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Dubment: Dubment & Showcase Dub Fugues

Es gibt sehr wenige Bands, die es sich leisten können, ein Album zu veröffentlichen, auf dessen Cover weder Band noch Albumtitel stehen. Spontan fallen mir nur Pink Floyd ein: auf den Original-LPs „Atom Heart Mother“, „Meddle“, „Dark Side Of The Moon“, „The Wall“ finden sich null Hinweise, um welche Band es sich handelt.

Die Schweizer Band Dubment leistet sich diesen Luxus bereits auf ihrem gleichnamigen Debütalbum „Dubment“ (Echo Beach). Auf dem Cover springt uns lediglich ein Popcorn – meine ich zu sehen – entgegen. Dubment sind ein sehr kreatives, experimentelles Trio aus Zug (Innerschweiz). Vor circa zwei Jahren war das Trio auch für ein paar Gigs mit DUB SPENCER & TRANCE HILL auf Tour in Deutschland (Danke für den Tipp, Masi!). Es ist wirklich sehr spannend, was uns da von den drei Jungs: Dominik Zäch (git), Balz Muheim (dr), Linus Meier (bg) geboten wird. Auch wenn kleinere Querverweise an das Dub Trio, die Revolutionary Dub Warriors oder natürlich auch DUB SPENCER & TRANCE HILL auszumachen sind, haben es Dubment geschafft, sich ihren ganz eigenen Dub-Kosmos zu erschaffen. Bei Dub geht es doch generell darum, Raum zu schaffen, während es beim Rock zu einem gewissen Grad darum geht, ihn zu füllen. Diesen Balanceakt meistern Dubment virtuos mit eleganter Leichtigkeit. Der Sound der (nur) fünf Songs wechselt hier zwischen etwas härteren Rockpassagen, jazzigen Gitarrenläufen und super relaxten Dub-Passagen. Die experimentierfreudige Dub-Band hat sich an der Jazz-Hochschule Luzern gefunden. Den jungen, talentierten Musikern war beim Jammen ziemlich schnell klar geworden, dass ihre gemeinsame Passion für jamaikanische/karibische Musik in Kombination mit der Grenzenlosigkeit des Jazz der ideale Nährboden für ihren in alle Richtungen ausufernden Dub ist. Auch wenn auf dem Album nur Bass, Drums und Gitarre zu hören sind, hat man trotzdem keine Sekunde das Gefühl, dass dem komplexen Sound irgendetwas fehlt. An den Contols saß Etienne Schorro, der den schönen Mix des bandeigenen Tontechnikers und Produzenten Joschka Weiss masterte. Sämtliche Titel wurden live im Studio eingespielt. Dubment werfen im Grunde alle klassischen Reggaeprinzipien über Bord. Trotzdem schafft es das Trio, mit spannenden Arrangements, spacigen Dub-Effekten, schönen Grooves und geschickt gesetzten Spannungsbögen, neue Dub-Sphären zu erschließen. (Soweit meine Rezension vom 26.04.2020).
Am 05.06. veröffentlichte nun Echo Beach eine Extended Version des Originals. Nikolai Beverungen, der „Chief“ bei Echo Beach, hat die Aufnahmen in die Hände von Dubvisionist gegeben, der die Originale nochmals überarbeitete. Herausgekommen sind ein paar zusätzliche, kurze „Dub-Fugen“, die es meines Erachtens nicht zwingend gebraucht hätte, um das Opus noch attraktiver zu machen. Soll heißen: Die zusätzlichen Dubs sind solide, aber kein Dub-Feuerwerk. Bei diesem hervorragenden Ausgangsmaterial hätte ich doch etwas mehr erwartet.
Übrigens, live sollen Dubment, wie Hazer Baba auch, ein beeindruckendes Konzerterlebnis sein. Dass die Tracks des Albums live genauso klingen werden wie hier, ist fraglich, denn das Motto des Trios ist und bleibt: Transformation und Improvisation.

Bewertung: 4.5 von 5.

