sein Name vor allem mit diesem Filmgenre in Verbindung gebracht. Besonders bekannt ist seine Filmmusik zum Italowestern-Epos „Spiel mir das Lied vom Tod“. Für sein Lebenswerk wurde Morricone 2007 mit dem Oscar ausgezeichnet.

Captain Smooth & Dub Foundation sind eine Gruppe von Künstlern/Musikern aus Madison, Wisconsin. Vor sechs Jahren hatten sie die Idee, klassische Spaghetti Western Melodien von Ennio Morricone im Reggae-Gewand einzuspielen und in ein Dub/Reggae-Album zu verwandeln. Als sie anfingen, die Tracks aufzunehmen, wussten sie, dass es episch werden würde, und dass es zu dem Projekt zusätzlich einen Film brauchte. Also machten sie sich mit einer hochwertigen Filmausrüstung auf den Weg nach West Montana und drehten ihren eigenen Spaghetti Western Kurzfilm.

Captain Smooth, der Multiinstrumentalist, Komponist und Musikproduzent aus Madison, produziert Musik für viele Genres. Von Klassik über Funk/Reggae und Popmusik bis hin zu Hip-Hop ist alles vertreten. Für viele lokale Bands wie Dub Foundation, Captain Smooth, Space Jam Frontier, Red Rose, Two Tiny Dads und The Brothers Randall ist er der Spiritus Rector. Gerade mit den Randall-Brüdern, Dave, Michael & Kelton hat er den Grundstein für dieses Album gelegt.
Captain Smooth sagt, dass alle Künstler, die an diesem Projekt mitgearbeitet haben, sowohl Reggae & Dub als auch das Spaghetti Western Genre lieben. Sie wollten zwei Ihrer Vorlieben teilen, die noch nicht so sehr »Mainstream« sind. „Die meisten der jüngeren Generation wissen nicht, was ein Spaghetti Western ist“, sagt Captain Smooth, „und das wollten wir auch musikalisch ändern.“ Mit den dreizehn Tracks auf dem Album haben sie unvergessene Filmmusik-Klassiker wie „For a few Dollars more“, „Fistful of Dollars“ und „The Good The Bad and The Ugly“ ausgegraben und wieder aktuell gemacht. Schlichtweg Kultmusik, die jüngere Generationen vielleicht verpasst haben, wird mit diesem Projekt einem jüngeren, breiteren Publikum vorgestellt. Wahrscheinlich erkennen die meisten sogar die unsterblichen, klassischen Western-Melodien, können die Kompositionen aber nicht mit dem Namen Ennio Morricone in Verbindung bringen. Das haben Captain Smooth & Dub Foundation mit diesem Album grundlegend geändert.

Habe ich schon erwähnt, dass mir das Wiederhören dieser Melodien richtig Spaß gemacht hat? Logo, sonst hätte ich das hier gar nicht erst geschrieben.

Bewertung: 3.5 von 5.
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Danakil: Dialogue de Dub

Heiß, heißer, Danakil. Die Danakil-Senke in Äthiopien ist mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 35,6 Grad Celsius der heißeste Ort der Erde, vereinzelt wurden schon Temperaturen von bis zu 60 Grad Celsius gemessen. Seit 30 Millionen Jahren driften hier zwei Erdplatten auseinander. Durch diese tektonischen Bewegungen wird gleichzeitig die Erdkruste immer dünner und sinkt ab, was zur Folge hat, dass die Oberflächentemperatur stetig steigt – weswegen das 10.000 Quadratkilometer große Areal den Beinamen „unwirtlichster Ort auf unserem Erdball“ trägt.

Jetzt wissen wir auch, woher die französische Reggae-Band Danakil aus Marly-le-Roi bei Paris ihren Namen hat. Gegründet wurde die Band im Jahr 2000 auf der Schulbank des Gymnasiums „Louis de Broglie“ in Marly-le-Roi (Yvelines), wo damals eine Gruppe befreundeter Musiker zur Schule ging. Ihre Musik bewegte sich von Anfang an zwischen Reggae und Weltmusik. Im Jahr 2011 gründete die Gruppe das unabhängige Label Baco Records, heute Baco Music.

Vor zehn Jahren reiste die Band zum ersten Mal für Aufnahmen nach Bamako (Mali) und traf dort den malisch-französischen Künstler Manjul in seinem Studio. Manjul ist bekannt für seine eigenen Werke wie „Dub to Mali“ (siehe Rezensionen) sowie für zahlreiche Kollaborationen mit anderen internationalen Bands und Künstlern (Sugar Minott, The Skatalites, Cedric Myton, Clinton Fearon, Amadou et Mariam, Tiken Jah Fakol, etc.).
Die Begegnung von Danakil mit dem Multi-Instrumentalisten und Tontechniker Manjul führte wie fast selbstverständlich zum Beginn gemeinsamer Projekte. Seitdem hat (der Bretone) Julien Souletie alias Manjul an allen Folgealben der Gruppe mitgewirkt. Er mischte auch die Vorgänger-Dub-Alben „Echos du Dub“ (2012) und „Entre Les Lignes Dub“ (2014). Hier beginnt auch die künstlerische Zusammenarbeit zwischen dem Toningenieur Damien „Bobby“ Coutrot und Manjul, zwei leidenschaftlichen Reggae- und Dub-Musikern, die seit nunmehr zehn Jahren mit Danakil im Studio und auf der Bühne zusammenarbeiten.