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Super Hi-Fi: Dub To The Bone

Kennt jemand von euch Brooklyns „Underground Supergroup“ und Publikumsmagnet namens Super Hi-Fi, die auch schon mit den Skatelites on Tour waren? Gegründet wurde die Band 2010 vom Bassisten und Sänger Ezra Gale. Das vorliegende Debut „Dub To The Bone“ (Electric Cowbell Records) ist bereits 2012 entstanden und ist bis heute ein äußerst kurioses Sound-Gemisch. Super Hi-Fi’s jamaikanisch beeinflusster Dub, mit zwei Posaunen, Gitarre, Bass und Drums ist ein ganz spezieller Sound und sucht immer noch seinesgleichen. Die Band sagt selbst über ihre Musik: „We in Super Hi-Fi are committed to going the extra mile to make art that stands out and lasts.“ Deshalb veröffentlichen sie ihre Musik (auch) auf Schallplatten. Obwohl das wesentlich teurer ist, bleibt das Quintett bei seiner Arbeitsweise, auch weil Schallplatten besser und nach Meinung der Band wesentlich wärmer klingen. Zusätzlich machen LPs bedeutend mehr her – von der Haltbarkeit einmal ganz abgesehen. Im Aufnahmestudio wird sehr lange experimentiert bis der Sound 100%ig stimmt. Kompromisse möchten Super Hi-Fi keine machen, die Band ist erst mit dem optimalen Ergebnis zufrieden. Alles wird analog auf Tonband mitgeschnitten, denn auch bei dieser Methode sind die Musiker vom besseren Klang der Aufnahmen überzeugt. Ja und….., welche Musike erwartet mir jetze? Schwieriges Unterfangen: Jazzige bis weiche Posaunenklänge, rockig krachende bis gezupfte Gitarren, fette Bass-Lines, satte Drums und über allem schwebt der Geist von King Tubby und Lee „Scratch“ Perry. Ach ja, Victor Rice und das Subatomic Sound System haben auch noch mitgemischt. Alles klar?

Bewertung: 4.5 von 5.
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Satori vs. Dr. Echo: Dub Defender Sessions

Satori, ein japanisch-buddhistischer Begriff für Erkenntnis, Erwachen und Verstehen, leitet sich vom japanischen Verb satoru ab. Das Hauptmotiv des Zen-Buddhismus ist die Erkenntnis vom universellen Wesen des Daseins. Es kann nur durch persönliche Erfahrung verstanden werden.
Aha, das ist also der eine Weg. Wir nähern uns dieser Erkenntnis dann doch eher auf der musikalischen Schiene, denn vor ein paar Tagen ist nun Satori vs. Dr. Echo:Dub Defender Sessions“ (Anicca Records) erschienen. Satori ist das Alter Ego von Steven Jess Borth II und Dr. Echo von Justin De Hart. Die zwei aus Sacramento stammenden Kalifornier Borth und De Hart kennen sich schon etliche Jahre und arbeiten auch schon sehr lange zusammen. Zurzeit lebt Satori in Dänemark und gehört als Saxofonist ins direkte Umfeld des Guiding Star Orchestras oder arbeitet bei einigen Projekten mit dem Jazz-Duo Bremer & McCoy zusammen, während der Toningenieur Dr. Echo in der Zwischenzeit seine Zelte in Neuseeland aufgeschlagen hat. Trotz der räumlichen Distanz ist es den beiden Protagonisten endlich gelungen, die Früchte ihrer Zusammenarbeit aus den Jahren zwischen 2007 und 2009 in Form der „Dub Defender Sessions“ zu veröffentlichen. Die Sammlung enthält Aufnahmen, die bisher nie das Licht der Welt erblickten. Etwa die Hälfte der Tracks hat Gesang und verbreitet – trotz der süßlichen an Ali Campbell (UB40) erinnernden Stimme – eine etwas düstere Stimmung. Trotzdem interagiert die dubbige Musik vorzüglich mit den Texten. Der Rest des Albums sind sehr schöne, chillig-dubbige Instrumentals. Eigentlich bekommen wir hier nichts Spektakuläres geboten, aber die hohe Qualität des Albums liegt in den Dubs, die Dr. Echo und Satori gemeinsam produziert haben. Dr. Echo bringt seine jahrzehntelange Mixing-Erfahrung zum Einsatz und schöpft aus den Möglichkeiten der Technik. Dabei überfrachtet er die Dubs nicht mit einer Flut an Effekten, sondern schafft in seinen Dubs Raum für Ruhe und ambiente Klänge. „Dub to Nowhere“ ist meines Erachtens ein hervorragendes Beispiel dafür. Ein weiteres Highlight und zugleich der Schlusspunkt des Albums setzt mit seinem Rasta-Drumming und seiner relaxten Atmosphäre „Dub Decision“.

Fazit: Wenn man dem Album Zeit gibt, begeistert es durch seinen gefühlvoll gespielten Roots-Reggae, butterweichen Keyboard- und Saxofon-Passagen und seine teilweise im Ambient verwurzelten Dubs. Ein sehr schönes, unaufdringliches Werk, das zu Unrecht viele Jahre in irgendwelchen Regalen verstaubte.

Bewertung: 4 von 5.

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LD Dub: Mystic Roots

Das Svaha Sound Label mit Sitz in London hat bereits 2014 das erste und bisher einzige Album von LD Dub: „Mystic Roots“ (svahasound.com) veröffentlicht. Viel Information über LD Dub konnte mir keine der Suchmaschinen liefern. Alles, was ich in Erfahrung bringen konnte, ist, dass LD Dub 2012 von Ludovic Daquin aus Bayonne, einer Stadt im französischen Baskenland, gegründet wurde. Nachdem der Schlagzeuger Daquin mehrere Enttäuschungen als Bandmitglied erlebt hatte, beschloss er, seinen eigenen „Sound“ zu machen. Ich kann jetzt schon verraten, dass das für uns Dubheads auf alle Fälle eine sehr gute Entscheidung war, denn er schuf einen Klang-Kosmos, der sehr stark vom klassischen Roots-Dub beeinflusst ist. Jeder der sieben analog eingespielten Tracks aus diesem Album hat seinen eigenen Charakter und dennoch klingt das Opus als eine Einheit. LD Dub hat bei dem gesamten Mix eine hervorragende und in vollem Umfang überzeugende Arbeit abgeliefert. Es werden verschiedenartige Ingredienzen benutzt, um die Spannung der Tracks aufzubauen. Mal sind es ein paar vorbeischwebende Melodika-Schwaden, mal sind es fernöstliche Einflüsse wie Sitar-Klänge. Zusätzlich wurden alle Dubs mit viel Hall, Echo und schönen Soundeffekten veredelt. Ludovic Daquin öffnet alle Pforten der akustischen Wahrnehmung und schöpft reichlich aus den Möglichkeiten, die ein gutes Mischpult heute bietet. Man hat stellenweise das Gefühl, dass der Sound aus allen vier Himmelsrichtungen kommt. Auch wenn die letzten beiden Titel ein wenig stärker in die „French Steppers“ Richtung gehen, sollten doch alle Freunde des gepflegten Dub unbedingt einmal in dieses Album reinhören.

Bewertung: 4 von 5.

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The Ullulators: Dub Royale – Chapter Two