Nun präsentieren uns Bobby und Manjul mit „Dialogue de Dub“ (Baco Music) ein, wie ich finde, wunderbares Dub-Remake des Danakil Klassikers und Erfolgsalbums aus dem Jahr 2008. Schon damals saß Bobby federführend am Mischpult. Die vorliegenden acht Dub-Versionen des Danakil-Vorzeigealbums haben die beiden Protagonisten ganz in der Tradition des Dub »vierhändig« abgemischt. Ehrlich gesagt haben mich die Electro-Dub-Ausflüge von Danakil nie erreicht. Mit „Vieillards Dub“ und „Marley Dub“, um nur zwei Tracks des aktuellen Albums exemplarisch zu nennen, haben sie es endlich geschafft. Die beiden Toningenieure der Band, Damien „Bobby“ Coutrot und der Franko-Malier Manjul, haben das Album gemeinsam produziert und ihr ganzes Talent am Mischpult unter Beweis gestellt, um ein kleines Juwel zu schaffen, das es zu entdecken gilt. Warum von den ursprünglich elf Tracks nur acht einer Dub-Behandlung unterzogen wurden, bleibt ein Mysterium.

Alles in allem muss ich sagen, dass ich von Danakil im wahrsten Sinne des Wortes geflasht wurde, da ich niemals mit einem solch traditionellen Sound gerechnet hätte. „Dialogue de Dub“ ist wirklich ein sehr feines Album geworden.

Bewertung: 4 von 5.
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Chuck Foster: Dub Journey

Der amerikanische Reggae-Pionier Chuck Foster ist eine wichtige Persönlichkeit in der amerikanischen Musikszene. Als langjähriger Moderator der Sendung Reggae Central beim kalifornischen Radiosender KPFK hat er wesentlich dazu beigetragen, das Reggae-Feeling in der Bay Area zu verbreiten. Darüber hinaus ist er als erfolgreicher Musiker und Autor bekannt.

Sein neuestes und achtes Album „Dub Journey“ (Catch Me Time Records) ist die Dub-Version seines letztjährigen Song-Albums „Long Journey“. „Dub Journey“ ist ein Foster typisches Dub-Reggae-Album, das von erfahrenen Session-Musikern begleitet und aufgenommen wurde. Was mich an Chuck Fosters Alben ganz besonders begeistert, ist, dass seine Musik immer authentisch klingt und „live“ eingespielt wird. Auch in seiner aktuellen Band spielen wieder gestandene Musiker: So ist zum Beispiel Tony Chin, der Gitarrist von Soul Syndicate, erneut mit von der Partie. Ein weiteres Bandmitglied, John Morran, setzt mit seiner Violine und Mundharmonika interessante Akzente, was sich besonders schön und eindringlich im Stück „Ghost Story“ zeigt. Wie üblich wurden die Tracks im Rough Sounds Studio in Redondo Beach von Chuck und Mike Irwin gemischt, wobei Irwin auch für Bass und Melodica verantwortlich zeichnet. Gelegentlich ist Chucks Gesang fragmentarisch in den Tracks zu hören. Die Dubs sind solide in den ansprechenden Mix eingebettet, wobei die Herren nicht mit Soundeffekten geizen. Es gibt reichlich Echo und Hall. Aber wie schon auf den Vorgängeralben wird auch bei „Dub Journey“ auf übertriebene Effekte und Schnörkel verzichtet. Vielmehr fängt das Album erneut perfekt die Atmosphäre der prä-digitalen Reggae-Ära ein. Ein typisches Element aller Chuck Foster-Produktionen ist der häufige Einsatz schöner Gitarrensoli, was im Reggae nicht immer jedermanns Sache ist, aber sehr gut verdeutlicht, dass Chuck Foster aus der Westcoast-Rock- und Blues-Ecke kommt. Ein weiteres Beispiel dafür ist der „Shady Lady Dub“, der an das Shady Lady Motiv in vielen Westcoast-Songs der späten 60er Jahre erinnert. Mit dem Gitarrensound von „Riding In The Wind“ sind wir bei der Westernfilmmusik angelangt, mit der auch gerne ein Lee „Scratch“ Perry experimentierte. Der unverwechselbare, signifikante Gitarrensound taucht immer wieder auf und wurde zusammen mit dem Retro-Orgelsound zum Markenzeichen von Chuck Foster in fast allen seinen Kompositionen. Der Schlussakkord des Albums, „Way Out Dub“, besticht durch seinen Pablo-esken Sound und verleiht der gesamten musikalischen Reise eine Atmosphäre von Ruhe und Tiefe. Das Stück ist ein wunderbarer und gelungener Abschluss des Albums.

Bewertung: 4 von 5.