Vor knapp zwei Monaten habe ich hier an der Stelle The Ullulators: Dub Royale – Chapter One vorgestellt. Nun legen The UllulatorsDub Royale – Chapter Two“ (The Ullulators self-released) nach.
Dieses Mal ist es eine Auswahl von nur zehn Titeln geworden, wovon einige Tracks bereits in abgewandelter Form auf Dub Royale – Chapter One vertreten waren. So sind: Random Particle Dub (Run With The Lion); Mighty Steppers Dub (Precious Aythyr); Creation Airwaves Dub; Moonlight Ninja 2 Dub als alternative Versions auf Chapter Two wiederzuentdecken. Gavin Griffiths hat noch einmal einige Energie in das Projekt gesteckt und die Tracks erneut mit unterschiedlichen Basslines, zusätzlichen musikalischen Stilelementen, viel Hall im klassischen Stil, Delays, Equalizern, Filtern und Re-Amped-Schalttechnik eingespielt. Am Konzept generell hat das Mastermind der Ullulators nichts groß verändert. Das Album enthält, wie auch sein Vorgänger, funky, groovige Old-School-Dubs, die den wahren Geist des frühen ’70er und ’80er Jahre-Dub widerspiegeln. Laut Herrn Griffiths sind die Tracks auf Chapter Two wesentlich mehr „stript to the bone“ und weniger groove-orientiert als bei Chapter One. Tatsächlich ist das auch im direkten Hörvergleich der beiden Alben deutlich wahrzunehmen. Bei diesem Album hat Gavin Griffiths ebenfalls wieder in überzeugender Manier das Engineering, Mixing, Dubbing und Mastering in Personalunion bewerkstelligt. Für alle eingefleischten Ullulators Fans habe die Band noch ein paar Dubs in petto, die hoffentlich auch bald veröffentlicht werden. Zu wünschen wär’s allemal!
Dub Royale – Chapter Two ist für nur £1 als Download zu haben. Der Erlös geht zu 100 % an den Trussel-Trust, um den in der Corona-Krise extrem gefährdeten Obdachlosen auf vielfältige Weise (Essen, Kleider, Unterkunft) aktiv zu helfen. Wenn das kein Grund ist!

Bewertung: 4 von 5.

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Cale Wilcox: One Catch Dub

Vor ein paar Wochen bin ich auf eine weitere schöne Sammlung von Dubs gestoßen. Cale Wilcox, der Bassist und Sound Engineer der Georgetown Orbits aus Seattle (USA), hat mein Interesse geweckt. Im Frühling 2018 hat er sich mit einer Handvoll befreundeter Musikerkollegen für ein neues Solo-Projekt zusammengetan und „One Catch Dub“ eingespielt, das gerade veröffentlicht wurde. Die Stimmung der Studio-Sessions im PUSH/PULL oder den Aloha Labs war hörbar richtig gut, denn herausgekommen sind schön relaxte, „rootsige“ Dubs. Alleine die Beiträge von Brian Mueller an der Posaune, sind es meines Erachtens wert, sich diese sieben Songs einmal anzuhören. Aber das ist noch nicht alles, auch Orion Anderson (Georgetown Orbits) spielt auf „Lucky Seven“ und „Noon Riser“ ein paar sehr schöne Gitarrenlicks. Insgesamt sind die Tracks vielschichtig, mit einigen interessanten Elementen, seien es die gut und sparsam platzierte Melodica oder die beseelten Posaunensoli, die es mir ganz besonders angetan haben.
Das neue Werk von Cale Wilcox, der zu diesen Aufnahmen auch Gitarre, Melodica, Keyboards, Percussions und das Mixing beisteuerte, ist ein Dub-Album zum Fallen lassen oder einfach (nur) Dub-Musik für den relaxten Feierabend geworden.

Bewertung: 3 von 5.

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Hazer Baba: Solveigh

Hazer Baba??? Ist das nicht die türkische Firma, die seit 1888 Lokum, das Turkish Delight herstellt, welches den Touristen fast an jeder Ecke des Bazars als Spezialität angepriesen wird? Nein, nicht ganz…

Hazer Baba ist eine noch unbekannte fünfköpfige Band aus Glarus (CH), die seit 2012 eine Musik machen, die extrem schwer zu beschreiben ist und ganz sicher nicht jeden Dubblog-Leser überzeugen wird. Auf dem 2017 erschienenen Album „Solveigh“ (casabrunarecats.com) zeigt Hazer Baba ein facettenreiches, virtuoses Zusammenspiel mit spannenden Arrangements und tanzbaren Rhythmen. Mal ist ihre Musik dubbig, mal psychedelisch, mal verträumt, mal gitarrenlastig und rockig und dann wieder ziemlich nahe am klassischen Roots-Reggae. Marcel (Masi) Stalder von DUB SPENCER & TRANCE HILL charakterisiert die Musik von Hazer Baba als „eine eigenständige Mischung aus Pink Floyd und Dub“. Statt Pink Floyd, womit Masi zu 100 % recht hat, fallen mir noch einige etwas aktuellere Bands ein, wie z. B. Archive aber auch Dreadzone. Trotzdem lässt sich der Stil von Hazer Baba nicht so recht greifen. Gerade wenn man denkt, endlich zu wissen wonach die Band tatsächlich klingt, macht sie einen cleveren Schlenker und alles ist wieder auf Anfang. Genau das macht aber auch für mich den Reiz des Albums aus. Einziger kleiner Schwachpunkt ist meines Erachtens der Gesang. Das aktuelle Album von Hazer Baba „Terra“ soll übrigens in den nächsten Tagen veröffentlicht werden.

Bewertung: 4 von 5.

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Frente Cumbiero: Meets Mad Professor

Da haben wir wieder ein originäres, wenn auch kein brandaktuelles Dub-Album (2010), jedoch immerhin ein Werk ganz ohne Reggae-Rhythmen. Wenn schon ein Dub-Urgestein wie unser hochverehrter Mad Professor keinerlei Berührungsängste zeigt und die Grenzen unseres kleinen Sub-Genres mächtig verschiebt, steht es uns Rezensenten überhaupt nicht gut zu Gesicht, bei solchen Œuvres wie „Frente Cumbiero Meets Mad Professor“ (Vampi Soul) angewidert die Nase zu rümpfen. Ganz im Gegenteil, wir sollten froh darüber sein, dass sich das Dub-Genre und seine Protagonisten mal wieder gegen den Strom bewegen und nicht erneut auf völlig ausgetretenen Pfaden latschen.
Ein solcher Glücksfall ist Frente Cumbiero Meets Mad Professor. Ein Projekt, welches die Zusammenarbeit mit Mad Professor dank finanzieller Unterstützung des British Council erst ermöglichte. Die kolumbianische Band Frente Cumbiero aus Bogota vermengt seit einigen Jahren sehr erfolgreich traditionelle Cumbia-Rhythmen mit zeitgemäßeren Musik-Trends und erzeugt so ein ungewöhnliches Endprodukt. An der Javeriana Universidad von Bogota kam es dann zu einem produktiven Zusammentreffen der vierköpfigen Band und einigen einheimischen Musikerkollegen mit Mad Professor. Nach drei arbeitsintensiven Tagen waren die Aufnahmen im Kasten. Neben original kolumbianischer Kompositionen entstanden bei den Sessions auch drei (Track 2; 3; 7) kollektive Improvisationen. Mad Professor nahm anschließend die sieben Originalstücke mit ins heimische Londoner Ariwa Studio und schuf die dazu passenden Dubs ganz ohne Reggae-Riddims.
Das charakteristische Tempo des kolumbianischen Tanzes, das der kreative Kopf der Gruppe, Mario Galeano und seine Mitstreiter in den ersten sieben Tracks des Albums innervieren, findet in den professor-typischen Mixes einen angenehmen Gegenpart. Hier bekommen wir eine ziemlich seltene, schnelle, polyrhythmische, dubbige Melange geboten. Mad Professor gelingt es traumwandlerisch, die lateinamerikanischen Rhythmen mit Dub zu verschmelzen. Für Dubheads – nicht Dub/Reggae-Puristen – ist sicherlich eher die zweite Hälfte des Albums von besonderem Interesse, die hat es aber in sich.

Bewertung: 4 von 5.
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Evening News: In Dub (EP)

Die Abendnachrichten sind universell, manchmal sensationell, ja, für die meisten Menschen sogar essentiell. So auch die Evening News, eine aufregende Ska-Rocksteady-Roots-Reggae-Band aus dem Süden der Niederlande. Die Band ist seit 2013 mit einer äußerst starken Rhythmus-Sektion, einer richtig fetten Old-School-Horn-Sektion und dem Lead-Sänger Rick Blansjaar, der sich voll und ganz der jamaikanischen Old-School-Mukke verschrieben hat, am Start. Die acht Mitglieder der Evening News kommen lediglich aus niederländischen Gemeinden wie Zoetermeer, Leiden, Katwijk, Nieuwkoop, Beverwijk und Den Haag. Wenn sie aber Musik machen und richtig Gas geben, reisen sie wie in einer Zeitmaschine über ein halbes Jahrhundert zurück in die Vororte von Kingston. Als die Band 2014 ihre ersten Demo-Aufnahmen fertiggestellt hatte, wandte sie sich an den in Leiden (NL) tätigen Dub-Engineer Tony Dubshot. Der wiederum sah es als eine hochinteressante Herausforderung, aus reinsten Ska-Riddims, „Evening News: In Dub“ (dubbhism.org), zu mischen. Tony Dubshot machte sich ans Werk, aktivierte sein altes analoges Equipment und begann das Dubbing. Dem aufmerksamen Hörer und Kenner wird auffallen, dass der extrem an Fahrt aufnehmende Tune „After The Dub“ im Original von der Skatalites LP „Return Of The Big Guns“ stammt und dort „After The Rain“ lautet. Das spannende Experiment war meines Erachtens den Versuch wert und erfreulicherweise ist das schlüssige Endergebnis beim Dubbhism-Netlabel immer noch kostenlos als Download verfügbar. Der einzige Wermutstropfen an der EP ist: Die Evening News sind nach gut 18 Minuten schon wieder Geschichte. Wenn es nach mir ginge, dürfte das Album gerne viel länger sein. This is uplifting Dub!

Bewertung: 4 von 5.
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De Soto: Silverado Days

Viele werden sich am Kopf kratzen und feststellen: „De Soto sagt mir bislang nix“. Die Senior Allstars dagegen sollten allen Leser*innen des Dubblog relativ bekannt sein. Markus Dassmann (Bass, Gitarre, Keyboard/Orgel, Melodica, Perkussion), der Spiritus Rector der Senior Allstars und Martin Musch (Schlagzeug) haben sich bereits vor einiger Zeit unter dem Label Ancient Mountain Records zusammengetan und einige interessante Sachen veröffentlicht. Mit „Silverado Days“ (De Soto/Echo Beach Lifefidelity) veröffentlicht nun Markus Dassmann unter Mithilfe von Martin Musch sein erstes Soloalbum. Darauf bekommen wir die Musik geboten, die Markus mit den Senior Allstars seit vielen Jahren zum Besten gibt: Instrumentals mit klassischen jamaikanischen Klängen, Rocksteady und gelegentlichen – hier leider recht sparsam gesetzten – Dub-Elementen. Was einige stören dürfte, ist der relativ häufige Einsatz der Melodica, die doch stellenweise etwas zu gleichförmig klingt. Vielleicht könnte Herr Dassmann mal darüber nachdenken, ob statt dessen der Einsatz eines Akkordeons oder Bandoneons mal eine reizvolle Alternative wäre. Die elf Songs, die allesamt Originalkompositionen des musikalischen Meisters und Komponisten Dassmann sind, entwickeln sich auf der Basis von schönen eingängigen Riddims. Irgendwie klingt das Ganze wie ein Album, das auch bereits in den 1970ern hätte erscheinen können – allerdings mit deutlich satterem Klang. Die Tracks sind analog eingespielt, haben einen angenehmen, warmen Sound und kommen ganz selbstverständlich daher. „Silverado Days“ ist wieder so ein Album mit richtig entschleunigten Tunes, die sich angenehm unaufdringlich in die Gehörgänge schleichen. Qualität setzt sich immer durch.

Bewertung: 4 von 5.